Kapitel 3 - Reise, Reise

467 6 2
                                    


Schwer atmend wachte ich auf und setzte mich kerzengerade hin. Die Sonne war noch nicht ganz aufgegangen, sodass alles noch in schummrigem Dämmerlicht lag. In dieser Stunde legten sich die Jäger der Nacht zur Ruhe und die Bewohner des Tages erwachten langsam aus ihrem tiefen Schlummer.

Razgar lag zusammen gerollt neben mir und schien noch zu schlafen, ebenso wie Black. Wie immer tropfte etwas Speichel von der Schnauze des Wolfes, während er noch tief und fest schlief.

Vorsichtig streckte ich mich und kramte einen Apfel aus meinem Sack. Dann betrachtete ich den Wyvern, der neben mir lag, während ich den Apfel verspeiste. Er wirkte so friedlich, als könne er niemandem etwas zu Leide tun, geschweige denn, jemanden töten. Doch ich wusste, der Schein trog. Obwohl er noch schwach war und so niedlich wirkte, war er doch noch immer gefährlich.

Unsicher biss ich mir auf die Unterlippe. Hatte ich mir mehr aufgebürdet, als ich bewältigen konnte? Denn was auch immer den Drachen aus seiner Heimat vertrieben hatte, was sollte ich dagegen ausrichten, sollte es nun auch auf mich Jagd machen?

Du bist stärker als du denkst. Razgar öffnete ein Auge und sah mich scharf an. Etwas zögernd kraulte ich ihn am Kopf und erwiderte seinen Blick, nicht im Geringsten beruhigt. Dennoch zwang ich mich zur Ruhe und schloss die Augen für einen Moment. Was auch immer es war, das meine Familie so gut wie ausgelöscht hat, ich habe das Gefühl, dass wir es gemeinsam vernichten können.

Ich spürte, dass er es vollkommen ernst meinte. Und das, obwohl jeder wusste, dass Drachen die wohl mächtigsten Wesen der Welt waren. Selbst die Fischwesen aus Secice oder die stolzen Falken aus Syandr waren nicht so stark, von den Wölfen ganz zu schweigen.

Der Wyvern schnaubte eine Rauchwolke und kramte sich ein Stück Fleisch aus meinem Gepäck, welches er verschlang. Du übertreibst, Ranaél. Wir sind stark, das mag sein. Aber ihr in der Gemeinschaft seid ebenso stark.

Schweigend betrachtete ich ihn, ehe ich zögernd nickte.

Seine raue Zunge strich über meine Hand, während er zu mir aufsah. Vertrau mir, Ranaél, wie ich dir vertraue.

Ein warmer Schauer rieselte mir den Rücken hinunter, während ich nickte. "Ich vertraue dir, Razgar. Und ich werde alles tun, dass dein Vertrauen in mich gerechtfertigt ist."

Gähnend öffnete Black die Augen und streckte sich, ehe er uns ansah und lächelte. Dann streckte er die Hand aus und klopfte mir vertraut auf den Oberschenkel. "Guten Morgen ihr beiden."

"Guten Morgen Black." Lächelnd sah ich ihn an und half dem Wyvern auf meine Schulter.

"Brechen wir auf", sagte der Wolf und nahm sich seinen Sack, gleichzeitig warf er einen schnellen Blick zurück auf die Stelle, wo noch die Kisten der Wegelagerer standen. Schweigend erhob ich mich und half Black auf die Füße, der sich den Schmutz von der Kleidung klopfte. "Mit etwas Glück erreichen wir noch heute die Wasserfälle nördlich von hier."

"Klingt gut", erwiderte ich und ging voraus. Er folgte mir und holte rasch auf, sodass er neben mir lief.

"Und mit noch mehr Glück, erreichen wir morgen die Stadt, wo wir Pferde bekommen können", murmelte er und streckte seinen Rücken. Leise lachte ich, sagte aber nichts dazu. Stattdessen versuchte ich, mir eine Stadt vorzustellen, eine unglaubliche Aufgabe für jemanden, der nur zwei Dörfer kannte.

Städte sind meistens etwas chaotisch aufgebaut, mit einem Dorf kann man das gar nicht vergleichen. In der Mitte befindet sich meistens ein Marktplatz, während sich am Rande der Stadt Gerbereien, Brauereien, Pferdezuchten und Friedhöfe befinden. Verteilt in der Stadt kann man meistens Gaststätte finden, je nach dem wie nah sie am Marktplatz sie sind und wie hoch ihre Qualität ist, zahlt man mehr für ein Zimmer und Speisen. Zu jeder Zeit kann man in den Straßen auf Patroullien treffen, die für Ordnung sorgen sollen, jedoch manchmal selbst für Chaos sorgen, erklärte mir Razgar und verlagerte sein Gewicht leicht auf meiner Schulter. Dennoch können Städte etwas Schönes an sich haben. Selbst wenn du Jahre in einer Stadt gelebt hast, kannst du neue Leute kennen lernen.

Der letzte DracheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt