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Erschrocken stoße ich Felix von mir und wirble herum, sodass ich den Ursprung der Stimme, die uns soeben gestört hat, identifizieren kann. Felix tut es mir gleich, allerdings um einiges gefasster und ohne seine Hand von meinem Hals kurz über der Schulter zu entfernen. Er ist die Ruhe selbst, als er mit einem genervten Seufzer sein Gewicht vom einen aufs andere Bein verlagert und sein Gegenüber mit einer gewissen Überlegenheit und Arroganz argwöhnisch mustert.

Die Temperatur scheint schlagartig um einige Grad gefallen zu sein. Ich fühle mich beobachtet und verurteilt unter dem Blick dieser jungen Frau und winde mich aus Felix' Berührung. Die Art, wie sich die beiden anstarren lässt darauf schließen, dass sie sich sehr sehr gut kennen.

Mir wird schlecht.

"Felix - warum?" Ihre Stimme klingt so lieblich und vorwurfsvoll zugleich. Genau wie ihr wütender und enttäuschter Blick, welcher gerahmt ist von dunkelblonden, zu einem Dutt hochgesteckten, Locken.

Wie ein schüchternes Reh schaue ich zwischen Felix und dem unbekannten Mädchen hin und her, während die Party um uns herum weiter pulsiert. Sie trägt ein kurzes rosafarbenes T-Shirt-Kleid und sieht hinreißend aus. Neben dem schlechten Gewissen, das in mir schlummert, frisst sich so langsam auch der Neid in mir hoch. Sie ist so schön, kennt ihn in und auswendig. Und wer bin ich? Ein naives Mädchen, das sich dachte, es könne mal eben den Sänger von Kraftklub bezirzen und für sich gewinnen - dass ich nicht lache.

"Warum was, hmm?", fährt er sie in scharfem Ton an. "Seit wann bin ich dir für ein Gespräch Rechenschaft schuldig?" Damit meint er mich.

Unbehaglich falte ich meine Hände ineinander und überlege fieberhaft, wie ich mich am geschicktesten aus der Affäre ziehe. Unmöglich kann ich hier neben diesem augenscheinlichen Beziehungsstreit stehen und so tun als wäre nichts. Doch mir bietet sich kein Ausweg, einfach weglaufen scheint eine äußerst dumme Idee zu sein.

Die junge Frau schnaubt verächtlich und sieht dabei immer noch hinreißend aus, die weichen Gesichtszüge stehen im Kontrast zu ihrem eiskalten Blick. Keine Ahnung, wieso Felix sie in erster Linie betrügen und belügen würde.

So unsympathisch, fremd und abgebrüht, wie er es jetzt ist, war er mir nicht einmal bei unserer ersten Begegnung auf der Toilette in dieser Bar. Ich frage mich, wie ich ihn für so nett und liebevoll halten konnte. Dennoch sieht er natürlich auch jetzt unheimlich gut aus, wie er sich lässig mit seiner Freundin streitet. Wo bleibt sein Schamgefühl?

"Mein Güte, merkst du eigentlich nichts mehr?", schreit sie ihn jetzt an. "Heute haben sich einmal alle ein Herz gefasst, haben sich für den verdammten Tourabschluss zusammengerissen und dein bescheuertes Benehmen für diesen einen Abend verdrängt und du ziehst schon wieder so eine Nummer ab! Dass du dich nicht einmal, um des lieben Friedens Willen, zurücknehmen kannst, ohne ständig allen in den Rücken zu fallen. Aber das wäre ja zu viel verlangt, den Sinn für die, die dich eigentlich lieben, hast du schon lange verloren.

Die Jungs... wir halten das nicht mehr aus, ich halte das nicht mehr aus. Es ist als würde ich dich nicht mehr kennen, wie konnte ich jemals mit dir unter einem Dach wohnen?"

Falls das überhaupt möglich ist, schaut Felix das Mädchen noch arroganter an als vorher. Sie hat ihn so in die Enge getrieben, dass er niemals etwas zugeben würde. So schätze ich den Blondschopf zumindest ein, als er sich verteidigt.

"Was bildest du dir überhaupt ein, so über mich und die Jungs reden? Das ist einzig und allein unsere Sache. Ja, vielleicht bin ich momentan ein klein wenig anstrengend, aber es ist ja nicht so, als wäre das nicht jeder von uns schon mal gewesen. Und nur, weil ich mich eben nicht zuhause einsperre und einen riesigen Act draus mache, so wie Steffen es tun würde," lacht Felix höhnisch, "heißt das nicht, dass ihr mich einfach ignorieren müsst. Aber das war ja schon immer so, nach mir fragt keiner." Felix schnaubt lautstark und lässt damit für kurze Zeit alle Anwesenden verstummen. "Mir geht's nicht gut, aber ich krieg das wieder hin, alleine, so wie ich das schon mein Leben lang tue. Und dafür brauche ich nicht an jeder Ecke Aufpasser, weder dich noch sonst irgendwen."

Mit erhobenem Kinn und sichtlich verletztem Stolz verlässt Felix durch den Raum schreitend seine Bühne. Man könnte es als einen grandiosen Abgang bezeichnen, wären da nicht die zu Fäusten geballten Hände, die vor Wut glänzenden Augen und Steffens eindringliche Worte, bevor Felix die Türe mit einem Knall hinter sich schließt.

"Du führst dich auf wie eine Hure, Felix. War ja klar, dass du all die Scheiße, die du verzapfst, auf die anderen schiebst.
Aber wenn du morgen noch einmal dieses Interview mit der Juice vertröstest, dann kannst du beim Kino anfragen, ob die ihren Eisverkäufer wieder brauchen. Wir tun das nämlich nicht.

Ach und Felix - hör doch auf, unsere Fans da mit reinzuziehen. Das arme Mädel."

💥 Hui, that escalated quickly.💥
Ich hoffe ihr seid mir nicht böse, dass ich unsere Lieblingsband hier so auseinander reiße, aber es ist ja alles Fiktion.

Das Kapitel ist so kurz, weil ich es "thematisch rein" halten wollte.

Küsse von mir an euch:)

Hallo Nacht. [Kraftklub]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt