Russian Roulette

Kapitel 38

Chanyeols POV

Nachdem ich den Rest Erde auf das Grab gekippt und platt gedrückt hatte, sah ich mich noch etwas um. Es war seltsam nach so vielen Jahren wieder hier zu sein und fest zu stellen das sich nichts verändert hat. Alles sah noch so aus wie früher, als wäre die Zeit hier stehen geblieben, was ehrlich gesagt ein bisschen erschreckend war, aber da ich nicht vorhatte mich lange hier aufzuhalten, konnte es mir auch egal sein.

Da es begann zu dämmern, ging ich langsam zurück zu dem Haus aus dem ich die Schaufel geklaut hatte und legte sie zurück in die Scheune. Danach lief ich zurück zu dem Pferd welches ich mir von jemandem aus Luar 'geliehen' hatte, doch anstatt mich direkt in den Sattel zu schwingen, zögerte ich noch. Mir gingen einfach nicht die Worte von Yixing aus dem Kopf. Das Minseok der Drahtzieher an allem war, wusste ich da er derjenige war der immer alles angezettelt hat. Er hat mich immer in den Matsch geschubst, er hat den Laden meiner Mutter angezündet, mein fehlendes Auge hatte ich ebenfalls ihm zu verdanken... Ich konnte mir jedoch nie erklären warum er mich so hasste. Einen Grund musste es ja haben aber nach so vielen Jahren werde ich ihn nicht mehr herausfinden... oder vielleicht doch?

Ich drehte mich in die andere Richtung und überlegte kurz. Er wohnte in der Nähe der Kirche, nicht? Wenn seine Eltern noch immer da drin wohnten und nach seinem Tod sein Zimmer nicht angerührt hatten, so bestand die Chance, dass ich dort drin etwas finde was mir vielleicht erklärt warum er diese ganzen Dinge tat. Aber auf der anderen Seite, warum soll ich mir die Mühe machen das herauszufinden? Selbst wenn ich den Grund seines Hasses kenne, so verändert es trotzdem nicht meine Vergangenheit.

Leise seufzte ich, stieg auf das Pferd und ritt etwas durch die Stadt zum Friedhof. Wenn ich schon hier war, konnte ich auch gleich bei Mama vorbeischauen, wenn irgendwelche Idioten in den letzten Jahren nicht wieder das Grab geschändet haben. Allerdings hatte ich Glück, bei dem Grab war alles in Ordnung. Es lagen sogar frische Blumen neben dem Holzkreuz was mich etwas wunderte, aber auch nicht wirklich störte, da schlimmeres gab als ein paar frische Blumen.

 Vorsichtig setzte ich mich auf den Boden und lächelte sanft. ''Hallo Mama, lange ist es her, ich weiß...'' flüsterte ich leise und augenblicklich stiegen mir ein paar Tränen in die Augen. Trotz, das es so viele Jahre zurücklag, war der Schmerz so stark wie am ersten Tag. Das ich niemals darüber hinwegkommen werde, war mir klar, dennoch hatte ich gehofft das es mit der Zeit leichter wird, was es jedoch nicht wurde. Im Gegenteil, mein Hass auf die Menschen wuchs von Tag zu Tag mehr, weshalb ich froh war meine Puppen zu haben. Sie würden mir niemals so etwas antun, da war ich mir sicher. Sie lieben mich und ich liebe sie und das wird für immer so bleiben.

Lange saß ich an ihrem Grab, dachte nach, erzählte ihr Geschichten von früher und was ich in den letzten Jahren gemacht habe, einfach alles was mir in den Sinn kam. Es fühlte sich gut an, da ich das Gefühl hatte das sie mir zuhörte und bei mir war, so wie damals als ich noch ein Kind war. Dummerweise musste dieses schöne Gefühl direkt wieder kaputt gemacht werden, als ich Schritte hinter mir hörte und schließlich eine Frau mittleren Alters aus dem Augenwinkel neben mir stehen sah. ''Wer sind Sie und was wollen Sie?'' knurrte ich und starrte wieder geradeaus zum Grab. ''Du bist Chanyeol, richtig?'' fragte sie und kurz zuckte ich zusammen da ich nicht erwartete von irgendjemandem hier erkannt zu werden, wurde aber direkt wieder ernst und setzte meinen eisernen Blick auf. ''Haben Sie meine Fragen nicht gehört?'' Sie ignorierte was ich sagte, beugte sich zu mir runter und wagte es allen Ernstes mein Gesicht anzufassen und in ihre Richtung zu drehen.

