Kapitel Vierzehn

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Das Mädchen atmete nicht mehr, als er an der Tür vorbei ging, in welcher das neue Vieh schlief. Der Vampir hielt kurz inne, ging weiter. Lady Hakei schlief ebenfalls, das erste Mal seit Jahren. Er drehte seine Runde zuende, verließ den Palast. Tenshi würde sich um die Reiter der Vernichtung kümmern, sollten welche den Schlaf der rot Haarigen unterbrechen. Zu anderem war er eh nicht gut, hatte keine Spur Humor. Die Nacht war wolkenlos, die Sterne zahlreich vertreten. Seit das Licht der Menschen ausgegangen war, waren die Nächte wieder ansehnlich. Raidon suchte überall, sah nochmal im unterirdischen Versteck nach, hielt in der Viehzone Ausschau, fand nichts. Schreie ertönten überall, ein Reiter war erschienen. Das Ding gab kurz darauf einen ohrenbetäubenden Ton von sich, dann wurde es still. War ein weiterer Vampir aufgetaucht? Oder war Lord Esford doch noch nicht abgereist? Es war ihm egal, er suchte weiter. Lange. Die ganze Nacht. Den Morgen darauf. Er war bereit zurückzukehren, hatte es so lange hinausgezögert, wie möglich. Sie waren sicher schon wieder aufgewacht, hatten den Tod bemerkt, heulten und machten Lärm. Tenshi wäre sicher so genervt davon, dass er ein weiteres umbringen würde. Er sollte sich wirklich in Zurückhaltung üben. Mit besserer Laune als davor, rannte der braun Haarige durch die restlichen Straßen. Es war nicht mehr weit, gleich war er wieder am Brunnen. Er hielt an, rührte sich nicht. Schrie da nicht wer? Ein weiterer Reiter? Ein Kind, dass vor seinem Schicksal davon lief? Die Lady hatte angeordnet kein Vieh mehr umzubringen, ehe das Mädchen gefunden wurde. Er rannte wieder los, kam bei der Kirche an. Tatsächlich, Lord Eusford hatte den Ort doch noch nicht verlassen, hielt ein kleines Vieh im Arm, lächelte. Rote Haare. Das selbe, billige Band ums Handgelenk, wie der Rest. Das war sie wohl, das Mädchen. Wenn er sie zurückbrachte, konnte er wieder so viel trinken, wie er wollte, wurde von niemandem bestraft.
"L-lord Eusford,", er trat vor, versuchte möglichst gelassen zu wirken. Er hätte Tenshi doch mitnehmen sollen, dem fielen solche Gespräche leichter. "Verzeiht, aber L-lady Hakai hat sich dieses da gewünscht."
Er kannte die militärische Haltung einem stärkerem gegenüber, hatte eine ordentliche Ausbildung durchstehen müssen. Er war hier auf dem Land, diente einem Sonderfall, weil er sich davor gedrückt hatte, vor höheren Persönlichkeiten Rede und Antwort zu stehen. Wie in diesem Falle.
Lord Eusford war stark, aber nicht arrogant. Oder einfach nur zu apathisch, um ihn auszulachen, runterzumachen.

"Ihre Langeweile breitet sich wohl aus, was? Ich würde ihr Gesicht zwar gern sehen, aber ich hab wirklich keine Zeit mehr."

Er gab ihm das Mädchen, sprang davon. Adlige, hatten alle ihre Macken, schien es wohl. Auf dem Dach funkelte etwas. Raidon lief endgültig zurück, ein weiteres Mal froh darüber, hier zu sein. Auch wenn Tenshi wirklich keinen Sinn für Humor hatte und ihm die neuen Nutztiere noch lange Zeit auf die Nerven gehen würden.
Bevor er das Kind zur Herde brachte, würde die rot Haarige es noch einmal ansehen, entscheiden ob sie es wert war, (er hoffte es, immerhin hatte es einiges an Überwindung gekostet, den Vampir anzusprechen) oder nicht.

Aber Lady Hakai konnte es nicht egaler sein, sie hatte ihn einfach zum Rest Geschickt. Sie wirkte noch müder, als zuvor. Blut würde sicher helfen. Deshalb weckte er den schwarz Haarigen, (also schliefen doch noch alle. Und hier hatte er schon gehofft, dem Großteil des Theaters entkommen zu sein) füllte seinen Platz mit dem Mädchen.
Er hatte ihn gerade abgeliefert, freute sich auf eine große Portion Konservenblut, als das Geschrei begann. Er seufzte, fing an zu trinken. So unglaublich nervig, dieses Vieh.

...

Er wurde auf dem Dach zurückgelassen. Zurückgelassen von einem kleinen Menschenmädchen, gerade mal 7 Jahre alt. (obwohl sie wohl meinte, 5 zu sein. Bei der Vergangenheit war es erstaunlich, dass sie überhaupt sprechen konnte.)
Dabei hatte er sich gerade dazu entschlossen, mit ihrer Hilfe aus dem Schwert herauszukommen. Sie hätte einfach nur essen müssen. Jeden Tag, zur gleichen Zeit. Das Blut dieser Monster war sonderbar, konnte wirken wie eine Droge, eine Wundermedizin, oder ein tödliches Gift. Menschen wussten natürlich davon nichts, würden es erst viel später herausfinden. Nicht dass es ihn jetzt noch kümmerte, da wo er war. Warum ließen ihn denn immer alle alleine, wenn er gerade angefangen hatte, sie zu mögen?

"Du bist nicht Nai!"

"Nai! Nai schau doch, ich hab ihn! Ich hab den Apfel! Ich hab's geschafft!"

Nai. Was für ein bescheuerter Name war das bitte? Sein echter klang viel authentischer, viel eleganter!
Dieser verdammte Vampir! Kira wäre noch immer hier, er hätte ihren Körper einen Moment übernommen, sie sicher am Boden abgesetzt. Sich ihr eine Zeit lang nicht gezeigt, dann von vorne angefangen. Aber wegen diesem Adligen, nur wegen diesem... er hatte eine Sekunde gezögert, als er ihn gesehen hatte, konnte den Menschen dadurch nicht rechtzeitig "auffangen".
Nun war sie weg, würde sicher früher oder später echt und falsch nicht mehr unterscheiden können.
Alles nur weil er versagt hatte, erfolgreich in das winzige Herz zu schauen. Genau wie in die Herzen der anderen. Er war unbrauchbar als Dämon, hätte damals einfach sterben sollen.

"Du schreist doch selber!"

Würde er noch lange dran denken müssen? Er wollte nicht noch länger dran denken müssen, es war nervtötend. Wie war er nur auf die Idee gekommen, dem Mädchen im Kopf dieses dumme Klavierstück vorzuspielen? Was wollte er damit überhaupt erreichen? Sie beruhigen? Er hätte einfach wieder ihren Körper übernehmen sollen, so wie die letzten Male. Der Adlige war gestern schon bei der Kirche gewesen, hatte den Reiter zur Strecke gebracht. Er wäre beinahe ins Gebäude reingegangen, hätte das Kind entdeckt. Er hatte sie übernommen, die Luft angehalten, sich zum Kampf vorbereitet. Sie wurden nicht entdeckt, der Dämon hatte sich deshalb gehen, den Fehler erlauben lassen. Er war so unglaublich bescheuert!
Der Tag verging, Tiere zogen umher, Pflanzen wuchsen vor sich hin. Die Sonne strahlte, drehte am Himmel ihre Runde. Sie verschwand bald, ließ ihn mit Dunkelheit und einer beschissenen Laune zurück.
Dann, als er schon akzeptiert hatte hier für den Rest des Jahrhunderts festzustecken, kam ein Vampir auf das Dach, hob sein Gefängnis hoch.

"Ich wusste es, hier war noch was!"

Der braun Haarige schwang das Schwert, grinste. Raidon. Er steckte das Schwert ein, lief dorthin zurück, wo er hergekommen war. Der Dämon verzichtete darauf, seinem neuen Gefäß zu antworten, seufzte.
Raidon, klang noch schlimmer, als Nai.

Owari No seraphWo Geschichten leben. Entdecke jetzt