Kapitel Neun

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Meinen Nutzen...
"Und der wäre?"
Obwohl es ihm völlig klar war, aus welchem Grund er noch lebte - so verstand er nicht, was eine Vampirblut trinkende Vampirin davon hatte, sich Menschen zu halten.
"Meinen Durst zu stillen, natürlich. Du wirst mein persönliches Haustier werden, meine eigene Blutquelle, von der ich immer und überall trinken kann."
"Aber Meisterin Yin, ihr könntet sterben, wenn ihr das Blut von Menschen trinkt, das wisst ihr doch!"
Die Wache hatte sich zu Wort gemeldet, wurde aber gleich wieder unterbrochen.
"Deswegen werde ich ihn auch in einen Vampir verwandeln, was mir als Adlige mehr als gestattet ist! Das ist Perfekt, ich bin genial!"
Der schwarz Haarige traute seinen Ohren nicht recht. Er? Ein Vampir?
Er wollte schon Protest erheben, (er würde eher sterben, als ein Monster zu werden) doch schon wandte sich Yin an ihn zurück, noch immer einen triumphalen Ausdruck im Gesicht. "Und? Irgendwas zu melden, Nutztier? Für jedes gesprochene Wort das du ab sofort unaufgefordert von dir gibst, stirbt ein Mitglied deiner ach so geliebten Familie. Antworte, wenn du verstanden hast."
Und im nu, hatte sich Jiki's Meinung geändert.

"Ich hab verstanden. Ich bin nur hier um deinen Durst zu stillen."

Sprich, solange er nichts tat, waren Miku und Nai in Sicherheit.
Er hatte sie in diese Situation rein gebracht und auch noch die drei anderen schutzlos zurück gelassen -
nun die Verantwortung dafür zu übernehmen und alles für den Wohlstand seiner Familie zu tun, war das mindeste, was er jetzt noch tun konnte.
"Guter Junge. Jetzt komm, trink."
Yin hielt ihm ihr Handgelenk entgegen, aus welchem Blut tropfte.
Ihm wurde jetzt schon schlecht...
Aber er tat es sowieso, wissend das es keinen Ausweg gab.
Blöde Vampirin. Blöder Nai.
Doch am meisten enttäuscht war der schwarz Haarige von sich selbst.
Während er die aufkommenden Schmerzen ignorierte, (neben dem Blut, welches mehr oder weniger seine Organe zerfetze, waren da auch schon wieder Yin's Fänge, die sich ein zweites Mal Zugang zu ihrer Nahrung verschafften.) schweiften seine Gedanken fort zu den Zwillingen und Kira.
Karo und Mimi würden schon irgendwie klar kommen, sich zur Not von Regenwasser und Unkraut ernähren - aber die rot Haarige war für solche extreme Maßnahmen einfach zu schwach, nicht genug abgehärtet.
Vielleicht... vielleicht durfte er die drei auch hier her bringen. Ob als weitere Geiseln für seinen Gehorsam, oder einfach nur so - immerhin hatten Kira und dieses Monster die selbe Haarfarbe, dieses extravagante Wesen wäre davon sicher ganz entzückt.
Plötzlich waren die Schmerzen weg.
Er schaute zur rot Haarigen runter, die sich die blutigen Reste von den Lippen wischte. Weder musste sie würgen, noch spucken.
Yin klatschte in die Hände. Es war also geglückt.

Nach dem "Vorfall", meinte die rot Haarige, er dürfe nun zu seiner Familie (bzw. seiner zukünftigen Blut -Versorgung, wie sie meinte) gehen.
Jetzt stand er hier vor einem Zimmer, tief luftholend und sammelte sich.
Miku würde ausflippen. Nai würde sich wahrscheinlich bereits in den Schlaf geweint haben. Er spürte den Schlag ins Gesicht förmlich schon kommen.
Doch als Jiki die Tür schließlich öffnete, (er war offenbar stärker geworden, sie war leicht wie Papier) sah er die Zwillinge, welche gerade dabei waren, die funkelnden Steine von der Wand zu entfernen. Handschellen lagen auf dem Boden. Was zur Hölle taten die beiden hier?
Nai hatte sich wohl sehr genau mit Yin über seine Familie unterhalten...
Miku saß mit gekreuzten Beinen und verschränkten Armen auf einem von 5 Betten, die Augen geschlossen und die Ruhe in Person.
"Jiki!"
Nai, welcher gerade tatsächlich noch geheult hatte, war nun aufgesprungen und rannte auf ihn zu.
Im nu wurde er umarmt.
Der silber Haarige drückte ihn fest an sich, ganz außer sich.
"Jiki es ist schrecklich! Sie haben Kira vergessen! Kira ist noch draußen!"

