Kapitel 5 - Des Reisenden Feind

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Die Sonne verriet mir, es war früher Vormittag als ich meine Augen blinzelnd öffnete. Razgar stand nur wenige Millimeter von meiner Nase entfernt vor meiner Schnauze und blickte mir aufmerksam in die Augen, als hätte er Zweifel gehabt, dass ich noch lebte.

Ich streckte mich noch etwas schläfrig und verzog das Gesicht, als meine verspannten Muskeln gestreckt wurden. Ich fühlte mich noch immer müde, als hätte ich tagelang geschlafen. Der Wyvern schnaubte amüsiert und stupste mich mit seiner Schnauze an.

Ein leises Lächeln legte sich auf meine Lippen, als sich Black, der mir gegenüber lag, aufrichtete und ein "Guten Morgen" brummte. Ein Blick in sein Gesicht verriet mir, dass er sich mindestens so elend fühlte wie ich mich.

Dafür dass ihr Abenteurer sein wollt, seid ihr sehr empfindlich, bemerkte Razgar belustigt.

Ich warf ihm einen scharfen Blick zu und richtete mich auf. "Im Gegensatz zu dir können wir uns nicht tragen lassen."

Abfällig schnaubte er, ehe er sich daran machte, sich mithilfe seiner Zunge zu säubern.

"Das ist nicht ganz richtig, Ranaél. Wir können uns auch tragen lassen", mischte sich Black ein und sah mir in die Augen. Verwirrt runzelte ich die Stirn und schüttelte langsam den Kopf. "Was meinst du?"

Grinsend erhob er sich und verschwand zwischen den Bäumen. Verwundert sah ich ihm nach, ehe ich Razgar anblickte, welcher mich allerdings ignorierte und sich weiter gründlich säuberte, wobei er auffällig sorgfältig war.

Leise seufzte ich und schüttelte den Kopf, ehe ich den Wyvern auf meine Schulter hob und mein Gepäck schulterte. Dann folgte ich zielstrebig Blacks Duft durch den dichten Wald.

Es dauerte nicht sehr lange, bis ich ihn zwischen den Bäumen ausmachen konnte. Einen Moment später erkannte ich, dass zwei Pferde neben ihm standen und er ihre Zügel hielt. Überrascht blieb ich stehen und betrachtete die beiden, ein Rappe und ein Fuchsschecke. Es waren sehr schöne Tiere, vermutlich aus gehobener Zucht, vielleicht sogar aus der Zucht eines Adligen.

Vorsichtig näherte ich mich weiter. Sofort blähten beide Pferde ihre Nüstern als sie mich witterten und bäumten sich auf. Letzteres war wohl Razgar verschuldet, schließlich fraß er als Drache Pferde. Black hatte Mühe, die beiden zu besänftigen, sodass ich mich langsam weiter nähern konnte.

"Wo hast du denn die geklaut?", fragte ich flüsternd und konnte mir eine gewisse Bewunderung nicht verwehren. Gleichzeitig streckte ich eine Hand aus, um die Pferde daran schnuppern zu lassen. "Die sehen aus, als hättest du sie einem Adligen unter dem Hintern weggeklaut."

"Der Händler wirbt zumindest damit, dass er wohl einmal für einen Adligen gezüchtet hat. Allerdings weiß ich nicht, ob die beiden wirklich einmal einem Adligen gehört haben. Razgar hat mir beim Diebstahl geholfen und den Händler und seine Stallburschen abgelenkt", erklärte Black stolz und tätschelte dem Schecken sanft den Hals, sobald er sich weitestgehend wieder beruhigt hatte.

Lächelnd kraulte ich den Drachen unter dem Kinn. "Ich hätte nicht gedacht, dass ihr beiden euch so gut verstehen könnt."

Manchmal ist man gezwungen Bündnisse einzugehen, die man normal niemals schließen würde, bemerkte Razgar und genoss schnurrend meine Aufmerksamkeit, während Black nur die Achseln zuckte.

"Diese Pferde bieten allerdings neue Gefahren. Aber auch Vorteile. Hätten wir doch nur passende Kleidungsstücke", murmelte ich und kaute auf meiner Unterlippe.

"Zumindest kommen wir jetzt schneller voran. Aber wir müssen sie an Razgar gewöhnen", bemerkte Black und betrachtete den Wyvern nachdenklich. Langsam nickte ich und strich dem Rappen vorsichtig über die Nüstern.

Der letzte DracheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt