Chapter 35

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Verwirrt sah er mich an. ,,Was meinst du?", fragte er. Ich lächelte immer noch. ,,Ich weiß, wie du dich fühlst.", gab ich zu und kniete mich, vor ihn, hin. Er sah immer noch irritiert aus. ,,Ach wirklich? Wie fühle ich mich denn?", fragte er dann desinteressiert und auch wenn es so klang, wusste ich, dass er insgeheim Angst hatte, dass ich es herausgefunden hatte.

,,Alleine gelassen. Einsam. Ausgestoßen, nicht wahr?", erwiderte ich gelassen. Er sah mich kurz ungläubig an, zog die Mauer aber wieder hoch. Er öffnete seinen Mund um etwas zu sagen, tat es aber nicht. Anscheinend kam kein einziger Ton raus, denn er wusste, dass ich richtig lag. Er wusste, dass er es nicht mehr leugnen konnte. Er wusste es.

,,Ich kann dir helfen, die Dinge anders zu sehen. Zu sehen, dass es auf der Welt nicht nur böse Menschen gibt. Zu sehen, dass auch Du eine nette Seite besitzt, die du nur verdrängst. Glaub mir, ich weiß, wie es sich anfühlt, ausgestoßen zu werden.", erzählte ich ihm und sah ihn stets in die Augen. Er sah mir auch tief in die Augen und plötzlich bröckelte seine Mauer. Eine einzelne Träne fiel ihm wieder über die Wange und danach folgten mehrere.

Er heulte.

Dieser Anblick zerbrach mir das Herz. Doch das weinen konnte ihn seelisch beruhigen. Es konnte ihn Dampf ablassen. Er konnte abschalten und sich mal so richtig ausheulen. Ich wollte ihn nicht so sehen. Gefesselt und am heulen auf einem Stuhl. Ich zog ein Entschluss. Ich stand wieder auf, ging hinter seinen Rücken und entknotete die Seile. Konfus sah er mich an. Ich hingegen lächelte mal wieder. ,,Warum..?", flüsterte er und rieb sich seine Handgelenke.

,,Weißt du, auch wie schlimm sich die Gerüchte über mich anhören, auch ich verstehe jemanden, der gebrochen ist. Hiermit will ich dir sagen, dass ich dir vertraue, dass du mir nichts tun wirst. Ich hoffe ich werde es nicht bereuen und die Tat, die du getan hast kann ich zwar nicht vergessen, aber ich kann verzeihen und dir einen zweite Chance geben. Vielleicht lohnt es sich ja?", quasselte ich runter und sah ihn freundlich an.

,,Du bist eine gute Luna-Alphin.", ehrte er mich und zog mich, unerwartet, in eine Umarmung, die ich zögernd erwiderte. Wir standen paar Minuten in der gleichen Position und keiner sagte etwas. Wir lauschten unseren Atemzügen und genossen die Zweisamkeit.

,,Komm, Lass ein Kaffee trinken.", schlug ich vor und löste mich langsam von seinem Griff. Er grinste und legte seine Arm um meine Schulter. Jetzt grinste auch ich. Freudig liefen wir aus dem Folter-Zimmer und gingen wieder rauf. Die einzelnen Rudelmitglieder, die in den Fluren herumgeisterten sahen uns geschockt an. ,,Ich glaub, wir sollten meinem Rudel eine Erklärung geben.", sagte ich klein laut und sah zu ihm rauf. Er nickte grinsend und so begaben wir uns in den Besprechungsraum.

Noch war keiner da, was ein Vorteil war. Ich stellte mich auf die 'Bühne' samt Derek und wartete. Nach und nach füllte sich der Raum, bis alle da waren. Einschließlich Ron, Elias und sogar Jace, der verwirrt zu mir und Derek schweifte. Da Ron alles wusste, war er nicht überrascht, aber auch Elias schien ganz normal zu sein. Wahrscheinlich hatte Ron ihn einweiht. Besser so.

Ich räusperte mich. Mein Rudel sah Derek mit wütenden Augen an, aber auch mit ängstlichen. ,,Mein Rudel..", fing ich an. ,,Wie ihr sehen könnt, steht Derek hier-", sagte ich und zeigte auf Derek. ,,- Keine Sorge, er ist ungefährlich, wie eine Ameise!", fügte ich ihn noch hinzu, damit mein Rudel nicht in Panik verlief. ,,Ron und ich werden Derek helfen, zum besseren zu werden und jeder, der es wagt ihn auch nur einmal runterzumachen, kann was erleben! Danke fürs zuhören.", beendete ich meinen Monolog und sah Derek lächelnd an, dann Ron und Elias, aber als ich Jace sah, rutschte meine Miene abrupt runter.

Jace sah mich abfällig an. Als wäre ich etwas ganz abscheuliches. Das setzte mir einen Stich in das Herz. War ich so hässlich? War ich so ein schlechter Wolf? Wieso guckte er mich so an? Was hatte ich getan?

Plötzlich kam mir Derek in den Blickfeld und ich fragte mich, ob ich mich freuen sollte, dass er mich aus dieser traurigen Situation befreit hatte oder doch wütend, weil ich nicht mehr in die braunen, wunderschöne Augen seines Bruders sehen konnte. ,,Alles okay?", fragte mich ein besorgter Derek, dem ich einfach zulächelte und nickte.

Ich sah wieder zu Jace rüber, der leider nicht mehr dort war. Enttäuschung machte sich in mir breit. Ich hatte mehr von ihm erwartet. Naja. ,,Los, Lass uns gehen.", meinte ich dann viel zu viel euphorisch und klatschte in die Hände. Derek sah mich skeptisch an, folgte mir aber auch dann, als ich Absatz kehrt machte. Ich gab noch dem Empfang Bescheid, dass ich nicht mehr in der Hood war und schlenderte trällernd mit Derek raus.

Unterwegs war es still, aber nicht unangenehm, sondern wirklich angenehm still.

In einem kleinen, schlichten Café setzten wir uns auf einen freien Tisch, der soeben frei geworden war. Eine Kellnerin kam zu uns und machte eigentlich nur Derek schöne Augen. Genervt rollte ich die Augen und lenkte Ihre Aufmerksamkeit zu mir. ,,Also wenn sie dann mal fertig wären, meinen Freund anzuschmachten würde ich gerne bestellen.", zickte ich sie an, worauf sie rot wurde.

Das auch billige, Schlampen-Kellnerin vor Scham rot wurden, wusste ich nicht. Derek hingegen lachte leise in sich hinein und beobachtete das ganze amüsiert. Auf ihn werde ich später noch kommen! ,,J-Ja.", stotterte sie. Also gab ich ihr Bescheid, dass sie mir einen heißen Kakao zubereiten soll und so verschwand sie eilig.

Ich drehte mich wieder zu Derek um und erkannte ein arrogantes Lächeln.
,,So, so. Ich bin dein Freund also?", fragte er belustigt. Ich rollte die Augen. ,,Halt bloß die Klappe."

The Great LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt