Meine Augen tun weh, vom langen Wachbleiben. Ich habe seit über 24 Stunden kein Auge zubekommen: Als ich heute Morgen auf dem Nachhauseweg war, fand ich Eddie auf einer Parkbank unweit seines Hauses sitzen. Und wie es sich für eine gute Freundin gehört, habe ich angehalten und gefragt, was los sei. Er nahm mich mit auf die Veranda der Kaspbraks und erzählte mir, was genau passiert war. Den ganzen Tag war ich bei ihm, er erzählte mir, was er dachte, und ich gab mehr oder weniger gute Ratschläge. Irgendwann wusste ich nicht mehr weiter, und schlug vor, zu Bill zu fahren. Also taten wir das.
Jetzt sitzen wir hier im Dreieck auf Bills Bett. Eddie nimmt ein Taschentuch aus der Packung, die immer in seiner hinteren Hosentasche ist, und schnäuzt kräftig hinein. Er sieht wirklich schrecklich aus. Bill und ich beobachten, wie er stumm das Taschentuch zusammenknüllt und in den Mülleimer wirft. „W-W-Was ist de-de-denn jetzt los?", fragt Bill. Eddie sieht in schief an. „Was los ist? Mein bester Freund küsst mich an Neujahr, ich reagiere über und ignoriere ihn seitdem komplett; ich fühle mich schrecklich dafür, dass ich so sauer auf ihn bin, denn immerhin ist er mein bester Freund... Ich will mich nicht mit ihm streiten. Und die Sachen, die ich gesagt habe, tun mir leid. Ich- ich will doch einfach nur dass das alles aufhört..." Er starrt nach unten auf seine Fingernägel. Bill schaut mich an, und ich zucke mit den Schultern. „V-V-Vielleicht solltest du i-ihm das sagen. Al-al-allgemein solltet ihr dr-dr-dr-..." „Drüber reden.", beende ich Bills Satz. Eddie nickt. „Aber ich will ihm nicht alleine gegenüberstehen... Ich habe zu sehr Angst vor seiner Reaktion." „Sollte Richie nicht derjenige sein, der Angst vor der Konfrontation hat? Er war schließlich der Auslöser für diese ganze Sache. Und nur damit du's weißt: Es macht ihn mindestens genauso fertig wie dich." Ich lege ihm eine Hand auf die Schulter. „Wirklich?" Er schaut mich an. Ich nicke. „E-E-Er hat geweint, E-E-Eds. Und das w-w-will was heißen.", fügt Bill hinzu. Ich nicke. „Im Ernst? Wow." Eddie kratzt sich am Hinterkopf. „Okay, Leute. Ich rede mit ihm. Aber wie gesagt: Alleine will ich nicht gehen- kann irgendwer morgen Vormittag mit zu ihm kommen?" Bill schüttelt den Kopf. „I-I-Ich habe Samstags do-doch immer um n-n-neun Spra-Spra-Sprachthe...rapie." „Ich kann mitkommen, Eddie. Okay?", sage ich und Eddie nickt nur stumm.
Am nächsten Morgen stehe ich ungeduldig an der Straßenecke, wo ich mich mit Eddie treffen wollte. Ich schaue immer wieder die Straße hinunter, doch von ihm ist immer noch nichts zu sehen. Kneift er etwa? „Bev!", höre ich eine Stimme rufen. Ich schaue die Straße hinunter, wo ich Eddie sehe, der auf seinem Fahrrad den Asphalt runterbrettert. Ich winke. „Hey, Eddie!" Er schaut auf. Als er mich erkennt, lächelt er unsicher und zieht schlussendlich neben mir die Bremse. „Wie geht's?" „Könnte besser sein.", sagt er resigniert. „Ich verstehe nicht so ganz, wieso du jetzt solche Angst davor hast, mit Richie zu reden.", sage ich, als wir unsere Räder nebeneinander herschieben. „Ich auch nicht. Ich habe glaube ich Angst, dass er mich jetzt hasst." „Wieso sollte er dich hassen?", frage ich und kratze mich am Kinn. „Weil ich ihn ignoriere und so..." Eddie verstärkt seinen Griff um seinen Fahrradlenker. Ich schaue wieder geradeaus auf die Straße, an deren Rand noch kleine Pfützen vom Regen gestern in die Kanalisation fließen. Bei dem Gedanken an die Kanalisation läuft mir ein Schauer über den Rücken.
„Klingel du mal bitte." Eddie lehnt gegen einen Balken der Veranda. Kurzerhand drücke ich also auf den Klingelknopf und trete einen Schritt zurück. Eddie knetet seine Finger. „Er wird mich sicher nicht hassen?", fragt er unsicher. Ich drehe ihm meinen Kopf zu. Ich setze zum Sprechen an, in dem Moment werde ich jedoch von Richies Mutter unterbrochen, die die Tür schwungvoll aufreißt. „Guten Tag, Mrs. Tozier...", beginne ich. „Ja ja, schon kapiert. Richie ist in seinem Zimmer." Sie tritt einen Schritt zur Seite und lässt uns somit ins Haus. Richies Vater werkelt etwas am scheinbar kaputten Fernseher herum und schaut nicht auf, als Eddie und ich die knarzenden Stufen nach oben betreten. „Ihr seid beste Freunde, und beste Freunde lassen sich von sowas nicht auseinanderbringen!", flüstere ich nach hinten. Eddie trottet mir mehr oder weniger motiviert hinterher. „Jetzt du." Ich deute auf Richies Zimmertür. „Ich bleibe hier draußen." Ich setze mich neben den Türrahmen auf den Boden und ziehe meine Beine heran. Zögernd klopft Eddie an die Tür. „Mum, ich habe keinen Hunger!", ruft Richie von drinnen. „Ich b-bin es, Richie." Stille. Ich flüstere „Nun geh schon rein, meine Güte!", und wedele mit meiner Hand Richtung Tür. Eddie schluckt einmal schwer und drückt dann die Klinke herunter.
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welcome to the losers' club // abgebrochen
FanfictionSieben Kinder, ein Geheimnis. Sie teilen eine Erfahrung, ein Trauma, etwas, dass niemand Anders auf der Welt weiß. Doch das Leben geht weiter, keiner fragt. Ein Leben nach dem Kampf, in ein neues Jahr, ein besseres Jahr. Oder? ~ Billy, Beverly, B...