Kapitel 4 - Der Schatz eines Drachens

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Black und ich saßen wieder auf dem Ochsenkarren des Händlers, während die Sonne über uns langsam aufging. Die Straße vor uns war ungewohnt belebt. Immer wieder hörte man den Ruf eines Esels oder das Wiehern eines Pferdes, dazwischen das Fluchen einiger Personen.

Doch dafür interessierte ich mich nicht. Stattdessen galt meine gesamte Aufmerksamkeit der Stadtmauer, die sich inzwischen deutlich in der Ferne abzeichnete. Mir stockte der Atem, während mein Verstand versuchte die Ausmaße dessen zu begreifen, was ich da sah.

Aus dem Sack auf meinem Schoß drang ein grollendes Lachen - Razgars Lachen. Unbehaglich legte ich die Ohren an und betrachtete mein Gepäck.

Sachte knuffte Black mir in die Seite und sah mich scharf an. Wir wussten beide, dass wir keinen Verdacht erregen durften. Ich konnte es nicht zulassen, dass jemand mein Gepäck durchwühlte und Razgar dabei entdeckte. Das würde nur zu Problemen führen. Schließlich galten Drachen als Legenden und wer sie für real hielt, hielt sie für gierige Biester, denen man nicht vertrauen konnte.

Wie schmeichelhaft, bemerkte Razgar sarkastisch und verkniff sich ein abfälliges Schnauben. Leicht klopfte ich auf den kleinen Sack und spürte den warmen, festen Körper durch den dünnen Stoff.

"Warum reisen zwei junge Männer wie ihr in die Stadt?", fragte der Händler in die Stille und sah abwechselnd Black und mich an. Ich wusste, Black würde nicht antworten, dazu war er Fremden gegenüber zu schüchtern.

"Wir sind nur auf der Durchreise", antwortete ich und zuckte mit den Schultern. "Das Land etwas ansehen und uns vielleicht irgendwo niederlassen."

Der Händler lächelte mich wissend an. "Viel Erfolg dabei, ihr werdet auf jeden Fall etwas finden. Aber reist nicht zu weit in den Norden. Die Falken haben ein seltsames Verständnis von Grenzen und plündern die Dörfer in letzter Zeit oft aus."

Das würden sie niemals tun. Falken sind zwar arrogant und stolz, aber nicht habgierig. Etwas stimmt nicht, murmelte Razgar. Ich spürte, wie er sich im Sack bewegte, als würde er sich gemütlicher hinlegen.

"Habt Dank für die Warnung", sagte ich und streichelte nachdenklich den Sack. Black warf mir einen Blick zu, einer der "Ich hab es dir ja gesagt"-Sorte. Doch ich ignorierte es und seufzte im Geiste.

Gegen Mittag erreichten wir das Tor der Stadt, das von zwei Personen bewachte wurde, welche die Reisenden lässig durch winkten, scheinbar ohne weiter darauf zu achten, wer da kam. So gelangten auch wir in die Stadt.

Sobald wir das Tor hinter uns gelassen hatten, stiegen Black und ich von dem Ochsenkarren. "Vielen Dank für das Mitnehmen."

Der Händler winkte nur und fuhr weiter in Richtung Stadtmitte, wo laut Razgar der Markt war.

Rasch warf ich Black einen Blick zu, der einfach mit den Schultern zuckte, als Zeichen, dass er ebenfalls nicht wusste, wohin wir sollten. Schließlich war die Stadt so groß, dass wir uns sicherlich hoffnungslos verlaufen würden, solange wir niemanden hatten, der uns führte.

Wir sollten ebenfalls auf den Markt. Dort erfährt man Neuigkeiten am besten, außerdem könnt ihr eure Vorräte aufstocken und erneuern, bemerkte Razgar und regte sich in meinem Sack, den ich wieder über der Schulter trug.

Nachdenklich nickte ich und teilte Black den Vorschlag mit. Dieser zögerte einen Moment und kaute auf seiner Unterlippe herum. Schließlich nickte er. "Gehen wir."

Ich lächelte ihn zuversichtlich an und begleitete ihn weiter in die Stadt. Unterwegs wurde Razgar seltsam lebhaft, sodass ich Mühe hatte, den Sack auf meinem Rücken zu halten. Das ging so weit, dass vorbeigehende Personen mir seltsame Blicke zuwarfen.

Der letzte DracheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt