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Als der Junge hörte, dass er der Königsfamilie unter die Augen treten würde, wollte er noch schnell laufen, um sich seine Wangen von Asche und Dreck zu befreien. ,,Wo willst du hin?", zischte die Stiefmutter. ,,Mein Gesicht ist ja ganz dreckig, ich würde es mir gerne waschen, wenn Ihr mir das erlauben würdet.", erwiderte Manuel spitz. Die Stiefmutter trat ihm einmal auf den Fuß, und strafte den Jungen mit einem bösen Blick. ,,Du kommst jetzt mit. Dein Gesicht ist hässlich, das möchte sowieso niemand sehen, schon garnicht der König. Komm' jetzt sofort mit heraus, und trage mir meine Schleppe." Der Aschenjunge nickte ergeben und griff nach der Schleppe der Stiefmutter. Zusammen mit ihren beiden hochnäsigen Töchtern schritt diese über den gepflasterten Hof, und blieb am großen hölzernen Hoftor stehen. Alle Hofarbeiter, Knechte, Mägde und Kinder versammelten sich ebenfalls darum, immer darauf achtend, eine Schneise für die königlichen Kutschen frei zu lassen.

Bald war das Getrappel der Pferdehufe, und die Trompeten der Beireiter zu hören. Majestätisch rollte die königliche Kutsche durch das alte Hoftor, begleitet von ihrer Garde. Der Junge und alle anderen Anwesenden verbeugte sich so tief, dass ihre Nasenspitzen fast den gepflasterten Boden berührten. Als der Junge aufsah, bemerkte er zuerst den stattlichen König. Manuel hatte ihn, sowie die restliche Königsfamilie noch nicht leibhaftig erlebt, er hatte nur der Mägde wildes Geschwätz aufgeschnappt, als er ihnen beim Kochen geholfen hatte. ,,Guten Tag Eure Majestät.", säuselte die Stiefmutter des Jungen.

Die Hofknechte waren gerade dabei, dem König und seiner Gattin teuren Wein einzuschenken, und alle Anwesenden erwarteten mit Neugier die königliche Reaktion auf Speiß und Trank, doch die Augen des Aschenjungen waren an einen ganz anderen Fleck gewandert. Sie klebten an dem jungen Prinzen. ,,Prinz Thaddeus", wie er sich den beiden kichernden Stiefschwestern mit einem charmanten Lächeln vorstellte. Er saß auf einem stattlichen Friesen, und war wie seine Eltern in königliche, schicke Gewänder gehüllt; das Landeswappen prankte stolz an seiner Brust. Außerdem hatten seine Augen eine ungewöhnliche Farbe, sie kamen dem klaren Wasser des kleinen Waldbaches ähnlich.

Doch all diese Dinge waren es nicht, die des Jungen Aufmerksamkeit auf sich zogen. Es war der Federhut des Königssohnes, der Manuel zutiefst verwirrte. Er war sich sicher, diese lustige rote Feder schon einmal irgendwo tanzen gesehen zu haben. Der Junge war so vertieft in seine Gedanken, dass er nicht einmal mitbekam, dass das Lächeln des Prinzen schon lang nicht mehr seinen Stiefschwestern galt. Der Blick des jungen Mannes hing an dem zierlichen, dreckigen Jungen, welcher der hochnäsigen Hofherrin die Schleppe hielt. Er erinnerte ihn an das hübsche Kind im Wald, welches im Bach geplanscht, und sich dabei mit dem schneefarbenen Tier unterhalten hatte, welches wartend daneben gesessen war.

Die Stiefmutter bekam mit Gram und Ärger mit, wie sich der junge Prinz scheinbar nur für ihren schmutzigen Hausjungen zu interressieren schien. Das passte ihr nicht; sie wollte, dass der Prinz sich nur um ihre beiden Töchter, ihre Augenweiden scherte. ,,Aschenjunge!", zischte sie, und entriss dem Jungen die Schleppe. ,,Aschenjunge, geh an die Arbeit. Was stehst du hier so herum, du hast genug gestaunt!" Die Stiefmutter schubste Manuel grob zur Seite. Dem Jungen wurden die Augen groß, und er schaute seine Stiefmutter verwirrt an. Doch als diese nichts darauf erwiederte verbeugte sich der Aschenjunge ein letztes Mal schüchtern vor der Königsfamilie, bevor er mit klackernden Schritten über den Hof in die Scheune verschwand.

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Ich freue mich immer über Kommentare, und auch auf Rechtschreibfehler könnt ihr mich gerne hinweisen. :3

Aschenjunge ~ GlpaddlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt