| Boys like You |
Weil die Vergangenheit uns wenig interessiert, bis sie uns eingeholt hat.
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November dachte immer ihr Leben wäre grauenvoll. Doch als sie auf Cole trifft, beginnt sie zu zweifeln. Denn Cole bringt etwas Dunkles mit sich und ein...
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Den ganzen Morgen über schon habe ich ein mulmiges Gefühl im Magen. Ich bin bei Mare geblieben. Viele Fragen haben sich im Verlauf des letzten Tages geklärt. Ich habe herausgefunden, dass ihre Mutter abgehauen ist und ihr vierjähriges Kind mit einem viel zu jungen und kranken Vater zurückgelassen hat.
Letztes Jahr ist dann ihr Vater gestorben und hat Mare zurückgelassen. Sie war kurz zuvor achtzehn geworden. Ein toller Start ins Erwachsensein. Und ich habe mich den ganzen Herbst über gefragt was mit ihr los war. Ich habe ihren Geburtstag mitgefeiert, mit ihr gelacht. Und nie habe ich etwas gemerkt.
So müssen sich die anderen in der Schule immer fühlen. Niemand merkt was eigentlich los ist. Keiner kann deine Maske durchschauen, es sei denn du lässt es zu. Aber was mir Mares Erzählung auch zeigt: Es gibt viele Menschen mit Problemen, einige schlimmer als mein eigenes. Ich bin nicht allein.
Als Mare sich lautstark über den Autofahrer vor uns aufregt, der gerade zum dritten Mal seinen Motor abgewürgt, werde ich aus meinen Gedanken gerissen und sehe aus dem Fenster. Mein Herz schlägt wie wild, weil ich die ganze Zeit an das Gespräch mit Cole denken muss, das ich mir für heute vorgenommen habe.
Ich weiß im Grunde nichts über ihn, das wird mir jetzt mehr denn je bewusst. Ich weiß nicht in welchem Bezug er zu diesem Logan steht. Das Einzige was ich weiß ist, dass er Logan verabscheut. Ich sehe es ihm an. Und auch die Tatsache, dass ich nichts über seine Vergangenheit mit Nora weiß, lässt mich an ihm zweifeln.
Ich war von seiner vorgetäuschten Offenheit und seiner Hilfsbereitschaft getäuscht worden. Er hatte mir den Eindruck vermittelt, dass er für mich da ist. Und ich habe Angst, dass er mir genau dieses Gefühl auch gleich geben wird. Ich muss versuchen, mich nicht von ihm täuschen zu lassen.
Ich muss mich der Tatsache stellen, dass er Neven die Drogen verkauft hat. Ich frage mich plötzlich, warum ich mich überhaupt in die Sache einmische. Klar, ich habe auf eine seltsame Art und Weise Angst um ihn, was komplett banal ist, weil er in jeder Hinsicht stärker ist als ich. Und es sollte mich nicht interessieren. Aber trotzdem... Ich versuche mir einzureden, dass ich es für Mare tue, für Neven, doch ich weiß, dass es nicht die ganze Wahrheit ist.
Als wir mit Mares kleinem Auto auf den Parkplatz vor der Schule einbiegen suche ich sofort nach Coles Motorrad. Als ich es erkenne, verspüre ich einen leichten Stich in der Brust. Ich muss mit ihm reden.
Schon vom Weitem erkenne ich seine breiten Schultern in der Menge aus Schülern. Faszinierend wie stark ich mir seine Züge schon nach so kurzer Zeit eingeprägt hatte. Faszinierend wie sehr ich mich ihm genähert hatte, ohne auch nur irgendetwas über ihn zu wissen. Ich bin so leichtsinnig und dumm manchmal. Aber was noch viel dümmer ist, ich würde es jeder Zeit erneut tun.
Kurz bevor ich ihn erreiche, dreht er sich zu mir um, als hätte er meine Anwesenheit gespürt. Und scheinbar spürt er auch sofort meine Wut, denn er legt seine Stirn in Falten und sieht mich fragend an. „Nicht hier", ist das Einzige, das ich murmle, bevor ich ihn bei der Hand nehme und mit nach draußen ziehe.
Eigentlich hatte ich mir gesagt, ich würde ihn nicht berühren, das würde alles zu real machen. Und natürlich hatte ich Recht. Sobald ich vor ihm stehe, spüre ich wie sich Tränen in meinen Augen sammeln. Ich war vorher nie so ein Weichei gewesen. Als er mich in seine Arme schließen will, weiche ich ein paar Schritte zurück.
„Was ist denn los?", er klingt verwirrt, als wüsste er nicht, warum ich so wütend bin. Obwohl, wenn ich genau drüber nachdenke, dann weiß er gar nicht, dass ich das Foto gesehen habe. Er ahnt nicht, dass ich sein Geheimnis aufgedeckt habe. Er sieht mich bloß weiter an, meine Antwort abwartend.
„Ich weiß von allem" „Was weißt du?" Er klingt nicht verunsichert, da ist bloß die Verwirrung in seiner Stimme. „Die Sache mit den Drogen" Kurz stocke ich bei dem Wort. Ich mag es nicht. Sein Gesichtsausdruck verändert sich von Verwirrung zu Wut.
„Scheiße!", schreit er und plötzlich bin ich froh, dass ich uns eine Stelle gesucht habe, an der wir allein sind. Ich vertraue Cole genug um zu wissen, dass er mich jetzt nicht umbringen wird oder so. „Fuck! Verdammt, woher?" Ich beginne zu lachen. „Du versuchst noch nicht mal zu leugnen, dass du mit Drogen dealst?" Kurz glaube ich etwas Erstaunen über sein Gesicht huschen zu sehen.
Doch im nächsten Moment ist die Wut wieder da. Cole sieht aus, als würde er jeden Moment explodieren, doch er bleibt ruhig und entspannt, als er spricht. „Was willst du jetzt machen? Was wirst du glauben?" Als ich nicht antworte und seinem Blick zu entkommen versuche, legt er eine Hand an meine Wange. „Was wird aus uns, wenn du entscheiden dürftest? Hast du Angst vor mir?"
Ich bekomme nicht mehr hin, als ein leichtes Schütteln meines Kopfes. Und das ist die Wahrheit. Ich habe keine Angst vor ihm, ich vertraue ihm und ich sehne mich nach seinem friedlichen Gesichtsausdruck. „Ich verstehe bloß nicht warum. Warum, Cole?"
Er antwortet nicht, entkommt meinem Blick, aber wird dann von meinem klingelnden Handy gerettet. Sichtlich erleichtert stößt er die Luft mit zusammengebissenen Zähnen aus und sieht dann mich an. Ich angle mein Handy aus meiner Hosentasche und sehe, dass Mare mich anruft.
Ohne lange nachzudenken gehe ich ran und erschrecke mich zu Tode, als Mare mich durch den Hörer hindurch anschreit. „Neven hat Mist gebaut mit seinem Foto, Nove. Ich hab ihn eben zur Rede gestellt. Bist du bereit heute ein paar Stunden sausen zu lassen?"
Ich stehe vollkommen verwirrt hier und presse mir das Handy ans Ohr, um auch wirklich alles verstehen zu können was auf diese Worte folgt. „Und was hast du herausgefunden?"
„Das auf dem Foto, das war nicht Cole. Das war sein älterer Bruder, Loke oder Logan oder so. Wir haben uns geirrt. Neven hat zugegeben, dass er sich schon länger mit dem trifft. Also bitte lass Cole in Ruhe. Er weiß davon nichts, er ist unschuldig.
