Zu Spät...

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  Als Frey am nächsten Morgen aufwachte, lag er schon alleine im Bett. Sein Kopf schmerzte immer noch ein bisschen, was aber nicht weiter schlimm war. Gähnend warf er die Bettdecke zur Seite und setzte sich auf. Natürlich regnete es wieder. Immer noch müde verließ der schwarzhaarige das warme Bett und ging ins Bad. Da er letztens ja, dabei behindert wurde, zu duschen, musste er jetzt baden. Dafür musste einfach genug Zeit sein. Zur Sicherheit, sperrte der Junge die Tür nicht zu, und begann sich zu entkleiden. Zu seiner Überraschung, lagen seine Klamotten, immer noch zusammen gelegt auf dem Stuhl. Während er das Wasser in die Wanne ließ, betrachtete er sich im Spiegel. Blass, wie immer, dünn, wie immer, Augenringe, wie immer. Aber zu er hatte keine blauen Flecken mehr. Sie waren alle verheilt. Froh darüber, lächelte er sein eigenes Spiegelbild an.
,,Frey? Bist du da drinn'?", ertönte eine Stimme aus dem anderen Zimmer. Riley.
,,Ja, ich bin in der Badewanne. Warum?", antwortete Frey schnell und setzte sich in die Badewanne, ehe er seine Beine anzog und darauf wartete, dass der braunhaarige herein kam. Dieser steckte kurz den Kopf herein und lächelte, als er den immer noch recht verschlafene Frey erblickte.
,,Beeil dich, du musste noch frühstücken, und dann werden wir fahren.", sagte der junge Mann und ging wieder. Frey verweilte noch ein paar Minuten und trocknete sich dann mit einem großen Handtuch ab, ehe er sich frische Sachen anzog und zu den anderen nach draußen ging. In der Küche roch es nach Essen. Riley stand vor dem Herd und Alex saß wie immer am Tisch. Frey ging zu dem braunhaarigen und setzte sich auf den Tresen.
,,Du riechst gut.", stellte dieser fest, als er zu dem Jungen gegangen war und ihn an sich gedrückt hatte.
,,Das ist dein Duschgel.", grinste der schwarzhaarige und schlang seine Arme um die Taille des jungen Mannes.
,,Ähm, Riley, das solltest du dir ansehen.", meinte Alex plötzlich beunruhigt und sah mit weit aufgerissenen Augen aus dem Fenster. Auch Frey wollte wissen was da draußen war, und sprang von dem Tresen, wurde von Riley jedoch wieder hoch gehoben und zurück auf den Tresen gesetzt.
Als auch Riley, aus dem Fenster sah, entwich diesem jegliche Farbe. Vor ihrer Tür standen mindestens ein Dutzend Polizisten.
Offensichtlich hatten diese die beiden Männer am Fenster bemerkt, denn einer von ihnen griff nach einem Megafon.
,,Kommen Sie raus und geben Sie uns den Jungen, dann wird ihnen nichts geschehen! Sie sind umstellt! Stellen Sie sich!", rief er ihnen zu. Beide wichen augenblicklich von dem Fenster zurück und zogen die Vorhänge zu.
,,Riley, was ist..", begann Frey und ging auf die beiden anderen zu.
,,Schon gut. Wir...es ist..."
,,NICHTS?! Die Polizei steht vor unserem Haus, Riley. Hör auf den Jungen zu belügen! Wir sind im Arsch! Wenn wir uns jetzt stellen, dann haben wir vielleicht eine Chance!", rief Riley wütend. Frey stand zwischen den beiden und sah abwechselnd zu Alex und dann wieder zu Riley.
,,Wenn du das denkst! Fein! Dann schnapp' dir ne' Knarre, halt sie dem Gartenzwerg an den Schädel und wir gehen raus! Wenn alles schief geht, dann bist du Schuld nicht ich!", fauchte Alex wütend und drückte dem braunhaarigen eine Waffe in Hand.
