Zwei Fronten

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Es war ein kühler Morgen.
Wispernd tanzte der Wind durch die Blätter, welche wie goldene Funken in der Morgensonne leuchteten. Bald, so fürchtete er, würde der Winter in den Wald einziehen und ihre Kriege auf allen Fronten würden ihn nicht leichter machen.
Thranduil drückte sein Siegel auf den Brief und winkte einem Diener mit der Hand, der das feine Pergament entgegen nahm. Der Knecht eilte mit leisen Schritten aus dem Raum.
Der König von Eryn Lasgalen lehnte sich müde zurück. Der einkehrende Winter machte ihm mehr als nur eine Sorge. Auch wenn, Legolas‘ Meldungen zunach, der Krieg mit ihrem Nachbarreich zumindest eine kurze Pause erhielt, mussten sie nun gegen die Feinde der Menschen und des Peredhil kämpfen. Zehnmal lieber würde er den Krieg im eigenen Heim weiterführen, denn wer auch immer in dieser alten Festung saß, hatte bis jetzt keinen Einfluss in seinem Reich genommen. Der Wunsch der Vergeltung, allerdings, würde weder ihm noch seinen Söhnen abhanden gekommen sein.
Es wunderte ihn, warum Legolas die feurige Begierde nach dem Krieg im Nachbarland verlassen hatte. In jedem Kampf der letzten zwanzig Jahre hatte er alles gegeben und oft hatte er jüngeren Gefangenen den Tod erspart, um von ihnen alles vom Militär des Feindes herauszufinden.
Natürlich, so wusste der König, konnte es irgendein Soldat gewesen sein, der dem jungen Prinzen das Leben entrissen hatte, aber Legolas meinte felsenfest, das kein normaler Soldat einen Prinzen töten würde, ohne das man den Triumph des Heeres gehört hätte. Ein normaler Rekrut hätte ein Triumphgeheul veranstaltet und schon vor dem Ende der Schlacht hätte man von dem Tod des jüngsten Prinzen gewusst.
Legolas hatte immer felsenfest darauf bestanden, dass es jemand mit voller Absicht auf seinen Bruder abgesehen hatte. Er würde wohl nie aufhören, bei allen Soldaten der Moreldar nach dem Mörder zu fragen. König Thranduil hatte nie wirklich gewusst, was er von dieser Theorie halten soll.
Warum sollten die Moreldar sich auf einen Prinzen konzentrieren? Sie brauchten keine Feindseligkeit entfachen, sie waren doch schon lange in einem Krieg...
Die einzige Idee, die er eventuell hatte war die Rache für den ältesten Prinzen des feindlichen Volkes, der auch in einer Schlacht gefallen war.
„Euer Gnaden!“
Mit einem Ruck fuhr der König aus seinen Gedanken.
Einer der Wachen stand an der Türschwelle und verneigte sich. Thranduil stand auf und deutete dem Elb in Rüstung, sich zu erheben.
Er fragte: „Was ist?“
Die Wache erwiderte ergeben: „Majestät, euer Sohn kehrt nach Hause.“
Was, schon so bald? Legolas war doch erst gestern losgeritten.
„Welcher Sohn?“, erkundigte sich der König
Der junge Mann der Palastwache antwortete: „Euer ältester Sohn Crabanion, euer Gnaden.“
Thranduil hob verwirrt die Augenbrauen. Warum kam Crabanion ohne seinen Bruder nach Hause?
Er nickte der Wache zu und verließ ohne weitere Worte den Raum.
Eilig lief er durch die Gänge, das strahlende Leuchten der Sonne auf den dunklen Säulen der Gänge ignorierend. Nur leise hörte man seine Schritte auf dem marmornen Boden.
Plötzlich trat eine Wache aus dem Schatten. Thranduil fuhr zusammen. Zugleich zog er ärgerlich die Brauen zusammen.
War er schon so alt, dass er sich um seine Augen Sorgen machen musste?
Die Wache verneigte sich und sprach verlegen: „Euer Sohn, euer Gnaden, wartet im Thronsaal auf Euch.“
Im Thronsaal?! Ärgerlich schnaubte der König. Wer hatte ihn den dort hinbestellt?
Der Monarch trat mit erhabenen Schritten in den prächtigen Thronsaal. Die Sonne ließ den Marmorboden strahlen wie ein Meer aus Kristallen. Wie dunkle Bänder schlängelten sich dicke, hölzerne Säulen die Wand hinauf und schlangen sich auf der weit entfernten Decke ineinander. Gegenüber dem prächtigem Tor stand sein Thron.
Einige Stufen führten zu ihm, dem kunstvollen Werk aus verschlungenem Holz,  welches sich herrlich über dem wunderschönen Saal erhob.
Der Saal war voll mit ihm komplett unbekannten Soldaten. Da und da meinte er Söhne von verschiedensten Adelsfamilien zu erkennen. An ihrer Spitze stand sein ältester Sohn, Crabanion.