''Du bist es wirklich... Du hast dich ziemlich verändert und was ist mit deinem Auge?'' fragte sie sanft und sah mir tief in die Augen. Sauer schlug ich ihre Hand weg und stand schnell auf. ''Fassen Sie mich verdammt nochmal nicht an!'' brüllte ich und da ich keine Lust hatte so von ihr gereizt zu werden das ich noch eine Leiche vergraben muss, wandte ich mich zum Gehen.

''Warte Chanyeol, ich muss mit dir reden!'' rief sie mir hinterher doch ich lief einfach weiter. ''Bitte warte. Ich weiß du wirst dich nicht erinnern aber... aber ich bin deine Tante....''

Luhans POV

''Wann kommt Daddy eigentlich wieder? Hat er das gesagt?'' fragte ich zwei paar Tage später, als er immer noch nicht aufgetaucht war. Normalerweise sagte er immer bescheid wenn er weg muss und sagt auch wann er wieder kommt, aber jetzt war er einfach verschwunden und keiner von uns dreien wusste wohin und für wie lange. ''Du hast doch als letztes mit ihm gesprochen Kyungsoo. Hat er dir etwas gesagt?'' hängte ich noch hinten dran an die anderen Fragen, doch er schüttelte mit dem Kopf. ''Er hat mir gar nichts gesagt. Er hat stumm dem Raum verlassen als ich ihm sagte das ich ihn nie wieder lieben werde...'' ''Vielleicht war er davon so gekränkt das er ein paar Tage Abstand braucht? Armer Daddy... Er hätte einfach zu mir kommen sollen, ich hätte ihm geholfen sein gebrochenes Herz zu heilen,'' meinte Baekhyun der halb auf Kyungsoo lag und mit dessen rechter Hand spielte. ''Als ob ihn das so verletzt hat das er einfach so geht und euch im Stich lässt,'' widersprach er und da musste ich ihm zustimmen. Das konnte ich mir ebenfalls kaum vorstellen.

''Vielleicht musste er was dringendes Erledigen weshalb er plötzlich weg musste?'' fragte ich eher mich selbst als die anderen beiden. ''Schon möglich, hoffen wir einfach das er bald wieder da ist, denn ich vermisse ihn schrecklich. Es ist zwar schön mit Kyungie zu kuscheln aber ich mag Daddys Art zu kuscheln lieber. Oder wollen wir auch so miteinander kuscheln?'' schnurrte Baekhyun und fuhr mit seiner Hand langsam Kyungsoos Oberschenkel rauf. ''Vergiss es!'' zischte dieser wütend und schubste Baekhyun von seinem Bett herunter. ''Aua, sei doch nicht gleich so brutal. Ich hab doch nur gefragt...'' schmollte er und ich konnte darüber nur mit dem Kopf schütteln. ''Kriegt euch wieder ein. Daddy wird es nicht gefallen wenn ihr so rum spinnt,'' sagte ich und wunderte mich, wann genau ich eigentlich die Rolle des Verantwortungsbewussten übernommen hatte? Das war ja echt nervig der einzig vernünftige und normale im Haus zu sein....

''Dann geht endlich aus meinem Zimmer raus und lasst mich schlafen. Wenn ihr nicht wollt das Daddy sauer wird, geht gefälligst zeitig ins Bett!'' sagte Kyungsoo und zog kurzerhand seine Decke über sich. Da er damit, mal wieder, Recht hatte, half ich Baekhyun noch kurz auf die Beine und verließ dann mit ihm das Zimmer. ''Leg du dich schon hin, ich geh noch kurz nachschauen ob die Tür unten richtig zu ist,'' sagte ich und lief nach unten. Zusätzlich sah ich noch nach den Fenstern und ob alle Fackeln richtig aus waren.

Nachdem das erledigt war, lief ich wieder Richtung Treppe, stoppte aber als ich hörte wie eine unbekannte Stimme hinter mir meinen Namen flüsterte. Erschrocken drehte ich mich um und direkt vor mir stand der Mann mit den grauen Augen. ''Wa-'' Weiter konnte ich nicht sprechen, da er mich schon packte, mit einer Hand meinen Mund bedeckte und mit sich zog.