,,Sie ist nicht geladen. Selbst wenn Riley abdrücken würde, würde dir rein gar nichts passieren.", versicherte Alex dem Jungen, welcher leicht nickte.
Der Junge sah unsicher zu Riley, welcher ihn zweifelnd ansah. Alex verschwand kurz in einem Zimmer und kam mit drei Jacken und auch einer Waffe wieder.
,,Zieh die an, Zwerg.", wies er den jüngsten unter ihnen an, welcher stumm die Lederjacke an sich nahm und sie überzog. Natürlich war sie viel zu groß, aber das war dem Jungen völlig egal. Sie roch nach Riley. Dieser zog sich ebenfalls eine Jacke an und sah währenddessen wütend zu dem anderen Mann. Alex beachtete ihn gar nicht und entriegelte seine Waffe, ehe er sie in eine Innentasche der Jacke steckte.
,,Frey, wir werden gemeinsam von hier verschwinden, versprochen. Ich werde nicht zulassen, dass man und trennt. Versprochen.", murmelte Riley und legte seine freie Hand auf die Wange des Jungen, welcher jetzt schon leise schluchzte. Vorsichtig legte der junge Mann seine Lippen auf die des anderen. Dieser schlang sofort seine Arme um den Hals des älteren und klammerte sich an ihn.
,,Habt ihr es dann? Die da draußen werden ungeduldig!", bemerkte Alex gereizt und lehnte lässig im Türrahmen zur Küche. Beide nickten leicht.
,,Gut."


Alex öffnete die Tür und ließ Frey als erstes nach draußen. Hinter ihm Riley, der einen Arm um den jüngeren schwarzhaarigen geschlungen hatte. Sofort richteten sich die Waffen der Polizisten auf die beiden Männer, weshalb Alex seine Waffe zog und sie auf die anderen richtete.
,,Nicht schießen!", brüllte der Sheriff erst seine Kollegen an und richtete sich dann wieder den beiden Kriminellen zu.
,,Lassen Sie den Jungen gehen! Und nehmen Sie die Waffe runter!", rief der Sheriff und entschärfte seine Pistole. Alex hielt die Waffe immer noch auf die Polizisten gerichtet während Riley gezwungener Maßen, dem schwarzhaarigen Jungen, seine an die Schläfe drückte. Diese war jedoch weder geladen, noch entschärft. Er hatte also nichts zu befürchten. Riley würde ihm nicht weh tun. Trotzdem konnte Frey die Tränen, die sich ihren Weg über sein Gesicht bahnten nicht zurückhalten. Würden sich ihre Wege jetzt trennen?! Für die Polizisten sah es nun natürlich so aus, als würde der Junge aus Angst weinen. Eigentlich hatte er ja auch Angst. Aber nicht vor den beiden Männern, sondern davor, einen von beiden zu verlieren. Seine erste große Liebe. Der erste, der wirklich nett mit ihm gewesen war.
,,Riley, du wirst jetzt Frey, zu ihnen stoßen und dann mit mir nach drinnen gehen. Wir werden durch den Hinterausgang gehen.", murmelte Alex scharf. Freys Herz fühlte sich an, als würde es gleich stehen bleiben. Würden sie ihn wirklich hier lassen!?
,,Nein, das kannst...", begann Riley, doch konnte nicht zu Ende sprechen, da er von Alex unterbrochen wurde.
,,MACH SCHON!", zischte Alex nochmal und sah scharf zu seinem Kumpel.
,,Frey, du musst sofort los rennen, sobald du kannst. Hinter das Haus und immer gerade aus. Du wirst dann unser Auto sehen. Aber beeil dich...Ich liebe dich.", flüsterte Riley ihm zu und drückte Frey noch einen Kuss auf die Wange.
,,Wir werden nicht warten.", sagte der älteste unter ihnen und nickte dem braunhaarigen kaum merklich zu. Sofort stieß dieser den Jungen von sich, sodass der Bursche über die Treppen der Terrasse fiel. Direkt in den nassen Schlamm. Die beiden anderen liefen zurück ins Haus. Sofort kamen zwei der Polizisten zu ihm und halfen ihm aufzustehen, ehe sie ihm eine Decke über warfen und ihn in Gewahrsam nahmen. Die anderen stürmten in das Haus. Mit den Autos hatten sie nicht in den Wald fahren können, weshalb der Regen nun alle durchnässte. Der Mann, etwas über vierzig, wollte mit ihm durch den Wald und zurück zu den Autos gehen, doch soweit, wollte Frey es gar nicht kommen lassen. Völlig unerwartet, warf sich der schwarzhaarige die Decke runter und rannte los. Den stechenden Schmerz in seinem Fußgelenk völlig ignorierend. Der Polizist schrie ihn an, und begann ihm nach zu laufen.
Frey rannte einfach weiter. Hinter ihm hörte er noch den Officer, der ihm zu schrie, dass er stehen bleiben sollte, aber der Junge wollte nicht hören. Er musste zu Riley, bevor es zu spät war.

Alex rannte voraus und Riley versuchte mit ihm mithalten zu können. Er hatte Frey verlassen! Er hatte Frey im Stich gelassen! Der Junge würde sie nie einholen können. Vor allem nicht, da es diesem noch nicht wirklich wieder gut ging. Er hatte die Liebe seines Lebens einfach so weggeworfen. Alles war umsonst gewesen. Hinter ihnen konnte Riley, wenn auch sehr leise, die Schreie der Polizisten hören. Durch den Regen, war der Boden aufgeweicht worden und machte es ihnen nun schwer, sich schnell zu bewegen, trotzdem mussten sie weiter. Der jüngere der beiden Männer, konnte sich selbst nicht erklären warum er getan hatte, was Riley ihm gesagt hatte. Er hatte Frey einfach auf den Boden geworfen. In den Dreck. In den Schlamm. Was wenn Frey sich verletzt hatte und ihnen nicht mehr folgen konnte!? Die Lungen der beiden Männer brannten, als sie endlich bei ihrem Auto ankamen. Kein Frey. Niemand. Warum standen hier nirgends Polizeiwagen?
,,Steig ein!", keuchte Alex völlig außer Atmen und sperrte den Wagen auf. Riley sah sich suchend um. Er musste kommen! Er musste!!!
,,RILEY! STEIG EIN, VERDAMMT NOCHMAL!", schrie Alex nochmal und knallte die Autotür zu. Er startete den Motor und der jüngere Mann konnte von weitem schon die Polizisten erkennen. Gefängnis, oder Freiheit! Musste sich entscheiden.
Gequält schloss er seine Augen und wandte sich von dem Wald ab. Ruckartig öffnete er die Tür und setzte sich neben Alex in den Sitz. Noch bevor Riley sich angeschnallt hatte, trat der schwarzhaarige auf das Gaspedal und raste auf die Straße.
,,Es tut mir leid.", flüsterte er und sah nach vorne. Diese Leere die sich nun in ihm ausbreitete, raubte ihm die Luft. Am liebsten würde er beginnen zu schreien. Frey war der erste Mensch gewesen, dem er sich anvertraut hatte, er hatte nicht einmal Alex von seiner Vergangenheit erzählt. Der Junge, der ihm gezeigt hatte, was Liebe wirklich bedeutete, war nun weg.
,,Riley, du wirst ihn wieder sehen, versprochen. Er weiß wo wir sind. Glaub mir.", meinte Alex völlig sicher und lächelte sacht. Wenn Alex etwas versprach, dann hielt er dieses Versprechen auch.
Hinter ihnen wurde der Wald immer kleiner. Die Stadt wurde immer kleiner. Die Nähe zu Frey wurde immer kleiner. Bis sie endgültig verschwand.

