Kapitel 15

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»Alles okay?«
Seine plötzliche Erleichterung und die Freude darüber, das Light (wahrscheinlich) nicht Kira war unterdrückend, lehnte Soichiro Yagami an der Badtür und beobachtete, sein Sohn den Kopf unter Wasser hielt, damit seine Haare nass wurden und endlich wieder halbwegs so aussahen, wie sie aussehen sollten. Nachdem er sie kurz mit einem Handtuch einigermaßen trocken gerubbelt hatte, nickte Light ihm schweigend zu.
»Ja, entschuldige. Es ist nur, ich hab noch nie … noch nie eine Leiche gesehen, die so … L darf das auf keinen Fall sehen.«
Der Student schaute ihn entschlossen an, seufzte aber dann resigniert.
»Leider wird sich das bei ihm nicht vermeiden lassen, das weiß ich. Hattest du jemals das Gefühl, jemand beschützen zu wollen, aber nicht zu können
»Ja, dich. Diese ganze Sache, die Fanfiction, die Leiche, Kira … Ich würde dich sehr gern davon fernhalten, Light. Aber wie du schon sagst, es geht nicht.«
Tapfer lächelte er seinen Sohn an und nahm ihn kurz väterlich in den Arm; zum ersten Mal fühlte er sich Light gegenüber verbunden und wusste, was er fühlte. Ja, er war überraschend einfühlsam, sein Sohn, machte sich Sorgen, war aufrichtig und ganz anders als seine Schwester Sayu, mit der er sich viel mehr beschäftigt hatte.  Light war ein gutes Kind und er hätte ihm nie misstrauen sollen.

Nervös saß L auf dem Bett und starrte ins leere; er wusste schlichtweg nicht, was er tun sollte. Klar müsste jetzt Beyonds Mörder ermittelt werden, aber damit das passierte, musste er erstmal auspacken. Alles. Ihm wurde allein beim Gedanken daran schon schlecht. Was Beyond und ihn verbunden hatte … Und dann war da ja noch die Tatsache, dass Light Kira war. Warum verliebte der Detektiv sich nur immer in irgendwelche Massenmörder? Warum konnte es nicht ein nettes, annständiges Mädchen sein? Das hätte sicherlich auch Watari sehr gefreut, denn was der jetzt wieder dachte, konnte er schlecht einschätzen. Light war auf den ersten Blick sicher der perfekte Schwiegersohn, aber er war nicht ohne Grund Kira … Um sich etwas abzulenken und nicht nervös zu werden, holte er sich seinen Laptop vom Schreibtisch und schaltete ihn an; es war Zeit für einen kleinen Mordfall zwischendurch. Doch dazu sollte es nicht kommen, denn eine neue E-Mail war in sein Postfach eingegangen. Sie war von Aiba;

Chérie?
Alles in Ordnung mit dir? Ich weiß, er stand dir sehr nah. Du bist doch sicherlich auch gerade in Japan, ich könnte vorbei kommen. Alles, was du tun musst, ist, mir deine Adresse schicken.

      x Aiba

Jetzt ging er also mal wieder in die Offensive, stellte L genervt fest und ihm lief ein kalter Schauer über den Rücken. Ja, er hatte ein Mal mit ihm geschlafen, aber das war so kurz nach Beyond und dem Vorfall, Aiba hatte wegen Ermittlungen kommen wollen … Nicht mal Watari wusste davon, nur sie beide. Und L bereute es so sehr, zumal er diese erneuten Anmachversuche inzwischen so satt hatte. Außerdem konnte er sich nicht richtig vorstellen, dass Aiba auf ihn stand. Dennoch musste er freundlich bleiben und auf alles antworten, wenn er diesen wirklich zuverlässigen Informanten nicht verlieren wollte.

Nein, ich bin momentan nicht mehr in Japan, außerdem solltest du dir sowieso nicht die Mühe machen herzukommen. Aber hast du noch mehr Informationen über Beyond Birthday und seinen Tod? Das würde mich interessieren.

          Ryuzaki

Danach klappte er den Laptop verstimmt wieder zu kuschelte sich unter die Bettdecke und schloss die Augen, um erstmal alles zu verdauen; selbst er brauchte von dieser Achterbahnfahrt der Gefühle um Light, Beyond und sogar Aiba mal eine Pause.

