19. Kapitel: Weiß täuscht im trübem Lichte des Waldes

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Es war ein wunderschöner Samstag. Ein Samstag, in dem man den Sommer riechen konnte, in dem man die Sonne und den Himmel klar sehen konnte. An dem die Blumen nur so um die Wette strahlten und wo die Bäume endlich ihre Kronen mit ihren Früchten vor der Sonne schwenken konnten. Es war ein Tag, an dem alle Familien am liebsten zum Picknicken raus gefahren wären. Und das taten sie auch. Viele Leute genossen das so wunderschöne Samstagswetter. Sie gingen hinaus, egal ob allein, als ein Paar, als Familie, als Freunde oder auch als hoffnungsloser einzelner Obdachloser von der Brücke von nebenan. Man war ein Mensch und ein Mensch genoss gerne das so wunderschöne Wetter.

Doch nur ein Mensch tat es.

Die Tiere wussten von der Gefahr, spürten ihre Leblosigkeit und flüchteten in ihren Bauten. Sie verzichteten auf das schöne Wetter und schützten sich und ihre Kinder daheim. Denn sie fühlten, dass etwas nicht stimmte. Und die Menschen waren dumm genug, um die leere, um den fehlenden Platz der Tiere zu übersehen. Sie überhörten selbst den klang der singenden Vögel. 

Und das war fatal. Sehr sogar.

Sie hatte sich ein gutes Fleckchen ausgesucht gehabt. Eins, wo niemand dran denken würde, dass ein Lebloses Wesen sich hätte dort verstecken können und zwar inmitten einer sich gerade voll entfaltenden Wiese voller Blumen. Um sie herum waren die Menschen, die lachten, aßen, spielten, oder im Fluss neben der Wiese ein bisschen herum schwammen und ihre Albernheiten machten. Sie saß einfach nur dort, inmitten einer vollen Wiese, mit einem luftigen weißen Sommerkleid, dass ihr nur bis zu den Knien ging, saß sie auf ihrer Picknickdecke und starrte um sich herum. Ihr zu übertrieben aussehender Sommerhut gab ihr den unnötigen Schutz für ihre viel zu blass erscheinende Haut und die dunkle Sonnenbrille, verdeckte den Tod in ihren Augen. Alle liefen an ihr vorbei und niemand achtete auf sie. Sie war wie unsichtbar.

Sie sah auf, als ein Ball mitten durch sie hindurch geworfen wurde. Sie sah wie der Junge auf sie zugerannt kam und innerlich, ganz tief in sie begraben kam ein Funke Hoffnung auf, dass der Junge vielleicht doch noch gegen sie abprallen würde, doch nein, er lief durch sie hindurch. Ein Funke, der kaum da gewesen war, erlosch auch wieder schon.

Ihr Tod, erschien ihr so, als wäre er gestern gewesen, doch er war schon fast vier Monate her.

Juliette O'Brial, Geboren am 09.01.1995, Gestorben am 02.03.2016.

Sonst stand dort nichts. Sie hatte kein Grab, sie hatte keine Bestattung, sie wurde einfach nur wie in einem KZ Lager auf einem Haufen schon verrottender Leichen geschmissen und dort liegen gelassen. Sie wurde nicht mal mehr verbrannt, dachte sie sich verbittert. 

Sie war nun eine leblose Gestalt, die sie sich selber nicht erklären konnte, doch die Rache nach Gleichgültigkeit, war noch tief in ihr verankert. Es war das einzig wahre Gefühl, was noch in ihr herrschte. Denn ein eigenes "Ich" besaß sie nicht mehr. Sie war nur noch ein "Sie", kein "Ich" mehr.

Blut. Blut hatte sie in den letzten Monaten viel geleckt gehabt. Blut war an ihrer Haut so geschmeidig am kleben gewesen, wie ihr luftiges weißes Kleid sich an ihren dürren Kurven anzuschmiegen versuchte. Es hatte ihr köstlich geschmeckt, sie amüsiert und beeindruckt. Es ließ sie so unglaublich wunderschön fühlen.

Es zuckte ihr gerade in den Fingern wieder das Blut fremder Menschen zu lecken, denn ihr eigenes war nicht mehr da. Sie sehnte sich nach dem Metallischen Geschmack und der so tiefen roten Farbe. Sie liebte diese Farbe des Blutes. Sie wollte es so sehr, noch einmal zu probieren.

Eine rasche Bewegung ließ sie langsam und vorsichtig links Blicken. Es war ein Mann, mittleren alters, der gerade von einer jungen Frau eine Backpfeife zu schlagen bekommen hatte. Sie tippte auf Belästigung und sah sich den Mann genauer an. Er war etwas korpulenter. Sie fragte sich, wie sein Blut sich wohl an ihren Fingern fühlen würde, wie der Geschmack wohl auf ihrer Zunge zergehen würde und wie seine Farbe aussehen würde? Sie war zu Gierig um es unterdrücken zu können.

Gemächlich stand sie auf, ließ alles liegen und stehen und ging langsam zu dem Mann hin. Sie verfolgte ihn, beobachtete seine Bewegungen und verfolgte ihn nach zwei Stunden bis hin in die kleine Waldfläche hinein. dort wo er vollkommen alleine sein Handy hinausrückte und irgendetwas da hinein tippte. Sie schien nun besessen vom Blut, vom Morden zu sein, dass sie einfach auf den Mann zuging, ihr besser unter ihrem weißen Kleid zückte und sich direkt hinter ihn stellte. Sie atmete wegen der Aufregung schneller, spürte dass er mit dem Tippen aufgehört hatte und nun stocksteif die fremde Atmung an seinem Nacken zu spüren begann. Sie liebte den Geruch von Angst, von Schweiß und von dem Wissen, dem Tod gegenüber zu stehen.

Sie wollte noch etwas warten, etwas mehr dem Mann Zeit lassen, um sich zu fürchten.

Und dann, als sie wusste das es nun genug war, strich sie mit festerem Griff eine lange Wunde in den Rücken des Mannes rein. Das Wunderbare war an dieser ganzen Sache, dass die Menschen den Schmerz nie spürten, sie verspürten nur pure Angst. Je mehr Schmerzen hätten da sein müssen, desto mehr Angst und Schrecken jagte sich durch den Körper der Menschen, die sie quälte. Deswegen tat der Mann vor ihr auch nichts, außer stocksteif da zu stehen, sein Handy zu zerquetschen, so blass und kalt in diesem wunderschönen sonnigen Tag auszusehen, während sie nun anfing einmal ihren Zeigefinger durch die nun offene Wunde eine von unten nach oben kraftvoll, aber doch genießerisch nachzufahren. 

Sie spürte seine Angst und auf einmal drehte er sich um, schrie, fiel zu Boden und verkroch sich auf allen vieren zu dem nächsten Baum. Es schien ihr, als wolle der Mann sich am liebstem vom Baum verschlucken lassen, als wolle er von der Erde selber am liebsten verschluckt werden und sie wollte ihm auch den Gefallen tun. Sie wollte ihn töten.

Sein Gesicht, das grausam verzerrt war, packte sie sich gewaltsam, schnitt tiefe Einkerbungen in sein Gesicht, genoss die feinen Züge in seinem Gesicht und machte weiter. Die Augen eines jeden Menschen ließ sie ihm immer. Denn sie hatte immer das Gefühl gehabt, dass jeder, den sie getötet hatte, er sie in seinem letzten Augenblick hat sehen können.

Und es ließ sie deswegen lebendig fühlen, dieser Gedanke, der sie wunderschön fühlen ließ. Sie genoss es.

Und sie genoss auch sein Blut, dass gut schmeckte, die Farbe, die so wunderschön war und sowie es ihren Arm langsam hinunterfloss. Wie trotz der vielen Spritzer, kein einziger Blutstropfen auf ihrem Kleid landete und sie war in ihrem vollen Elan, ihn zu töten. Sie schnitt ihm über all tiefe wunden ein und am Ende schien er nur noch ein blutendes etwas zu sein. Es gefiel ihr und sie sah ihm in die Augen und sie wusste, dass sie sein letzter und erster Anblick sein würde.


"Ey, scheiße verdammt, den Bastard wollte ich töten!"


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Sorry meine Lieben. Joa, ich lebe noch. (Hehe) 

Ich hatte einfach nur eine krass lange Blockade gehabt und endlich kamen mir die Ideen und da habe ich natürlich die Zeit zum schreiben genutzt. ^^

Euch allen noch einen schönen Abend und an allen Jecken unter uns "ALAAAAAF"  <:D




Unreal     *Pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt