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Am nächsten Tag, als das Fest von neuem begann und die Eltern und Stiefschwestern wieder fort gefahren waren, da ging der Aschenjunge abermals zu dem Haselnussbaum. Diesesmal hatte er sich vorgenommen, sich um keinen Preis in Verlegenheit bringen zu lassen. Der Junge stellte sich in seinem dreckigen Gewand unter den Baum und sagte:

,,Bäumchen rüttel dich und schüttel dich, wirf Pracht und Seide über mich!"

Da warf das Vögelchen einen noch viel prächtigeren Anzug herab als am Tag zuvor. Auch eine Maske fiel wieder von den Zweigen des Haselnussbaumes herab.
Und als der Junge in seiner Pracht auf dem Fest erschien, da staunte jedermann über seine Schönheit.

Und bevor die Damen über den Aschenjungen herfallen konnten wie wilde Raubtiere, da kam der Königssohn und verbeugte sich vor ihm.
Als Manuel einen flüchtigen Seitenblick zum König wagte, so sah er wie dieser sich seinen Sohn mit in Falten gelegter Stirn besah. Die Königin aber lächelte, und legte ihrem Gatten eine Hand auf das Knie.

,,Werdet Ihr wieder vor mir davonlaufen, wenn ich näher komme?", holte ihn der Königssohn wieder in das Hier und Jetzt zurück. Dem Aschenjungen schlich ein schwaches Lächeln auf die Lippen. ,,Ich werde mich davor hüten, Eure Hoheit. Sonst werdet Ihr mir wieder folgen, auf meinem Heimweg." Der junge Prinz schürzte die Lippen und richtete sich seinen Hut. ,,Nun denn, das werde ich sowieso tun. Wenn ich Euch jetzt einen Moment entführen dürfte?"

Der Königssohn nahm ohne jegliche Zustimmung des Aschenjungen dessen feingliedrige Hand in seine eigene, und führte den maskierten Fremdling aus dem Ballsaal.

Wenig später standen sie beide auf einem großen Balkon, von jenem man über etliche Ländereien des Königs blicken konnte. Nur wenige Gäste hatten sich an diesen Ort verirrt, um etwas Abstand von der tanzenden Meute nehmen zu können.

,,Warum habt Ihr mich nun hierher geführt?", sprach der Aschenjunge und sah dem Prinzen in sein hübsches Antlitz. Dieser blickte seinem Gegenüber eine Weile still in die Augen, bevor er die breiten Schultern hochzog und sich abwand. ,,Mir war so.", sprach er, ,,Mein Name ist übrigens Thaddeus."
Der Aschenjunge lachte trocken auf. ,,Euer Name ist mir nicht unbekannt. Zu Hofe wird viel über Euch gesprochen.", Er schloss die Augen, und streckte seine Nase dem sanften Wind entgegen. ,,Und wie ist Euer Name?", erkundigte sich der Königssohn nun. ,,Manuel, Eure Majestät.", antwortete der Maskierte, sein Gesicht immernoch in die kühlen Lüfte gedreht.

,,Ein sehr schöner Name. Er passt zu Euren Augen.", sprach der junge Prinz. Im Glauben sich verhört zu haben drehte sich der Aschenjunge zum Königssohn, und sah in verwirrt an. ,,Wie bitte?"
,,Oh, Ihr habt mich nicht verstanden? Euer Name. Er passt zu Euren Augen. Wisst Ihr, Euer Aussehen erinnert mich an jemanden. Wenn ich doch nur darauf kommen würde, wer es war.", überlegte der Prinz.

Sein Gegenüber aber wurde panisch als er daran dachte, dass der Prinz ihn an jenem Tage gesehen hatte, an welchem er, der dreckige Aschenjunge, seiner Stiefmutter die Schleppe gehalten hatte.
,,Ich denke, ich muss los.", entschuldigte er sich eilig bei dem Prinzen und entzog ihm seine zierliche Hand, welche der Prinz die ganze Zeit unbewusst gehalten hatte.

Der Junge eilte aus dem königlichen Schloss und rannte querfeldein fort. Der Königssohn aber, ging ihm abermals nach, denn er wollte sehen, in welches Haus er ginge. Aber der Aschenjunge entwischte ihm in den Garten hinter dem Haus. Dort stand ein schöner großer Baum, an dem die herrlichsten Birnen hingen. Behend wie ein Eichhörnchen kletterte Manuel hinauf und versteckte sich zwischen den Ästen. Der Königssohn, der nicht wusste wo der Aschenjunge war, wartete, bis der Vater kam, und sagte: ,,Der fremde Junge ist mir entwischt. Ich glaube, er ist auf den Birnbaum geklettert."

Der Vater dachte: ,,Sollte es der Aschenjunge sein?" Er ließ sich eine Axt holen und fällte den Baum. Aber es war niemand darauf. Und als sie in die Küche kamen, da lag der Aschenjunge da in der Asche wie sonst auch. Er war nämlich auf der anderen Seite vom Baum herabgesprungen, hatte dem Vögelchen auf dem Haselnussbaum die schöne Kleidung zurückgebracht und sein graues altes Lumpengewand wieder angezogen.

Der junge Prinz blieb neben dem schmutzigen Jungen, dessen flacher Atem das einzige Geräusch im Raum war, stehen, und sah auf ihn hinab. Auch dieser Junge, und ebenfalls der verwinkelte Hof riefen Erinnerungen in ihm auf. Doch obwohl der Königssohn sich anstrengte, wollte er nicht dahinterkommen, welche.

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Ach herrjeh, schon wieder kein Tanz :(

Aschenjunge ~ GlpaddlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt