Kapitel Sechzehn

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~Zuvor~

Yin gähnte, laß den Brief ein weiteres Mal (nur um sicher zu gehen) bevor sie ihn zerknüllte. Lieferung. Ihr wurde gerade aufgeteilt, Kinder auszuliefern, als wäre sie nichts weiter, als eine einfache Soldatin. Sie biss die Zähne zusammen, bemühte sich, ihren Thron heile zu lassen. Warum brauchten die die höher stehenden überhaupt noch Kinder?! Es war ja nicht so, als ob sie nicht schon genug Blutquellen hatten um sich den Bauch bis in alle Ewigkeit voll zu stopfen. Aber Befehl war Befehl. Sie würde dann morgen an ordnen, nach Kindern zu suchen, und sie für die Lieferung vor zu bereiten. Nur - ob genügend zusammen kommen würden? Sie hatten den Brunnen bereits in die Luft gejagt; es gab keine Möglichkeit für Vieh an Wasser zu kommen. Also war es entweder schon Tod, oder gefangen genommen worden. Und trotzdem - wer hatte den Befehl überhaupt verschickt? Normalerweise wurde sie stets von den anderen ignoriert, warum jetzt?!

"Raidon, Tenshi: kommt her."

Und wie gute Hunde, kamen sie sofort herbeigeeilt, knieten vor ihrem Thron. "Ich will, dass ihr mir bis morgen 20 Kinder anschafft und sie zum Flug fertig macht. Genau 20 Kinder. Nehmt-" sie seufzte, fuhr sich durchs Haar. Ihre Finger blieben an Kristallen hängen. Warum zögerte sie? Warum wollte ein Teil von ihr es lassen? Es waren nur Menschen.

"Nehmt, falls nötig auch das Vieh meines Haustiers mit; es nützt ihm ja doch nichts."

Stille. Die Vampire vor ihnen schwiegen - Raidon sah aus, als wolle er widersprechen, (wie ungewöhnlich für einen Soldaten. Vielleicht färbte ihre Krankheit langsam doch auf ihn ab? Was war bloß los mit diesem Haushalt?) ließ es aber doch bleiben.

"Jawohl."

🔷

Es wurde eine lange Nacht, für seinen Träger und den anderen Vampir. Er selbst wäre viel lieber bei den Menschen geblieben, hätte die letzte Nacht - aber so war es nun, er konnte sich eh nicht soweit von seinem Gefängnis entfernen. Sie durchsuchten jede Ecke, jeden Fleck, jedes Loch, mit einem Eifer, den er einfach nicht verstand. Warum waren sie so versessen darauf, die passende Menge zu erreichen? Diese Vampire konnten doch unmöglich - der Dämon half unbewusst mit, suchte auch das kleinste Kind, gab seinem Träger unterbewusst Anweisungen wo es zu finden war. Aber trotz dieser Ungewöhnlichen Anstrengung, trotz der Überstunden bis zum nächsten Nachmittag, gelang es gerade mal 18 Kinder zu holen. Sie mussten noch für den Flug vorbereitet werden, die Vampire waren sicher schon hungrig - sie hatten keine Zeit mehr. So gingen sie also Zurück, einen Haufen verängstigter, kleiner Kinder im Schlepptau, zu verängstigt um laut zu weinen oder Fluchtversuche zu starten. Er wusste schon, wie es ausging, hatte geahnt was passieren würde. Egal wie die Wahl fiel, die Welt des Mädchens würde aufhören in ihrer falschen Sicherheit zu verweilen. Vielleicht war das sogar ganz gut - am besten, man nahm diesen Nai und den anderen Jungen. Der Dämon merkte, wie er anfing zu grinsen, übte Druck auf das Herz des Vampirs aus.
Raidon gab sich Mühe von den Menschen nur als Vieh zu denken, aber sein Herz sprach dagegen. Nur ganz minimal, aber viel stärker als vor 3 Jahren. Irgendwas hatten die Kinder mit dem Vampir gemacht. Der Dämon nutzte es aus, gab seinem Träger alle Erinnerungen an die Herde, versuchte den einen Zwilling, aber vor allem Nai, weniger wichtig erscheinen zu lassen. Raidon schüttelte den Kopf, fing an, sich zu wehren. Aber er ließ nicht locker, machte weiter.
Der braun Haarige mochte diese Herde, wollte es sich nicht eingestehen.  Er mochte das Schoßhündchen der Lady, weil es mehr Humor hatte als Tenshi. Das rot Haarige Mädchen war dem Schoßhündchen besonders wichtig, für sie hatte er extra eine Suchaktion gestartet. Der braun Haarige hörte ihm nun zu, wehrte sich nicht mehr. Richtig, dachte er, es wäre besser die Jungs zu nehmen.
Aber obwohl das die Gedanken des Vampiren waren, sprach er den mänlichen Zwilling an, gab ihm die Wahl. Was war schief gelaufen? Wo hatte er einen Fehler gemacht, das Herz zu sehr beeinflusst? Es störte ihn nicht, denn der Junge würde Nai wählen. (Niemals seine Schwester, wenn es sich nicht verhindern ließ. Und er hatte mit dem Mädchen zusammen Kira gerettet. Er würde sie nicht nehmen, nachdem er das getan hatte.) Zumindestens, war es das, was passieren hätte sollen. Also warum saß er dann nun neben dem rothaarigen Mädchen, hörte ihr beim heulen zu? Wo hatte er denn nur wieder was falsch gemacht? War er wirklich so nutzlos? Was für eine dumme Frage; natürlich war er nutzlos. Ein Vampir, der sich in einen Dämon verwandeln lassen hatte und nicht mal ein einziges Herz manipulieren konnte, war wohl kaum von irgendwelchem nutzen.

"Hey. Hey, hör auf zu weinen."

🔷

Kira schreckte hoch (nachdem sie von Kairo alles erfahren hatte, hatte sie angefangen zu weinen, es bereut sich nicht richtig verabschiedet zu haben. Würden sie sterben?) sah direkt in die gold funkelnden Augen des falschen Nai.

Er grinste sie an, aber es wirkte nicht, als wäre er glücklich. Nein, er wirkte genauso traurig wie sie.

"Warum bist du auch hier?"

Sie machte sich keine Sorgen mehr darüber, ob Kairo sie hören konnte, denn er war viel zu beschäftigt mit schluchzen und Vorwürfen an sich selbst, (Sie hatte das schon bei Jiki gesehen. Man konnte nun wahrscheinlich das Flugzeug abstürzen lassen und er würde es nicht mitbekommen) als dass er auf sie achten würde. Der falsche Nai lachte.

"Auf einmal sprichst du wieder mit mir? Dann hat all das hier ja doch was gutes. Kira, hör mir zu: Du musst an das Messer von Raidon rankommen, egal wann, egal wie. Dann kannst du hier raus. Wahrscheinlich."

"Nai, ich versteh dich nicht."

Aber sie dachte jetzt nur noch an die Tatsache, dass sie ihn nicht verstand. Hatte er das absichtlich gemacht? Sie hatte jetzt keine Angst mehr! Nicht viel, zumindest... Der silber Haarige biss sich auf die Lippe, sah aus als würde er nachdenken. Er wirkte dabei wie Jiki, ganz konzentriert und angestrengt. Es sah lustig an Nai aus, wirklich sehr. "Gut, ich habs!"

Owari No seraphWo Geschichten leben. Entdecke jetzt