🔹

Es war einfach herrlich, soviel essen zu können wie man wollte!
Kira hatte es sich, zusammen mit den anderen Kindern, auf dem Boden vom Lagerhaus gemütlich gemacht, schlang gierig die Suppe hinunter, die ein älteres Mädchen ihr reichte.
Es war neben den Kartoffeln (von denen sie den anderen Stolz erzählte, sie mal gegessen zu haben) das beste, was ihr je in den Magen gelangt war.
"Du musst dich nicht beeilen, es ist genug da."
Das Mädchen hier schien die älteste zu sein, sie war größer als die anderen und wirkte irgendwie wie Jiki.
"Ist gut."
Bemüht, etwas langsamer zu essen, dachte die rot Haarige darüber nach, wie sie dem kleinem Trupp aus 4 Leuten begegnet war.
Sie waren plötzlich ganz einfach hinter einer Ecke aufgetaucht, hatten ihren Weg gekreuzt.
Weil sie so Nett aussahen, hatte Kira beschlossen auf ihrer Suche nach Jiki und den anderen, eine kurze Pause einzulegen, und sich den anderen vorübergehend anzuschließen.
"Das ist aber ein schöner Haarschmuck, den du da hast. Wo hast du den denn her?"
Ein Junge in ihrem Alter hatte sich neben sie gesetzt, sein Name war Lin.
"Den hab ich unter der Mauer unseres Hauses gefunden. Aber ich mag es gar nicht!"
Demonstrierend nahm sie sich das Messer aus den Haaren und hielt es dem Jungen hin.
"Hier, du kannst es haben."
"Wirklich?"
Lin nahm es ihr vorsichtig ab, betrachtete die Klinge mit großen Augen.
"Ja. Nimm ruhig. Ich mag es nicht."
Das Messer war ihr unheimlich, besser es verschwand.
"Es ist einfach wunderschön. A-aber das bist du auch!"
Auf den, vor Dreck ganz dunklen Wangen von Lin, hatte sich eine leichte röte gebildet, die Kira zum Lachen brachte. "Danke! Du auch!"
Dann lachten sie beide, und schlangen weiter ihre Suppe hinunter, die Mahnungen des älteren Mädchens ignorierend.
Als es dann Dunkel wurde, kuschelten sie sich alle ganz eng aneinander, um die aufkommende Kälte zu vertreiben.
Wie sie hier so lag, erinnerte sie es daran, wie sie immer zu Nai ins Bett geschlichen war, wenn sie nicht schlafen konnte.
Nai... wo er wohl gerade steckte? Was er wohl gerade tat?
An was er wohl gerade dachte?
Kira vermisste ihn, vermisste sie Alle.
Morgen würde sie mit der Suche weitermachen, diesmal aber ohne Pausen!

Von einem vertrautem Geräusch aus dem Schlaf gerissen, wachte die rot Haarige auf, war aber noch zu müde die Augen aufzuschlagen und sich umzusehen.
Also blieb sie einfach liegen, lauschte dem rhythmischem tapp, tapp, und war schon dabei wieder einzunicken. Doch dann kam die Erinnerung zurück geschossen. Stiefel. Laute Stiefel.
"Lin, wach auf! Wir müssen weg! Hier drin sind Vampire!"
Panisch rüttelte sie an dem Jungen neben ihr, welcher kurz die Augen öffnete, sie aber gleich wieder schloss und mit den Worten "Wir sind hier schon sicher.", weiterschlief.
Die Schritte befanden sich nun direkt vor der Tür, jeden Moment würde sie aufgehen und dann hätten sie keine Chance mehr.
Mit ganzer Kraft zog Kira den schlafenden Lin von den anderen weg, versteckte sich mit ihm zusammen hinter einer kaputten Kühltruhe.
Die Tür schwang auf, eine fröhlich summende Gestaltet trat hinein, gefolgt von zwei weiteren Gestalten.
Vom lautem Knall der Tür, die wieder zufiel, wurden nun auch noch Lin und die anderen Wach.
Kira machte sich ganz klein, vor Angst ganz erstarrt. Sie waren da. Sie würden sie mitnehmen. Sie würde niemals ihre Familie Wiedersehen...
Doch die Vampire sagten nichts, als sie in den Raum kamen. Sie machten auch kein Licht an.
Nein, sie verschwanden einfach. Und dann hörte Kira die anderen schreien.
Wirklich schreien. Blut spritzte umher, die Kinder die sich nicht mehr bewegten, wurden einfach zu Boden geschmissen und erst da verstand Kira es.
Die Kinder, die ihr was zu essen gaben, so freundlich zu ihr waren - starben gerade. Die Vampire nahmen sie nicht mit. Sie brachten sie um!
"Hört auf!"
Lin hatte sich von ihr losgerissen und rannte mit erhobenem Messer auf die Vampire zu. Sie hätte ihm gerne hinterhergeschrien, er solle warten, aber sie konnte nicht, denn ihre Kehle brachte keinen Ton heraus.
Und so kam es das, als die Vampire sie fanden, Kira der letzte lebende Mensch war.
Zitternd, sich nicht rühren könnend vor Angst, saß sie in der Ecke gekauert, starrte die drei Gestalten einfach nur an. Lin lag nur wenige Zentimeter neben ihr, das Messer fest umklammert. Er hatte damit einem Vampir in den Fuß geschnitten.
Er war so mutig gewesen, für seine Familie zu kämpfen und sie? Sie hatte sich versteckt! Sie war nicht stark! Sie war ein schwacher Feigling, mehr nicht! Sie verdiente es zu sterben, wie auch Mimi und Kairo für sie gestorben waren. Ja, sie verdiente es!
Trotzdem, als der Vampir nach ihr greifen wollte, packte sie instinktiv das Messer - und fiel in Ohnmacht.

Owari No seraphWo Geschichten leben. Entdecke jetzt