Sein helles Haar war mit Staub bedeckt, wie auch sein Gewand. Thanduil hob verwundert die Augenbrauen. Der Junge musste doch wissen, dass er nicht so vor den König treten sollte. Doch dies war es nicht, was den König stutzen ließ und Sorge seinem Herz weckte. Es waren die Augen seines Ältesten.
Wie eisiges Feuer brannten sie, ein Schmerz und eine Wut.
Doch sein Ältester nahm keine Notiz von seiner Sorge und verneigte sich.
Dann sprach er kurz: „Euer Gnaden.“
König Thranduil neigte kurz seinen Kopf: „Crabanion. Hast du ein dringendes Anliegen, wenn du so vor mich kommst?“
Das musste er fast haben, so hätte er nicht eine Horde Adeliger vor seinem Thron stehen.
„Ja, Euer Gnaden, das habe ich.“
Crabanion trat vor, sein seltsamer Blick traf des Königs Augen.
„Ich habe gehört, mein geliebter Bruder habe Euch überzeugt, den Überfall auf eines unserer Dörfer nicht zu rächen.“
Thranduil runzelte die Stirn. Wie kam er denn auf das?
Er antwortete: „Legolas meinte, er wisse aus vertraulicher Quelle dass-“ „Dass der Angriff von den Duathaquendi sei, ein Volk, von dem jedes Kind weiß, dass es nicht mehr existiert.“
Thranduil verkniff zornig die Lippen. Was wagte es sein Sohn, ihm ins Wort zu fallen?
Der König antwortete mit kaum verhohlener Schärfe: „Du weißt ganz sicher nicht, was existiert und was nicht existiert. Außerdem können wir die Moreldar nach einem Friedensvertrag nicht angreifen.“
„Ach wirklich“, knurrte Crabanion bitter, „in der Liebe und im Krieg ist ja bekanntlich alles erlaubt. Sie haben sich auch erlaubt, ein Massaker in einem hilflosen Dorf anzurichten.“
Thranduil seufzte tief und sah seinen Sohn an. Was bei Eru war in ihn gefahren?
„Wir haben keine Beweise, Crabanion“, knurrte er.
Crabanion warf ihm einen eigenartigen Blick zu: „Die haben wir Majestät.“
Beweise?! Die Verwirrung in Thranduil wuchs. Legolas hatte geschworen, dass die Moreldar das alles nicht angerichtet hatten. Sein zweiter Sohn täuschte sich so gut wie nie?
„Seht!“
Crabanion hatte seine Hand ausgestreckt und hielt ihm eine Art Pergament hin. Thranduil nahm es entgegen und sah neugierig darauf hinunter. Mit dunkler Tinte waren Worte auf das Blatt geschrieben, doch wie er verwirrt bemerkte, gab kaum eines davon nur Sinn.
Der König sah seinen Sohn fragend an: „Was ist das?“
Der Prinz antwortete erregt; „Das fanden wir im zerstörten Dorf. Die Worte sind ohne Sinn, doch ich habe sie entschlüsselt. Teile wie Heimat, veehren und Die, verstanden wir. Ich denke“, Crabanions Augen bohrten sich in seine, „es ist moreldirischer Akzent.“
In Thanduil schoss ein heller Strahl der Wut in die Höhe. Konnte es wirklich sein…
„Raus hier“, rief er lauter als nötig.
Die Schritte der Adeligen, die hinauseilten, klangen in seinen Ohren.
Nur Crabanion blieb starr vor ihm stehen.
„Was soll das? Was willst du eigentlich?“, knurrte er. Wollte sein Sohn sie alle wirklich zwingen, im Winter an zwei Fronten zu kämpfen? Wenn er vor diesen Adeligen bewies, dass die Moreldar ihr Volk attackiert hatten, hatte Thranduil keine Wahl, als den Friedensvertrag zu brechen.
„Vater“, sprach sein Sohn eindringlich, „gebt mir einen Teil euer Armee und ich mache dieses Land dem Erdboden gleich!“
Thranduil schüttelte den Kopf. Wie sollte das gehen?
„Crabanion. Wir haben einen harten Winter vor uns und bereits einen Krieg in Angmar zu führen. Du. Lässt. Dieses. Land. In. Ruhe.“
Crabanion wirkte kurz so, als hätte er ihn geschlagen.
Dann meinte er kalt: „Was hält eurer Land davon, dass ihr seine Feinde in es eindringen lasst, während ihr euch ein paar Orktrupps widmet, die Tagesmärsche von ihm entfernt sind. Diese Männer“, er wies zur Tür, „sind Bastarde und zweite Söhne aus den Adelshäusern des Landes. Wir werden uns weiterhin unseren wahren Feinden widmen.“
Mit diesen Worten ließ ihn sein Sohn einfach stehen.

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