Wiedersehen auf der Teeparty

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Sie zögerte ganz kurz, erwiderte dann die Geste und nahm die Hilfe entgegen. Ohne ein weiteres Wort huschte die Person wieder davon, kam jedoch nur ein paar Meter weit und ließ sich dort auf die Knie fallen, den Kopf auf den Boden gepresst. Die Gruppe schaute verwundert, wie ein Hahn gemächlich quer über den Pfad schlenderte. In der Mitte blieb der Gockel stehen, plusterte sich auf und pickte ein wenig herum. Man hörte Nigel, der verzweifelt prustend einen Lachanfall unterdrückte. Kaum hatte sich Herr Hahn dazu bequemt im Gras zu verschwinden, richteten sich der Diener und die Ninjas auf. Als sei nichts weiter geschehen, gingen sie auf das Landhaus der Wongs zu.

In dem mit Holz ausgelegten Türbereich reichte man ihnen Hausschuhe und wies sie an, die eigenen auszuziehen. Doch auch hier wurden sie zunächst aufgehalten: Ein Schwein stand mitten im Rahmen, beäugte die Neuankömmlinge und machte keine Anstalten die Gäste hereinzulassen. Sofort eilte jemand herbei und versuchte das Hindernis mit einer dicken Rübe fortzulocken. Es dauerte geschlagene zehn Minuten, bis sich die Sau mit herablassendem Grunzen zu einem Snack überreden ließ und dem Futter folgte.

Das Stimmengewirr drang bis in den Flur. Schatten bewegten sich hinter den dünnen Papierwänden. Ein kniender Diener schob einen Teil der Wand zur Seite und kündigte die Besucher an. Sofort trat Stille ein, als lauschte man dort angestrengt auf die Schritte und das Pochen von Ylaines Gehstock. Renoir trat zuerst ein und verschwand nach einer Verbeugung im Raum. Der Rest folgte, die Ninjas blieben zurück.

Viele Augen tasteten sie ab, erwartungsvoll, berechnend, hoffnungsvoll und skeptisch. Um den niedrigen Tisch auf Kissen gebettet saßen der Bürgermeister von Cruk (wie auch immer er aus der Wall-Halle entfliehen konnte), ein Paar mit der Stammeskleidung der Ureinwohner (sie wirkten finster ernst), die beiden Oberhäupter der Wongfamilie (sie hätten ohne Probleme als greise Statuen durchgehen können) und direkt daneben die vielleicht größte Überraschung: Die Zeremonienmeisterin der Erzählerschule.

Sie nickte Ylaine selbstgefällig zu. Die Erzählerin erwiderte den Gruß leicht irritiert, bevor sie den Rest der Versammlung begutachtete. Der zwielichtige Piratenkapitän hockte neben einem unbekannten Technologiefreak, der sich bei näherem Hinschauen als Frau entpuppte, allerdings mit ziemlich burschikosen Zügen. Teeschälchen wurden verteilt und emsige Diener schenkten den Gästen ein. Das Greisenpaar hob das Porzellan mit beiden Händen an, lächelte freundlich in die Runde und nippte synchron an dem dampfenden Gebräu. Höflich ahmte die Versammlung die Geste nach. Doch Mephisto, der direkt neben Ylaine saß, prustete plötzlich und spuckte aus, was er im Mund hatte.

„Pfui, das Wasser ist getrübt,

die Hexe macht 's nicht bittrer.

So scharf, den Gaumen es verbrüht!

Fliegendreck und Sturmgewitter!"

Auch die Zeremonienmeisterin verzog angewidert das Gesicht, schluckte aber tapfer und schob die Schale mit einer gezierten Geste von sich. Die Wongoberhäupter blickten einander resigniert an und orderten eine Karaffe klaren Wassers. „Und richtet dem Verantwortlichen aus, dass dieser Versuch erbärmlich und vollkommen undurchdacht war. Wenn er uns ablösen will, soll er sich doch bitte etwas anderes überlegen, aber nicht jetzt. Dafür ist die Situation zu ernst."

„Das war Gift?", platzte Nigel in die betroffene Stille. „Ah, der Ausländer, nehme ich an", stellte Großvater Wong fest, der sich selbst gerne Pa-Te nannte. „Mach dir keine Sorgen. Es handelt sich nur um theoretisches Gift, genauer gesagt: Pfeffer. Mord ist schließlich verboten. Da man aber dem Nachwuchs die Gelegenheit geben will, die eine oder andere Sprosse auf der Karriereleiter schneller zu erklimmen, haben wir uns dieses lustige Spiel ausgedacht. Wer feststellt, dass es im Mund schärfer wird als gewöhnlich, scheidet aus der Hierarchie aus und genießt sozusagen seine Rente."

Seine Frau Pa-Tin schaltete sich neckisch zwinkernd ein: „Es war bestimmt Muhdab. Unser Schwiegersohn, müsst ihr wissen, ist mit den Feinheiten noch nicht so richtig vertraut. Er macht Fortschritte, ist aber noch recht planlos. Ich an seiner Stelle hätte es mit der Haftcreme für unsere Zähne versucht."

Einige Anwesende schauten betreten auf ihre dampfenden Tassen, doch Mephisto, nachdem er die halbe Karaffe geleert hatte, schüttelte sich vor Lachen.

„Es scheint, meine verehrte Dame

wir sind soeben hingeschieden.

Doch schließt der Tod nicht seine Arme

müssen wir die Geister mimen!"

„Nun hör auf mit deinen dummen Sprüchen Lennert! Die waren schon zu deiner Schulzeit nicht halb so geistreich, wie die deines Vorbilds", spottete die Zeremonienmeisterin. Der selbsternannte Höllenfürst verzog die Miene zu einer fiesen Fratze und konterte: „Nenn mich nie wieder so, Agatha!"

Im gleichen Augenblick, in dem die frivole Streiterei in Fahrt kam, öffnete sich erneut die Türe. Diesmal wurde ein Rollstuhl hineingeschoben. Brandnarben im Gesicht ließen erahnen, wie der Rest des Körpers aussah. Unter der blauen Perücke schaute noch ein Stück weißen Verbandes hervor. Nur die Augen waren immer noch dieselben aufgeweckten, auch wenn es ihnen an Wimpern und Brauen fehlte. Ylaine erhob sich wortlos von ihrem Platz. Der leicht geöffnete Mund ließ keinen Ton heraus. Die Hände bebten, umklammerten den Stock mit weiß hervortretenden Knöcheln. Ein Schritt... vor den anderen und dann blieb sie vor ihr stehen. Das Zittern breitete sich in sanften Wellen aus, die über die Ufer ihrer Augen traten. Schwerfällig hob sich eine vernarbte Hand und griff ebenso bebend nach Ylaines, legte sie vorsichtig auf ihre.

„Tut mir leid, aber die Zeit arbeitet nicht unbedingt für uns", mahnte der Pa-Te, „und sie ist noch zu schwach, um lange bei uns zu bleiben. Deshalb sollten wir uns schnellstens anhören, welche Hinweise sie für uns hat und ihr dann wieder ihre Ruhe gönnen. Du kannst später kurz bei ihr vorbeischauen." Ylaine nickte, rührte sich aber erst, als jemand sie sanft am Arm zog. Majorana begann zu sprechen, leise und mit kratziger, vom Rauch geschädigter Stimme. Ihre kurze Geschichte begann mit der Inszenierung der Prüfungsgeschichte.

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Liebe Mitfiebernde!

Ich möchte euch an dieser Stelle wundervolle Weihnachten wünschen (oder was auch immer ihr stattdessen feiert). Außerdem vielen Dank, dass ihr Woche für Woche in die Welt Epiens eintaucht.

Liebe Grüße, Eure Redbandninja

FederlesenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt