Kapitel 13

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»Ryuzaki … Wir haben seine Leiche gefunden, denke ich.«
Soichiro gefror förmlich das Blut in den Adern, während er sich das Telefon, was ihn mit den anderen Ermittlern in der Zentrale verband, mit zittrigen Fingern ans Ohr hielt. Der Anblick war schrecklich, selbst für ihn, der schon so viel Grauen gesehen hatte.
Die Leiche war nackt in ein blutdurchtränktes Laken gehüllt und hatte Verbrennungen an Armen und Beinen; jemand musste ihn mit Feuer gequält, es ihm an die Gliedmaßen gehalten haben. Außerdem musste ihn jemand geschlagen gehaben, denn sein Körper war voller Hämathome und Schnittwunden - dieses Opfer hatte jemand gequält, keine Frage. Der präzise Schuss ins Herz musste die Erlösung gewesen sein, schoss es dem Polizisten ein und er versuchte, seine Angst hinunterzuschlucken; konnte Light, sein Sohn, aus Wut so etwas getan haben? Hatte L ihnen die ganze Wahrheit erzählt? Das wusste er nicht und ebenso wenig war ihn klar, was er von diesem grausamen Mord halten sollte. Was ihn aber am meisten schockierte, war, dass dieser Beyond Birthday  dem Detektiv L wie aus dem Gesicht geschnitten war. Waren die beiden etwa verwandt? Brüder oder sogar Zwillinge? Was war verdammt noch mal wirklich passiert?

»Gut, Sie haben ihn also gefunden«, flüsterte L praktisch durchs Telefon und biss sich auf die Lippe, bis er Blut schmeckte und davon abließ; er war nervös, hatte Angst und fühlte sich einfach nur unwohl und erschöpft.
Light, der auf dem Bürostuhl neben ihm saß, hatte die Hände zu Fäußten geballt und versuchte den Anstrom seiner vielen Gefühle zu unterdrücken; er war so verwirrt, wusste nicht, was er tun sollte und wie er jetzt mit seinem Freund umgehen sollte; er wusste gar nichts und wäre dieser Beyond Birthday nicht schon tot, hätte er ihm eigenhändig den Kopf abgeschlagen, weil er mit seinem Tod seinen blöden Wirbel veranstaltet hatte.
Und irgendwie glaubte der Student L's Geschichte über die Narbe nicht, war sich unsicher, was dies betraf; aber warum sollte L ihn anlügen? Vertraute er Light etwa immer noch nicht? Obwohl er vor ihm alle Karten auf den Tisch gelegt hatte? Benutzte L ihn vielleicht nur für etwas, von dem Light nichts wusste? Er schluckte und verstohlen zu seinem schwarzen Schmusetiger, dem es auch nicht so prickelnd zu gehen schien; er war bleicher als sonst und ganz zittrig. Das war so verdammt untypisch und es gefiel Light nicht.
Unsicher legte er schließlich seine Hand auf L's frei und schaute den Schwarzhaarigen aufmunternd an. Er ignorierte es.
»Nun und … Seine Leiche ist ziemlich verstümmelt und angekokelt, wie es aussieht. Kein schöner Anblick; es ist grauenerregend. Ich komme gleich wieder zu Ihnen und bringe die Fotos vom Tartort mit.«
Sie hörten den Mitfünfziger seufzen und tief Luft holen.
»Bereiten Sie sich bitte mental darauf vor und ruhen sich etwas aus - Sie alle. Es ist sehr viel passiert in den letzten Stunden.«
Klacken in der Leitung. Er hatte aufgelegt.
»Legen wir uns im Schlafzimmer etwas hin«, hauchte Light dankbar über die vom Vater gegebene Chance in L's Ohr, stand auf und zog L am Arm einfach mit sich.
»Meine Herren, entschuldigen Sie uns bitte für eine Weile.«
Er schenkte Matsuda, Mogi und Aizawa sein schönstes Fake-Lächeln.
»Natürlich … Kein Problem«, stotterte Matsuda verlegen, da er sich wohl vorstellte, dass die beiden Jungen im Schlafzimmer gleich sonst was abstellen würden, um den Stress zu bewältigen - Light hätte dies ja auch gern getan, aber es war defintiv nicht die richtige Zeit und Stimmung dafür. Wortlos zog der Student den Detektiv, der kein Wort sprach oder sich werte, endlich hinüber den schönen Schlafraum, mit dem noch durchwülten Bett.
»L … Ich …-«, Light's Ansatz wurde unterbrochen als L sich stumm vorbeugte und ihn küsste; es kam überraschend und es war verdammt richtig. Sanft nahm er L in den Arm und drückte in fest an sich.

Als Soichiro zurück ins Hotel kam, registrierte er als Erstes, dass sein Sohn und der Detektiv nicht um Wohnzimmer waren; hatte dies wohl was zu bedeuten? Besprachen sie etwa vielleicht gerade, wie sie ihre Schuldigkeit am Mord vertuschen konnten. Er schüttelte kaum merklich den Kopf; er sollte aufhören, so schlecht über seinen Sohn und dessen Freund zu denken, das war einfach falsch. Er musste Light einfach vertrauen und Ryuzaki auch.
»Herr Yagami, zeigen Sie uns bitte die Bilder. Matsuda, holen Sie bitte Ryuzaki und den jungen Yagami«, dirigierte Aizawa, da sein Chef keine Anstalten machte, allein etwas zu tun. Fürsorglich führte er jenen jetzt zum Sofa und setzte sich mit ihm.

»Light, ich liebe dich.«
L strich eine Haarsträhne aus dem Gesicht des Studenten und sah ihn liebevoll und mit glänzenden Augen an.
»Dann sag mir die Wahrheit. Was ist mit Beyond und mit diesem Aiba? Verdammt, ich hab doch gemerkt, dass du lügst.«
Er drückte seinen Freund näher an sich.
»Ich will dir doch helfen. Aber ich weiß einfach nicht … wie.«
L seufzte und schloss die Augen, wog ab, was er jetzt machen sollte; vielleicht sollte er wirklich alles erzählen. Light wäre für ihn da.
»Ja … Ich gebe zu, ich hab dir nicht alles gesagt. Aber nicht, weil ich dir nicht vertraue. Light, es tut weh, es zu erzählen.«
»Ja, aber ich muss es wissen!«
Erschrocken schlug der Brünette sich mit der Hand vor den Mund.
»Entschuldige …«, ließ er kurz verlauten und schaute auf den Boden.
»Schon gu-«
Das Gespräch wurde durch ein lautes Geräusch und den Schrei von Matsuda unterbrochen, was beide veranlasste, zur Tür zu rennen und jene zu öffnen.
»Alles okay! Bin nur hingefallen«, tönte es da auch schon vom Boden und am Liebsten hätte Light diesen Deppen jetzt zusammengeschlagen; L hatte sich ihm gerade offenbaren wollen! Und der da störte diesen Moment mit seiner Dummheit einfach. Er seufzte, mahnte sich zur Ruhe und sagte nur:
»Sie haben uns wirklich erschreckt, Herr Matsuda. Geht es Ihnen soweit gut?«
»Ja, danke. Ich wollte Sie gerade holen gehen, Ihr Vater ist da und hat die Bilder vom Tatort mitgebracht.«
In L schien sich alles zu drehen; er würde ihn jetzt sehen. Diesen Mann, der ihm so viel angetan hatte. Auch wenn es nur seine Leiche war. Es würde schon wieder all diese Wunden aufreißen.
Er stolperte von Angst gepackt zurück über die Türschwelle und knallte rückwärts auf den Boden.
»L!«
Er schmeckte Blut, aber er wollte nicht aufstehen oder gar etwas anderes tun. Am Liebsten würde er hier liegen bleiben und mit ihm seine Geheimnisse. Für immer.

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