Greta ging auf die Siedlung zu.
Ihre Knie zitterten, aber sie hatte stolz das Kinn erhoben. Niemand sollte ihre Angst anmerken.
Sie wusste genau, dass Einar und Hunter sie beobachteten, um sie notfalls heraus zu holen, wenn irgendetwas schief laufen sollte. Dennoch hatte sie Angst, da sie nicht wusste, was sie erwartete. Aber sie wollte wissen, wer der zweite Mann war, den die Leute hier gefangen hielten. Sie wollte wissen, ob es wirklich einer ihrer Brüder war. Und sie hoffte, dass dies nicht der Fall war, sondern das irgendein anderer Irrer Norwin begleitet hatte.
Sie hatte die Siedlung noch nicht ganz erreicht, als ihr Männer lächelnd entgegenkamen. Sie trugen seltsame Gewänder, aber Hunter hatte sie schon vorgewarnt, dass sie sich nicht von dieser lächerlichen Kleidung täuschen lassen durfte.
Der größte der Männer neigte ehrerbietig seinen Kopf.
„Ich grüße dich, Reisende. Dürfen wir dich in unsere Gemeinschaft einladen? Du musst müde und hungrig von der reise sein!"
Sie lächelte schüchtern zurück.
„Das wäre sehr freundlich von euch. Ich bin in der Tat sehr müde und hungrig und hoffte, dass ich hier eine Nacht bleiben dürfte."
Der Mann legte seine Hand auf seine Brust.
„Du kannst so lange unser Gast sein, wie du willst. Mein Name ist Barén. Ich bin der Gefährte der Hohepriesterin Ulara. Sie wird dich sehr gerne willkommen heißen."
Greta neigte ihren Kopf.
„Ihr seid sehr zuvorkommend. Zumindest für einen Mann. Das bin ich leider anders gewohnt. Mein Name ist Greta und ich komme von der anderen Seite."
Baréns Gesicht leuchtete einen Moment erfreut auf. Natürlich hätte sie das nicht sagen müssen, aber sie wollte doch vielleicht einen Anflug von Mitleid heraufbeschwören. Und so wie es aussah, hatte das auch funktioniert. Barén nahm ihren Arm und stützte sie.
Er nahm ihr den Rucksack ab, den sie mitgenommen hatte, damit nicht auffiel, dass sie schon eine Weile hier auf dieser Seite war. Sie hatte einige Sachen eingepackt, wie frische Hemden, etwas zu essen und ein Buch. Sie hoffte nur, dass man ihr gerade das Buch nicht wegnahm.
„Wir haben schon von dir gehört. Aber man sagte uns, dass du mit einem Mann auf Reisen wärst."
Sie nickte und nach einer einladenden Geste folgte sie Barén, der darauf achtete, immer einen Schritt hinter ihr zu gehen.
„Das ist richtig. Mein Begleiter hat es leider nicht geschafft. Er verstarb kurz vor dem Tunnel. Aber sagt mir, woher ihr meinen Namen kennt!"
Sie hoffte, dass ihr die Lüge mit Einar abgenommen wurde. Barén atmete tief ein.
„Das mit deinem Begleiter tut mir leid. Und ja, wir kennen deinen Namen. Wir hatten zwei Reisende zu Gast, die sich als eure Brüder vorstellten. Sie sagten uns, dass sie euch suchen würden!"
Greta tat erschreckt.
Sie wusste natürlich, dass Norwin geflohen war. Aber wer war der andere? Norak? Kal?
Barén lächelte sie freundlich an.
„Keine Sorge, Greta. Sie sind beide weitergezogen. Ich kann an deiner Reaktion sehen, dass sie dir nicht wohlgesonnen waren."
Sie senkte den Kopf.
„Welcher Mann ist das schon? Vor allem, wenn eine nordische Frau ihren eigenen Willen hat!"
Die Männer hinter ihr lachten leise, doch nach einem Blick von Barén, verstummten sie sofort.
„Du wirst es hier sehr ungewöhnlich finden, Greta. Denn hier haben die Frauen das Sagen. Aber Ulara wird es dir genauer erklären."
DU LIEST GERADE
Flucht
AdventureGreta wächst in einer von Männern dominierten Welt auf. Sie ist in einer Routine gefangen, aus der sie nicht ausbrechen kann. Doch dann findet sie etwas, was ihr Hoffnung gibt. Sie wagt die Flucht. Und sie trifft Menschen, die ihr Leben prägen. Do...