Inzwischen waren eben jener Student und sein Vater zurück ins Wohnzimmer gekommen und saßen wieder schweigend wie zuvor um den Couchtisch. Die Bilder lagen noch genauso da, wie vorhin; niemand hatte sich getraut, sie in die Hand zu nehmen. Irgendwer musste jetzt die Gespräche bzw. Ermittlungen ankurbeln, sonst wurde das hier nichts.
»Also«, räusperte sich Aizawa.
»Die Autopsiedaten liegen bestimmt noch nicht vor und es ist schwer zu sagen, an was genau er gestorben ist. Uns fehlen Motiv und ein paar Verdächtige. Ryuzaki sagte, Birthday sei aus dem Gefängnis ausgebrochen und er wüsste nicht, wo er sich aufgehalten hat. Wie bekommen wir jetzt am Besten mehr Informationen über die Monate vor seinem Tod?«
»Na ja, wir sind hier in Japan, vielleicht hatte er was mit der Yakuza zutun«, mischte sich Light leise ein und zuckte die Schultern; er wusste nicht, wer Beyond letztendlich getötet hatte, aber er konnte den Gedanken nicht verwerfen, dass es vielleicht irgendwie mit L zutun hatte. Oder Aiba.   Aber er gab sich große Mühe, es zu überspielen.
»Das kann man nicht ausschließen«, stimmte Soichiro nachdenklich zu.
»Aber wenn wir darüber etwas in Erfahrung bringen wollen, bräuchten wir jemanden, der über alles im Bild ist … Einen Informanten eben, der in der Yakuza aktiv ist. Ich erinnere mich daran, dass viele Polizisten früher auf diesem Wege gearbeitet haben, aber inzwischen ist es nicht mehr richtig mit dem Gesetz vereinbar und kaum einer lässt sich auf so eine Zusammenarbeit ein. Ryuzaki hat da zwar diesen Aiba, aber ich bin sicher, wenn er mehr über Birthday gewusst hätte, hätte er es gesagt.«
»Wirklich? Mailaccounts kann man leicht haken. Verständlich, wenn er etwas verschwiegen hätte, was ihn den Kopf kosten würde. Außerdem frage ich mich, wie gerade er, der nichts von unserer jetzigen Situation weiß, sich auf die Suche macht und die Leiche findet. Möglicherweise wusste er zwar, dass Birthday ausgebrochen ist, aber warum sucht er in Japan? Das Gefängnis war in Amerika, also muss er ihn doch hierher verfolgt haben. Ich denke, er weiß wirklich mehr.«
Widerwillen redete Light sich in Rage und stoppte plötzlich, als ihm klar wurde, wie sehr er sich lächerlich machte; klar, seine Schlussfolgerungen klangen ganz vernünftig, allerdings nicht, wenn sie von ihm selbst kamen, dem festen Freund, der sauer wegen Aibas dezent aufreizender Mail war. So nahm ihn doch niemand für voll!
»Natürlich kann ich mich in der Hinsicht auch irren«, fügte er deshalb vorsichtig hinzu, doch sein Vater nickte zufrieden.
»Nein, Junge, deine Vermutung klingt wirklich nicht schlecht. Wenn wir nur mehr über diesen Informanten wüssten … Hat Ryuzaki dir vielleicht noch was über ihn erzählt?«
Alle sahen den Studenten neugierig an und ihm wurde unwohl, zumal L ihm wirklich nichts weiter gesagt hatte und das jetzt schon peinlich war.
»Er war ziemlich im Begriff, mir was zu erzählen, doch dann ist Herr Matsuda vor unserer Tür hingefallen und wir kamen nicht mehr dazu«, versetzte er mit dem zuckersüßesten Lächeln, das er zu bieten hatte. Vorwurfsvolle Blicke wanderten Richtung besagter Polizist, der dümmlich und verlegen grinste.
»'Tschuldigung.«
Doch sie kamen nicht mehr dazu, dem Armen eine gemäße Standpauke zu halten, denn in diesem Moment klopfte jemand an der Tür und rief mit ziemlich wohl klingender Stimme:
»Hey, nun lass mich doch rein, Ryuzaki. Ich warte gar nicht gerne.«
Perplex sprang Light auf, während tausend Fragen durch seinen Kopf wirbelten und öffnete die Tür; vor ihm stand ein großer, attraktiver Mann mit zurück gegelten blonden Haaren, leichten Bartstoppeln im Gesicht und dem süffisantesten Grinsen, was man sich nur vorstellen konnte. Light ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten als ihm klar wurde, dass das ganz sicher Aiba persönlich war.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 25, 2018 ⏰

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