Kapitel 3 - Flucht oder Reise?

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Sie packten beinahe den ganzen Nachmittag alles zusammen. Einar hatte noch einen Schlitten gebaut. Greta wurde jetzt auch klar, warum er morgens verschwunden war und erst am Abend wieder in die Hütte gekommen war. Er hatte schon alles für ihre Flucht oder Reise, wie er es nannte, vorbereitet.

Einar achtete sehr darauf, was auf den Schlitten kam. Nun erinnerte er Greta doch an die Männer von ihrem Dorf. Er war auf einmal so herrisch und ging nicht auf ihre Wünsche ein. Natürlich wusste sie, dass er nicht Schlechtes im Sinn hatte, aber es ärgerte sie, dass er sie wie ein junges Mädchen behandelte, das von nichts eine Ahnung hatte. Auch wenn es stimmt, wie sie immer wieder feststellen musste.

Sie hatte nicht viel, was sie mitnehmen wollte. Nur die Decke, die sie selbst mitgebracht hatte. Es war die Decke, die ihre Mutter ihr geschenkt hatte, bevor sie in die Eiswüste ging. Sie war eigentlich nicht zum Schlafen im Freien geeignet, aber es war eben ein Geschenk. Außerdem wollte sie noch die Bücher mitnehmen. Aber Einar starrte sie nur böse an.

„Du wirst weder das fadenscheinige Ding mitnehmen, noch die Bücher. Das ist alles Ballast, den du selbst ziehen musst. Denn ich werde es bestimmt nicht tun! Du sollst mir gehorchen!"

Greta spürte, wie sie erst nachgeben wollte. Doch dann schüttelte sie den Kopf.

„Ich werde mitnehmen, was mir wichtig ist! Und du wirst mich nicht daran hindern! Und gehorchen werde ich dir erst Recht nicht!"

Einen Moment starrte er sie verblüfft an. Dann schien es ihm erst bewusst zu werden, was er gerade getan hat. Sofort änderte sich sein Gesichtsausdruck und er wischte sich fahrig über das Gesicht!"

„So habe ich das nicht gemeint. Aber ich bin schon lange hier unterwegs und ich weiß, wie schwer es werden kann. Deswegen bestehe ich so darauf, dass wir nur das Notwendigste mitnehmen."

Sie nickte, weil sie seine Argumente verstand, aber sie würde es trotzdem mitnehmen. Auch wenn sie es heimlichtun musste.

Sie packte nicht nur ein Buch über die Landwirtschaft und das lustige Pfadfinderbuch ein, sondern auch diesen Liebesroman.

Bald waren die Schlitten vollgepackt und Einar zufrieden.

„Wir schlafen noch eine Nacht in der Hütte, auch wenn es unbequem wird. Aber jetzt ist es zu spät."

Er schloss die Tür zu dem kleinen Schuppen in dem die Schlitten waren und sie gingen gemeinsam zur Hütte. Heute kochten sie beide nicht mehr. Es gab nur noch Trockenfleisch und etwas Brühe vom Vortag. Den Rest der Brühe wollten sie am Morgen mit Zwieback zu sich nehmen. Einar setzte sich nach dem Essen wieder an den Tisch und zündete seine Pfeife an. Erwartungsvoll sah er sie an, während er wartete, dass sie sich zu ihm setzte, wie sie es in der letzten Zeit immer gemacht hatte. Nach getaner Arbeit hatten sie zusammengesessen und sich unterhalten. Doch heute würde er es bestimmt nicht wollen.

Sie wollte sich auf ihr Lager legen, aber er hielt sie auf.

„Reden wir heute nicht miteinander? Bist du noch böse auf mich?"

Sie lächelte ihn an.

„Natürlich nicht! Aber ich dachte, wir gehen früh schlafen."

Er nickte leicht.

„Das wäre bestimmt vernünftig."

Sie legte sich auf die Matte und deckte sich zu. Sie sah zu ihm.

„Wir können trotzdem reden, wenn du willst!"

Er lächelte sie dankbar an. Sie wusste, dass er es vermisst hatte, sich mit jemanden zu unterhalten.

Er lehnte sich zurück und paffte an der Pfeife.

„Ich werde sie vermissen!"

Greta verzog das Gesicht.

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