»Fangen Sie an, wann immer Sie dazu bereit sind. Am besten sofort.«
Aizawa lehnte sich auf der Couch zurück; so schlimm konnte die ganze Sache doch nicht sein, dachte er. L war doch so emotionslos, da konnte er doch bestimmt auch mit ein paar Schmerzen klar kommen.
»Um die ganze Geschichte kurz zu fassen, ein mir gut bekannter Mörder, der mir eigentlich sehr ähnlich sieht, wollte mich (höchst wahrscheinlich) umbringen. Aber das hat nicht so geklappt, wie er es sich vorgestellt hat.«
L log nach Strich und Faden. Es war ja immerhin ungefähr die halbe Wahrheit, aber da war noch was. Light hatte er auch nicht die Wahrheit erzählt. Dieser wäre durchgedreht, wenn L die ganze Wahrheit erzählt hätte. Das war seine Sache, das ging niemanden was an. Er musste einfach nur den Schmerz für sich behalten und Lügen erzählen. Das war doch einfach. Light nahm die Lüge so hin, ihm war klar, dass L vor den Ermittlern nicht das erzählen wollte, was er ihm erzählt hatte. Das war doch natürlich. Es war schließlich Ls Privatsache. L hatte ihm die Wahrheit erzählt, weil er ihm vertraute. Aber war das wirklich so? Verdammt, alles war zu kompliziert für Light. L könnte ihn schließlich auch in allem belogen haben und hätte ein Geständnis von Light, dass er dieser Kira war. Aber wenn dem so wäre, hätte L ihn doch bestimmt schon verhaftet. Light musste auf L vertrauen. Auf dessen Ehrlichkeit und aufrichtige Liebe. Und sein Gespür sagte ihm, L war in ihn verliebt. Punkt. Aber er spürte auch, dass irgendwas nicht stimmte.
»Also hat Sie ein staatlich bekannter Verbrecher angegriffen. Dürften wir auch den Namen erfahren?«
Ungerührt sah Aizawa ihn an.
»Natürlich. Er heißt Beyond Birthday und hat drei uns bekannte Morde in Amerika begangen. Ich vermute, dass er noch mehr getötet hat.«
L wiegelte langsam in seine alte Emotionslosigkeit zurück; sie würden niemals alles erfahren. Nicht mal er selbst wollte sich an alles erinnern.
»Waren das nicht diese, ähh, Strohpuppenmorde?«, fragte Soichiro Yagami vorsichtig, der den Medienrummel um die Mordserie in Amerika teilweise mitbekommen hatte. Diese Morde waren schrecklich gewesen. Was könnte dieser Mörder mit L angestellt haben? Dem Freund seines Sohnes. Dieser Kerl hatte sogar eine zwölfjährige getötet, er war ohne Zweifel skrupellos.
»Ja, das waren die Strohpuppenmorde. Ich habe damals in dem Fall ermittelt, weil ich wusste, dass er allein der Mörder sein konnte.«
Stille. Alle sahen ihn verwundert an.
»Und woher wussten Sie es?«, fragte Aizawa. Er fand, dass L zu sehr mit seinen mentalen Fähigkeiten angab.
»Er war kurz vorher aus einer, sagen wir, Anstalt geflohen. Das erste Mordopfer hatte die Initialen BB. Genau wie Beyond Birthday. Das hätte jeder, der über die derzeitigen Umstände bescheid wusste, herausgefunden.«
»Aha. Und Ihre Narben? Was hat er getan und wieso?«, bohrte Aizawa weiter nach.
»Was denken Sie sich eigentlich!?«, brüllte Light auf einmal. L litt unter den Fragen, das spürte er. Und dieser Kerl hatte einfach weiter gefragt. Er musste doch auch mal merken, dass diese Fragen, alle auf einmal, zu viele für L waren. Zu viel für jeden Menschen, der so etwas erlebt hatte.
»Diese Frage geht zu weit! Merken Sie denn gar nichts mehr?!«
Er nahm Ls Hand in seine und drückte sie fest. Doch dieser schob Light nur zurück und löste sich von ihm.
»Ist schon okay. Es könnte vielleicht wichtig für die Ermittlungen sein.«
Er wandte sich den übrigen Ermittlern zu.
» Wieso, weiß ich nicht, aber er hat schon seine Spuren auf mir hinterlassen.«
Aizawa nickte.
»Zeigen Sie doch mal«, bohrte er wieder weiter.
Der Rest saß nur verwirrt und geschockt da. Soichiro fand, dass sein Gefolgsmann sich einfach nur unmöglich verhielt. L war auch nur ein Mensch, er konnte fühlen und war wie alle anderen auch. Fragen konnten weh tun. Schulterzuckend zog der Detektiv sein weißes Shirt hoch und entblößte damit die leicht schwarz schimmernden, präzisen Narben, die sich über seinen dürren Oberkörper erstreckten. Seine bleiche Haut stand in großem Kontrast zu den Blessuren, die dadurch noch mehr hervor stachen.
»Genügt dieser Einblick?«
L zog sein Shirt wieder herunter und die schrecklichen Erinnerungen, die diese Narben hervor riefen, verschwanden langsam wieder. Er würde niemandem erzählen, was wirklich passiert war. Das tat zu sehr weh. Es war doch so gut wie vergessen.
»War der Schmerz erträglich?«, fragte Aizawa nun etwas sanfter, da ihm sein Verhalten etwas peinlich war. Er hatte eben keine gute Meinung von L, ihm waren einfach mal die Pferde durch gegangen.
»Natürlich waren sie erträglich. Unerträglich würde heißen, dass ich daran gestorben wäre. Bin ich aber nicht, also kann es nicht unerträglich gewesen sein. Und selbst wenn ich gestorben wäre, was kümmert es mich dann noch? Dann wäre ich ja tot und könnte keine Schmerzen mehr wahrnehmen«, sagte L genervt. Mitleid war nun mal nicht seine Abteilung; weder es zu geben, noch es zu bekommen.
»Damit haben Sie wohl recht...«
Etwas beschämt sah Aizawa zu Boden; er hatte L ganz klar verletzt. Ein bisschen Mitleid hatte er ja doch mit diesem, er war einfach zu grob gewesen. Light nahm Ls Hand wieder in seine und sie setzten sich auf ihren jeweiligen Stuhl bei den technischen Gerätschaften.
Soichiro schaute den Detektiv geschockt an; das hätte er nicht erwartet. Auf einem Computerbildschirm ploppte eine Nachricht auf. Erschrocken sahen alle auf den leuchtenen Bildschirm und Light klickte auf das Nachrichtenportal.
Die Nachricht lautete folgender Maßen:Ryuzaki,
in der Nähe deines derzeitigen Hotels liegt laut Netzwerk eine Leiche. Ich hab mich selbst überzeugt, es ist auf jeden Fall Beyond Birthday. Sieht übel aus. Die Polizei wird ihn bestimmt bald finden, aber ich wollte dich schon mal drauf vorbereiten.
Aiba
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What is that!?
FanfictionLight Yagamis Vater bekommt eine SMS, die ihn zum Link eines Bildes führt und ist schockiert: Hat sein Sohn etwa was mit L?! Außerdem folgt der Link einer Fanfiction, die für noch mehr Aufregung sorgt. Sein kleiner Light soll Kira sein und außerdem...