Papa

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"Willst du ihn nicht suchen? Ihn kennenlernen und versuchen, seine Sicht auf damals zu verstehen?"

Laras Worte lassen mich einfach nicht mehr los. Wie ein Bumerang kehren sie immer wieder zu mir zurück.

Ja, ich will meinen Vater kennenlernen.

Ja, ich will wissen, warum er mich weggegeben hat.

Ich vermisse ihn doch auch ...

Mittlerweile sind schon drei Wochen vergangen und wir sitzen im Mannschaftsbus nach Gelsenkirchen.

Gelsenkirchen - mein Zuhause.

Der Ort, an dem ich geboren bin und die ersten drei Jahre meines Lebens verbracht habe.

Mit einer Familie - mit meiner Familie.

"So Mädels, wir sind jetzt da. Es ist das Selbe wie immer: Alles aus dem Bus mitnehmen, Koffer holen, Zimmerkarten bei mir abholen und den Rest des Tages habt ihr dann Freizeit. Pläne mit den Uhrzeiten für Frühstück, Training und Abendessen wurden euch von den Hotelangestellten bereits ins Zimmer gelegt. Noch Fragen? Nein? Gut!"

Nach den Anweisungen des Trainers leisten wir diesen Folge, sodass ich nach einer Stunde mit Lara auf unserem Zimmer bin und mich bereits wieder anziehe, um raus zu gehen.

Nach Hause.

"Soll ich dich begleiten?"

"Nein. Das muss ich alleine machen, Lara. Aber Danke!"

"Kein Ding. Ruf an, wenn was ist, ja?"

"Mach' ich. Bis später."

Und damit verlasse ich das Zimmer und kurz darauf das Hotel. Alleine gehe ich im Trainingsanzug durch Gelsenkirchen und sehe dabei immer wieder Orte, an denen ich früher mit meinen Eltern, Großeltern und meinem Onkel war.

Nach gut fünfundvierzig Minuten komme ich am Haus meiner Großeltern vorbei. Drinnen brennt Licht. Ich kann eine etwas ältere blonde Frau durch das Küchenfenster erkennen, die fröhlich lächelnd auf die Küchenzeile schaut.

Oma.

Ob sie mich vermisst? Manchmal sehe ich sie, wenn ich in Gelsenkirchen bin. Sie ist aber auch die einzige, die ich noch erkenne, weil ich sie mal gehört habe, als sie mit einer Nachbarin über Damals gesprochen hat. Ich wüsste gerne, wie Opa, Papa und Onkel Marcel heute aussehen. Manchmal glaube ich sogar, eine Ähnlichkeit von Papa in Manuel Neuer zu sehen. Aber das ist ja wohl ziemlich unwahrscheinlich, rede ich mir immer ein. Außerdem hatte mein Papa immer lockige Haare.

Oma guckt aus dem Fenster und sieht mich, wie ich sie von hier draußen beobachte. Schnell gehe ich weiter. Es sind noch fünf Straßen bis Zuhause. Bald bin ich da.

Marita POV

Als ich kurz aus dem Fenster sehe, steht dort ein Mädchen in roten Trainingsanzug und beobachtet mich nachdenklich. Wenn ich sie so sehe, erinnert sie mich auf den ersten Blick an meine verstorbene Schwiegertochter Elisa. Doch ich kann das Mädchen nicht weiter betrachten, da sie weiter geht.

Kopfschüttelnd widme ich mich wieder dem Essen. Ich muss aufhören ständig an Elisa und die Kleine zu denken. Sie kommen nicht mehr zurück - nie mehr.

Manuel hat jetzt Nina und ist glücklich mit ihr. Basta!

Auch wenn ich Nina nicht leiden kann, so ist sie jetzt meine Schwiegertochter und ich muss das akzeptieren! Sie macht meinen Sohn glücklich und das ist alles, was zählt.

Trotzdem habe ich da dieses komische Gefühl im Bauch, dass ich dieses Mädchen schon mal irgendwo gesehen habe ...

"Marita?! Wo ist den meine Brille?", ruft mein Mann dann plötzlich, bevor ich weiter über das braunhaarige Mädchen im Trainingsanzug nachdenken kann.

"Hast du schon auf dem Wohnzimmertisch nachgesehen?"

"Ja!"

"Auf dem Esstisch?"

"Ja-ha"

"In deiner Jackentasche?"

Kurz ist es still, bis ich ein "Hab' Sie!" aus dem Flur vernehme und anfange den Tisch zu decken.

Manchmal frage ich mich wirklich, wo mein Peter seinen Kopf hat!

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580 Wörter

Ich wünsche euch allen Frohe Weihnachten! Lasst euch reich beschenken!😘🎄🎁

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