Hallo Nacht. [Kraftklub]

XVI

Quelle: https://www.dasding.de/events/festivals/southside/2018/Southside-2018-Kraftklub-beim-Southside-Abriss-Abriss-Abriss,kraftklub-bildergalerie-100.html (26.06.18, 22:38)

Nachdem wir bei Philipp unser Mittagessen beendet haben, geht es direkt zu Felix in die Wohnung. Ehrlich gesagt hatte ich erwartet, in die weltberühmte Schummer-WG Einblick zu bekommen, doch anscheinend ist diese sagenumwobene Wohnung Geschichte. Stattdessen lebt Felix alleine in einer Zwei-Zimmer-Wohnung mit Balkon. Meine Sachen habe ich bereits im Wohnzimmer abgestellt, in dem ich wohl auch schlafen werde.

Ich bin gerade damit fertig, mich im Bad frisch zu machen, als es an der Tür klopft. "Hey, meine Leute wollen sich heute Abend treffen und was trinken gehen, wir sollten mitkommen und euch einander vorstellen!"

Um ehrlich zu sein habe ich alles andere als Lust dazu. Vielmehr fürchte ich mich davor, seine Freunde kennen zu lernen. Ist es dafür nicht viel zu früh? Felix und ich kennen uns doch selbst nicht einmal, da ist eine Zusammenkunft bei weitem nicht angebracht. Das traue ich mich natürlich nicht zu sagen und rufe stattdessen "klar, klingt gut" zurück und füge hinzu, "ich hab's dann auch sofort."

Als ich in den Flur komme, wartet der Blondschopf bereits auf mich und grinst sein typisches Grinsen. Direkt fangen einige Schmetterlinge in meinem Bauch an, aufgeregt mit den Flügeln zu schlagen. Ich lächle leicht zurück, während Felix langsam auf mich zukommt und vorsichtig meine Nase mit seinem Finger anstupst. Unmittelbar fängt mein Puls an zu rasen, denn das ist seine erste zärtliche Berührung seit ich in Chemnitz angekommen bin. Mein Atem ist etwas zittrig als ich mich endlich traue zu ihm aufzuschauen. Was sieht er auch so unglaublich schön aus! Selbst das Muttermal an seinem Kinn scheint ein Kunstwerk zu sein. Ich bilde mir ein, dass Felix sich etwas zu mir herunterlehnt, sodass sich unsere Gesichter immer näher kommen. Doch mit einem Ruck richtet er sich plötzlich wieder zu seiner vollen Größe auf und räuspert sich.

"Ich dachte mir wir fahren heute zum Stausee, damit du den auch mal siehst, wenn du Banause noch nie auf unserem Festival warst. Außerdem kann ich dir dann zeigen, was wir uns gerade für das nächste Kosmonaut so alles ausdenken. Wir haben da nämlich so einiges geiles in der Pipeline."

Obwohl ich von unserem Fast-Kuss noch etwas vor den Kopf gestoßen bin, gluckst es in mir vor Glück. Das, was Felix gerade gesagt hat, klingt ganz danach, als wolle er mich in sein Leben einweihen und mich nicht nur weiter hinhalten und in Rätseln sprechen. Es klingt so, als würde er mir Dinge anvertrauen, die ich nicht ausplaudern dürfe. Es klingt, als würde er mir ein winziges Bisschen vertrauen und das fühlt sich gut an.

Den Rest des Tages verbringen wir also am Stausee Rabenstein, wo mir Felix haargenau erklärt, wo welche Bühne, welcher Stand und welches Bisschen Deko hinkommen soll. Ich bewundere ihn für seine Begeisterungsfähigkeit und lasse mich von seinem lebhaften Wesen immer mehr in den Bann ziehen. Es ist ein wahr gewordener Traum, mit meinem Schwarm an diesem See zu stehen und ihm zuhören zu dürfen, wie er von Dingen erzählt, in die er sein Herzblut reinsteckt. Immer wieder funkeln seine Augen auf und er streckt seinen Arm aus, um mir etwas Neues zu zeigen. Ich hänge gebannt an Felix Lippen und frage mich, wann ich sie wohl das nächste Mal küssen darf.

Gegen Abend fahren wir wieder zurück in die Stadt, ich am Steuer von Tills Auto, das Felix für den Tag organisiert hatte, und holen uns bei einem Lieferservice Pizza, die wir bei ihm zuhause essen können.

Langsam bin ich richtig aufgeregt. Ich sitze auf dem Sofa im Wohnzimmer und mümmle an meiner Pizza herum, während der Kraftklubsänger sich stylt und etwas klubtaugliches anzieht. Das Prozedere wird mir auch noch blühen, allerdings will ich mich zuerst zu etwas zu essen zwingen, damit ich für heute Abend eine solide Grundlage habe. Denn je länger ich warte, umso nervöser werde ich und umso unwahrscheinlicher wird es, dass ich auch nur noch einen Bissen herunter bekomme.