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"Elisa, Philipp will mit dir reden", die Sekretärin des Direktors streckte ihren Kopf durch die Tür des Lehrerzimmers.

Ich hob meinen Blick und nickte leicht. Was konnte nur der Direktor von mir wollen?

Sobald ich meine Sachen zusammengeräumt und meinen Platz annähernd in Ordnung gebracht hatte, stand ich auf und verließ den Raum.
Ich zog die Schultern ein und wickelte meine Weste förmlich um meinen  Körper. Auf dem Gang war es kühl. Kein Wunder, schließlich war es Dezember und ich sehr kälteempfindlich.

Ich klopfte an der Tür der Kanzlei.
"Herein!", vernahm ich Phillips Stimme. Ich drückte die Schnalle hinunter.
Aus irgendeinem Grund war meine Hand schwitzig geworden. Ich hatte das Gefühl, als würde das kein harmloses 'bitte übernimm diese und jene Stunden-Gespräch' werden.

Langsam trat ich ein.

"Elisa, es freut mich, dass du so schnell gekommen bist. Ich muss mich bei dir bedanken."

Bedanken? Wofür? Ich hatte nichts herausragend Lobenswertes getan.

Doch bevor ich fragen konnte, fuhr mein Chef bereits fort:"Wie ich gehört habe, pflegt Martin und du eine Art Beziehung."

"Ja, wir sind zusammen", antworte ich , nicht sicher, in welche Richtung dieses Gespräch gegen würde.

"Ich wünsche euch beiden natürlich alles Glück der Welt und hoffe, dass ihr glücklich bis ans Ende eurer Tage zusammen seit und das alles." Philipp machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr:"Eure Beziehung hat aber auch einen gesellschaftlichen Nutzen."

Einen gesellschaftlichen Nutzen? Was sollte das heißen?

Offensichtlich erkannte er die Fragezeichen in meinen Augen.
"Wie du bestimmt weißt, hat dein Freund schon die eine oder andere unangemessene Tat begangen. Mit anderen Worten: Er hat mittlerweile zwei Verwarnungen wegen der Belästigung von Schülerinnen."

Wie bitte?! Warum hatte er mir das nicht gesagt?!
Ich spürte Übelkeit und ein schreckliches Schwindelgefühl in mir aufsteigen.

"Wie du weißt, droht bei drei Verwahrungen die Kündigung." Wieder pausierte er. "Und naja...da ihr beide jetzt zusammen seid, könnten wir diesen Verlust vielleicht vorbeugen. Ich meine, jetzt braucht er keine Schülerinnen mehr. Ich glaube, du weißt, was ich meine."

Ich nickte zaghaft.

"Also nochmal, viel Glück. Du darfst gehen."

Ich bewegte meinen Kopf erneut leicht auf und ab und verließ, ohne auch nur ein eigenes Wort, den Raum.

Meine Schritte wurden immer schneller. Mein Gesichtsausdruck immer verzweifelter.

Wie? Wie konnte er mir das nur antun?! Ich hatte ihm vertraut.
So lange hatte ich nach Schwächen an ihm gesucht, hatte mich gefragt, was man nicht an ihm lieben konnte.
Und jetzt musste ich von meinem Chef erfahren, dass er Schülerinnen belästigt hatte.

Völlig aufgelöst rannte ich ins Lehrerzimmer und schnappte meine Tasche.
Ich würde einfach irgendjemandem schreiben, mir ginge es schlecht und es solle mich jemand vertreten.
Das war ja nicht einmal eine Lüge. Mir ging es wirklich schrecklich!

Ich riss die Tür auf und schaute in wunderschöne, dunkelbraune Augen. So liebevoll hatten sie mich schon lange nicht mehr angesehen.
Bei dem alleinigen Blick in diese Augen, erreichten mich so viele Erinnerungen.

Ich erlebte ein Flashback im Schnelldurchlauf.
Ich erinnerte mich an den Tag, an dem wir uns kennengelernt hatten, als wir Nummern ausgetauscht hatten, als wir das erste Mal gemeinsam weggefahren waren, an unseren ersten und einzigen Kuss, daran, dass er immer für mich da gewesen war...

Ich fand mich in der Realität in seinen Armen wieder.
"Elisa, was ist los?", waren die ersten Worte, die er nach langer Zeit wieder zu mir sprach.

"Komm." Er nahm mich an der Hand und zog mich in einen freien Raum, in dem wir alleine und ungestört waren.

Ich wischte mir mit der Hand über's Gesicht. Meine Finger waren schwarz. Ich musste zu weinen begonnen haben, was meine Schminke verlaufen ließ.

Simon lächelte leicht. "Du siehst auch mit verschmiertem Make-up wunderschön aus."

Ich hob meinen Blick.
"Sag mir, was ist passiert?"

Kurz zögerte ich bevor ich zu reden begann.
"Hast du gewusst, dass Martin kurz vorm Rausschmiss steht? Dass er zwei Verwahrungen hat?"

Mein Gegenüber senkte den Blick.
Er hatte es gewusst?

"Du hast es gewusst?"

Simon gab keine Antwort.

"Warum hast du es mir nicht gesagt?!"

Erneute Stille.

Ich würde wütend. "Verdammt nochmal, rede mit mir!"

"Ihr habt so glücklich ausgesehen!"

"Na und? Deswegen hast du das Recht mich anzulügen?! Monatelang redest du kein Wort mit mir, weißt, dass mich mein Partner seit Beginn unserer Beziehung belügt! Und es interessiert dich einfach nicht, weil wir so 'glücklich aussehen'?!"

"Ich wollte nicht, dass du verletzt bist!"

"Das hier verletzt mich tausend Mal mehr! Verdammt, warum hast du mir das getan?!"

"Weil ich dich liebe."

Out SchoolWo Geschichten leben. Entdecke jetzt