Voller Schlamm und völlig durchnässt, kam Frey am Waldrand an. Am Parkplatz. Doch er war leer. Kein einziges Auto war zu sehen. Aber er war doch richtig hier. Er war gerannt, er hatte sich beeilt. Er durfte nicht zu spät kommen. Er dufte einfach nicht. Riley musste hier sein. Und Alex auch. Das sagte ihm sein Kopf, doch sein Herz sprach etwas ganz anderes. Die Wahrheit.
Sie sind weg! Du bist zu spät. Es ist vorbei.
Stumm weinend, sank er auf dem nassen Asphalt zusammen. Er brachte einfach kein Wort heraus. Der Schmerz in seinem Inneren, ließ das nicht zu. Er konnte nicht mehr atmen. Seine Tränen fielen gemeinsam mit den Regentropfen auf den Boden.
Endlich fand er seine Stimme wieder. Es war seine Schuld gewesen. Wenn er schneller gewesen wäre. Nicht zu lange gewartet hätte, dann wäre er jetzt in dem Auto und würde neben Riley sitzen. Dich an ihn gekuschelt und schlafend.
Gerade dieses Wissen, machte ihn wütend. Es war alles mal wieder seine Schuld gewesen. Er begann mit geballten Fäusten auf den Steinboden einzuschlagen, bis seine Knöchel bluteten. Alles was er nun noch hatte, war Rileys Jacke. Der Polizist hinter ihm, hielt Inne und blieb etwas entfernt stehen. Es wunderte ihn wirklich, dass dieser Junge wegen diesen beiden Männern weinte. Als er kurz aufsah, die Sirenen hatten seine Aufmerksamkeit erregt, erkannte er die Polizeiwagen. Er selbst besaß keinen eigenen, da er immer mit dem Sheriff mitfuhr.
Seine Kameraden, bleiben in ihren Fahrzeugen und nur der Sheriff stieg aus. Mit einer Bewegung, deutete er ihm, in den Wagen zu steigen, ehe er sich neben den Jungen kniete.
Den Rest bekam der Mann nicht mehr mit.

,,Frey? Komm mit. Wir bringen dich erst in ein Krankenhaus und dann zu deiner Familie. Du erkältest dich nur noch. Deine Familie macht sich..."
,,Tut sie nicht! Es interessiert niemanden, wo ich bin oder was mit mir passiert.", schrie Frey schluchzend und rückte ein Stück von dem Mann weg.
,,In Ordnung. Du solltest trotzdem in ein Krankenhaus gehen. Man wird sich dort um dich kümmern und dir helfen. Aber damit wir dir helfen können, musst du mit uns in den Wagen steigen und mit uns mitkommen. Dir wird nichts passieren. Komm, du bist völlig durchnässt.", versuchte der Mann es erneut und wollte dem schwarzhaarigen einen Arm um die Taille, um ihm hoch zu helfen, doch Frey schlug die Hand des älteren weg. Er wollte nicht angefasst werden. Der Junge merkte, wie der andere sich entfernte. Erst jetzt bemerkte er den stechenden Schmerz in seinem Fuß richtig und nahm das Pochen in seinem Kopf wahr.
,,Frey?", erklang eine deutlich jüngere Stimme. Als Frey leicht hoch sah, erkannte er Xander. Automatisch fiel er dem älteren um den Hals und vergrub sein Gesicht in dessen Schulter.
,,Shh, es wird alles gut. Jetzt, kann dir niemand mehr weh tun. Versprochen."; meinte dieser leise und strich dem Jungen in seinen Armen beruhigend über den Rücken. Dieser schüttelte den Kopf, sagte aber nichts. Auch nicht, als er spürte, wie sich zwei Arme um ihn legten und ihn aus der Umarmung des blonden Jungen rissen. Er war zu erschöpft um sich zu wehren. Es war vorbei. Er zerbrach nun endgültig. Es war zu spät.  

Partners In CrimeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt