Rückblick Sommer 2011
Bernd POV
Leverkusen. Ich spiele jetzt für Bayer 04 Leverkusen! Nie hätte ich gedacht, dass ich es jemals schaffe, für so einen unglaublichen Verein zu spielen. Und vor allem, dass ich das mit nur 19 Jahren schaffe!
Jetzt bleibt mir ja eigentlich nur noch zu hoffen, dass die anderen hier mich gut aufnehmen. Kenne ich hier überhaupt jemanden?
Ich irre durch die Gänge auf der Suche nach den Kabinen. Als ich sie endlich gefunden habe, ist jedoch niemand hier. Wo sind die denn alle? Egal! Ich ziehe mich einfach um und gehe dann schonmal raus auf den Platz. Vielleicht ist dort ja schon jemand?
Hm. Hier ist auch keiner. Sollte ich mich vielleicht schonmal aufwärmen? Das macht doch bestimmt einen viel besseren Eindruck beim Trainer.
Nachdem ich mich ausgiebig eingelaufen und gedehnt habe, werde ich aber langsam misstrauisch. Sollte nicht langsam mal jemand kommen? Auf dem Nebenplatz läuft nur ein kleines Mädchen einsam ihre Runden. Vielleicht frage ich sie mal? In der nächsten Runde geselle ich mich einfach zu ihr.
"Hey!"
Nichts. Keine Reaktion von der Kleinen.
"Ich bin Bernd. Bernd Leno. Ich bin neu hier."
Immernoch nichts. Komisch.
"Ich wollte dich eigentlich fragen, ob du weißt, wo meine Mannschaft ist. Ich kenne mich hier noch nicht aus und in der Kabine war auch noch niemand."
Ist die taub oder stumm? Aber sie sieht mich doch. Dann kann sie doch mindestens Handzeichen geben ...
"Warum redest du nicht mit mir? Ich hab dir doch nichts getan!"
Und dann sieht sie mich mit diesem Blick an. Dieser unglaublich traurige und verletzte Blick, der sich in mein Gedächnis bohrt und wahrscheinlich nie mehr loslässt.
Gegenwart
"Da war meine Kleine gerade mal zehn und hat mir offenbart, dass die Profis trainingsfrei haben."
Jedes Mal, wenn ich an diesen Tag zurückdenke, sehe ich ihren Blick und die Worte, die sie zu mir sagt, hallen in meinen Ohren wieder.
Marc beobachtet mich einfach stumm, während ich von meiner ersten Begegnung mit Sophia erzähle.
Rückblick Sommer 2011
"Warum sprichst du mit mir?"
Nur ganz leise erreicht mich ihre Stimme und perplex von ihren Worten bleibe ich stehen.
"Warum sollte ich nicht?"
Auch die Kleine bleibt stehen und sieht mich mit Tränen in den Augen an. Erst da fallen mir ihre Arme auf, an denen das Blut hinunterläuft.
"Weil das niemand tut, wenn er nicht muss. Mich will doch niemand. Ich bin Schuld an allem! Nichtmal mein eigener Vater will mich noch!"
"Komm! Wir müssen deinen Arm verbinden!"
Ich kann meinen Blick immernoch nicht von der blutenden Armen abwenden, als ich meine Worte ausspreche und dann realisiere, was sie zu mir gesagt hat. Was für eine Schuld soll denn so ein kleines, unschuldiges Mädchen haben?
"Ich will nicht! Die Profis trainieren erst morgen wieder!"
Und dann läuft sie weg. Sie verschwindet in dem großen Gebäude, in dem ich momentan keine Chance hätte, sie zu finden.
Aber ihren Blick sehe ich noch ganz genau vor mir.
Die Kleine aus der Jugendmannschaft mit dem traurigen Blick.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie mich braucht, dass ich sie unterstützen sollte und dass ich ihr helfen sollte, was auch immer ihr passiert ist.
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525 WörterLang, lang ists her ...
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Spiel des Lebens
FanficDiese eine Nacht vor dreizehn Jahren, die alles für die damals dreijährige Sophia veränderte, verfolgt nicht nur das junge Mädchen aus Leverkusen. Immer wieder kommen in der Familie die Erinnerungen an die Zeit vor dem 26. September 2004 zurück - ab...