Ängste und Schwächen

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  Als Frey die warmen Lippen des Mannes auf seinen spürte, wusste er erst nicht, was er machen sollte. Er wusste ja, dass Riley ihm nicht weh tun würde. Oder ihm weh tun wollte. Frey empfand nicht einmal Ekel dafür. Im Gegensatz. Es gefiel ihm sogar. Zögernd legte er seine zierlichen Hände auf den Hals des jungen Mannes und erwiderte vorsichtig den Kuss. Als Riley merkte, dass er ihn nicht von sich stoßen würde, legte er seine großen Hände auf die Oberschenkel des Jungen und hob ihn hoch. Frey war wirklich leicht, das hatte Riley schon gemerkt, als er ihn das erste mal hoch gehoben hatte. Er spürte, wie sich der Junge in seinen Armen verkrampfte. Riley setzte sich auf sein Bett und den schwarzhaarigen auf seinen Schoß. Dieser aber verspannte sich ein wenig und drückte Riley ein wenig zögernd von sich. Riley verstand sofort, was der Junge wollte und löste sich, wenn auch etwas widerwillig, von ihm. Etwas schüchtern sah Frey plötzlich hoch interessiert auf die Bettdecke und wagte es nicht dem anderen in die Augen zu sehen.
,,Alles okay? Habe ich etwas falsch gemacht? Bin ich zu weit gegangen?", fragte der junge Mann sofort und legte dem Jungen eine Hand auf die Wange, ehe er sein Gesicht z sich drehte.
,,Nein...Nein! Ich, es ist nur, dass ich noch nie, jemanden geküsst habe und vor allem keinen anderen...Mann.", murmelte der schwarzhaarige leise und versuchte dem amüsierten Blick des anderen auszuweichen.
,,Hey, das macht nichts. Wirklich. Wenn, wenn du noch nicht bereit dazu bist, dann ist das vollkommen in Ordnung. Wirklich. Ich werde dich zu rein gar nichts zwingen. Versprochen. Du bestimmst was wir machen und wann wir es machen. Klingt das gut?", meinte Riley zögernd. Diese Worte hatten ihn wirklich viel Überwindung gekostet, denn er hätte nichts lieber gemacht, als den zierlichen Jungen in seinen Armen weiter zu küssen. Vielleicht sogar noch mehr. Aber wenn er Frey zu irgendwelchen Sachen zwingen würde, dann würde er das gesamte Vertrauen des Jungen verlieren, und das wollte er wirklich nicht. Frey überlegte kurz und nickte dann schnell.
,,Können wir vielleicht etwas essen? Ich bin irgendwie hungrig.", meinte der Junge leise und wollte von Rileys Schoß auf den Boden steigen. Riley jedoch, hielt ihn fest und stand dann samt Frey in den Armen auf. Dieser war ein wenig überfordert und legte seinen Kopf einfach auf die Schulter des jungen Mannes.
,,Was wird Alex dazu sagen?", murmelte Frey leise und strampelte ein bisschen herum, als Zeichen, dass er herunter gelassen werden wollte. Natürlich kam Riley dieser Bitte nach und setzte ihn auf dem Boden ab.
,,Am besten, werden wir ihm erst einmal nichts sagen. So ist es erst einmal besser.", erklärte der Mann nachdenklich. Der schwarzhaarige nickte und folgte Riley aus dem Zimmer. Alex saß nicht im Wohnzimmer oder sonst wo. Aus seinem Zimmer aber, drang Musik zu ihnen hinaus. Riley verdrehte seine Augen und deutete dem Jungen ihm zu folgen.
,,Darf ich dich mal etwas fragen Frey?"
,,N..Natürlich. Was ist denn?", nickte Frey und setzte sich auf den Küchentresen. Riley holte eine Pfanne, einen Topf und zwei Keramikschüsseln aus irgendwelchen Regalen und stellte sie dann neben dem Jungen ab. ,,I..Ich wollte dich fragen, ob du..vielleicht, nur wenn du willst....eventuell....heute...nur wenn du willst,...vielleicht....ein wenig ...spazieren gehen? Wir beide? Es wäre wirklich schön. Der Wald, natürlich. Nicht dass du nicht schön wärst, das bist du nämlich, aber, naja,..ich bin jetzt einfach mal still.", fragte Riley und kratzte sich verlegen am Hinterkopf, ehe er sich weg drehte und aus dem Kühlschrank ein paar Sachen holte. Frey wusste gerade nicht wirklich was er sagen sollte. Zum ersten Mal, hatte ihm jemand ein Kompliment gemacht. Zugegeben, am liebsten würde Frey ihm nun um den Hals fallen und einfach ein wenig kuscheln. Warum eigentlich nicht?
Sie hatten sich doch schon geküsst, also warum nicht?
,,R..Riley? Ich würde gerne mit dir spazieren gehen, aber was ist mit...Alex? Wird er es erlauben? Ich will nicht, dass du meinetwegen Ärger bekommst, wirklich nicht. Wir können auch hier bleiben und einen Film ansehen.", erwiderte Frey leise und wartete auf eine Reaktion des jungen Mannes. Dieser hatte mitten in der Bewegung Inne gehalten und drehte sich nun zu dem schwarzhaarigen um. ,,Alex kann mich mal kreuzweise. Er soll sich erst einmal wieder beruhigen und dann reden wir weiter. Also, willst du? Ich habe übrigens deine alten Klamotten in die Waschmaschine geworfen, ich hab mir gedacht, dass du sie brauchen wirst. Sie sind schon trocken und hängen auf dem Wäscheständer im Wohnzimmer. Du kannst dich ruhig umziehen gehen, wenn du willst. Also, willst du nach dem Essen, ein wenig nach draußen gehen? Der Regen hat nachgelassen, also von dem her.", schmunzelte Riley. Frey nickte leicht und sprang dann von dem Tresen um Riley zu helfen. Dabei warf er eine der beiden Schüsseln auf den Boden und erschrak, als diese in einige Scherben zersprang.
,,T..Tut mir leid. I..ich hätte besser aufpassen sollen.", stotterte der Junge und kniete sich auf den Boden, um die Scherben einzusammeln. Irgendwie hatte der braunhaarige das Gefühl, dass Frey Angst hatte, dass er ihm irgendwie weh tun würde. Aber das wollte er doch gar nicht!
Frey schnitt sich ein paar Mal in die Finger, doch ignorierte das einfach. Was Riley aber nicht entging.
,,Hör auf! Du schneidest dir doch nur in die Finger. Lass das!", rief Riley besorgt, was jedoch ein Fehler war, denn Frey zuckte nochmal zusammen und ließ einige der schon eingesammelten Scherben wieder fallen. Diese wiederum, zerbrachen in noch kleinere Stücke.
,,T...Tut mir...tut mir leid. Ich..", stotterte der Junge schluchzend und hielt sich seine blutenden Finger. ,,Schon gut. Es ist doch nur eine Schüssel. Ich werde deshalb jetzt auch nicht sterben. Komm her.", versuchte Riley den jüngeren zu beruhigen und zog ihn in seine Arme. Dieser schlang sofort seine Arme um die Taille des jungen Mannes und vergrub sein Gesicht in dessen Pullover. Riley war es gerade egal, ob er nun Blut auf seinem, sowieso schwarzen, Pulli hatte, oder nicht. Schon als Frey ihm von seiner Vergangenheit erzählt hatte, hatte Riley sich gefragt, wie ein solch zierlicher, junger und allein gelassener Junge, das alles hatte verstecken können. Jetzt wusste er es. Er tat es nicht, sondern reagierte bei manchen Situationen einfach über.
Auch Alex war auf den Krach aufmerksam geworden, stellte die Musik ab und verließ sein Zimmer. Das Wohnzimmer war leer. Der Krach musste also von der Küche kommen. Alex schlenderte hinein. Sein erster Blick fiel auf seinen Kumpel, der eine zierliche Gestalt in den Armen hielt und wohl versuchte, zu beruhigen. Dann wanderte sein Blick auf die Scherben auf dem Boden. Er verdrehte die Augen und erntete dafür einen bösen Blick von Riley. Abwehrend hob er seine Hände und verzog sich wieder in sein Zimmer. Er hatte mit Kindern einfach noch nie wirklich gut gekonnt. Vielleicht lag das aber auch daran, dass Frey, der unschuldige, zierliche und wehrlose Junge, ihn sehr an ihn selbst erinnerte. Riley hatte ihm erzählt, dass auch Frey oft missbraucht, geschlagen, nieder gemacht oder einfach nur beschimpft worden war. Es hatte den Mann eigentlich nicht einmal gewundert. Der schwarzhaarige Junge, war einfach dauerhaft verängstigt oder hatte einfach vor allem und jedem Angst. Alex hatte schon an so etwas gedacht, wollte den Jungen aber nicht danach fragen. Er selbst war von seinem Dad missbraucht und geschlagen worden. Seiner Mum war es genauso ergangen. Irgendwie, war er sogar froh gewesen, als seinen Mum bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. So musste sie das ganze Leid nicht mehr ertragen. Zum Glück des Mannes, war er zu diesem Zeitpunkt schon siebzehn gewesen, weshalb er seine Sachen gepackt und sich in den nächsten Zug gesetzt hatte. Kopfschüttelnd vertreib er diese Gedanken und konzentrierte sich auch das Hier und Jetzt. Und das war die laute Musik in seinem Zimmer.
Riley versuchte den Jungen hoch zu heben, doch dieser sträubte sich davor wie eine Katze vor dem Wasser. Deshalb, hob der braunhaarige ihn ein wenig an und stellte ihn schließlich auf seine Füße, ehe er gemeinsam mit Frey, zu dem Wandregal trottete. Von dort holte er den roten Verbandskoffer, der eigentlich seit zwei Jahren unbenutzt war, bis Frey eben aufgetaucht war, und ging weiter in das Wohnzimmer. Langsam ließ er sich auf die Couch sinken und setzte Frey auf seinen Schoß. Dieser hatte sich nun ein wenig beruhigt und versuchte sich von Riley weg zu drücken, was ihm aber weh tat, weshalb er es wieder unterließ.
Riley öffnete währenddessen den Koffer und holte eine Schere, den berüchtigten Desinfektionsspray und Pflaster heraus. Dazu folgten noch ein paar Taschentücher. Vorsichtig nahm er nun die Hände des Jungen und sprühte auf jeden der Schnitte etwas von dem Spray. Schnell tupfte er die überschüssige Flüssigkeit weg und versorgte jede der Verletzungen mit einem passend zu geschnittenem Pflaster. Riley war geübt darin, Wunden, ins besondere Schnitte, zu versorgen. Das gleiche tat er natürlich auch auf der anderen Hand und warf den Müll dann weg, ehe er das Köfferchen wieder weg räumte und sich wieder zu Frey gesellte. Er sah den jungen Mann mit seinen großen, nun geröteten, Augen an und versuchte nicht ganz so erbärmlich auszusehen. Riley strich ihm über die Wange und legte sich dann auf die Couch, ehe er den Jungen auf seine Brust zog, sodass dieser auf ihm lag. Dieser war mit der ganzen Situation ein wenig überfordert und legte seine beiden Hände, die jetzt gemeinsam das neue Zuhause für elf Pflaster waren, auf die Brust des braunhaarigen. Alex hatte das alles, nachdem sein Interesse doch geweckt worden war, beobachtet und musste grinsen. Riley war regelrecht besessen von dem Jungen auf seiner Brust, sogar Alex wusste das. Er verdrehte die Augen und schlenderte extra laut, an den beiden vorbei.
Riley bemerkte das natürlich und sah genervt zu seinem Kollegen, welcher aber nur unschuldig mit den Schultern zuckte.
,,Kannst du das Essen machen? Du siehst ja, dass ich daran gehindert werde. Also, geht das, oder bist du dazu auch nicht fähig.", knurrte der jüngere der beiden Männer leise, während er Frey durchs Haar strich.
,,Heirate diesen Gartenzwerg doch gleich, dann haben wir es hinter uns.", maulte Alex und ging in die Küche. Er musste wohl, wohl der Übel, das Essen kochen. Er hatte Hunger und Riley würde den Jungen auf seiner Brust sicher nicht wecken, also hatte er gar keine Wahl. Er nahm sich das Rezept, dass sein Kumpel hingelegt hatte, und begann zu kochen.
Frey war eingeschlafen und Riley war ebenfalls kurz davor. Warum eigentlich nicht?
Alex kochte und auf Frey musste er auch nicht aufpassen, also gäbe es keinen Grund, nicht einzuschlafen. Gesagt, getan.
Riley versuchte mit seinen Füßen, natürlich ganz vorsichtig um Frey nicht zu wecken, die Decke zu ihm herauf zu werfen und deckte sie beide schließlich damit zu.  

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