59. Shine

1.2K 181 304
                                    


♪ Wrapped Around Your Finger – The Police


~~~ Niall ~~~


Der Moment als ich den ersten Schritt auf irischem Boden tat, ließ mich befreit aufatmen. Ich besuchte nicht sehr häufig meine Heimat und war auch nie lange hier, aber mit dieser Reise sollte sich das ändern.

Blake hatte es sich in den Kopf gesetzt, mein Haus fertig zu renovieren. Bisher hatte nur der Flur einen neuen Anstrich bekommen, doch die anderen Räume hatten es ebenso nötig. Außerdem wollten wir gemeinsam einige neue Möbel aussuchen, um es wohnlicher zu gestalten.

Zu tun gab es also genug, dennoch ließen wir das Vergnügen nicht zu kurz kommen. Schließlich bedeutete diese Reise auch Urlaub.

In dieser Hinsicht sah unsere Planung vor, einige Orte aufzusuchen, die touristisch nicht so arg überlaufen waren. Außerdem wollte ich meine Kumpels in Dublin besuchen, um ihnen Blake vorzustellen. Meine Eltern kannten sie ja bereits, da wir über Weihnachten in Irland gewesen waren.

Natürlich freute sich meine Familie, uns zu sehen, allen voran Theo, der schon wieder heftig gewachsen zu sein schien. Zumindest kam es mir so vor. Ich hatte ihm neue Klamotten mitgebracht, in die er nicht einmal mehr hineinzuwachsen brauchte, und Spielsachen. Beides feierte er euphorisch.

„Onkel Niall, gehen wir morgen zusammen reiten?", fragte er in seiner kindlichen Art.

„Reiten?" Erstaunt hob ich die Augenbrauen. „Ich kann nicht reiten, Theo."

„Aber ich", kam er prompt zurück. „Auf einem Pony."

Hätte mich auch gewundert, wenn der Knirps auf einem Pferd thronen würde, dafür war er als fast Sechsjähriger dann doch noch zu klein. Ich schaute zu Blake, die mich angrinste. „Geh' du nur mit deinem Neffen reiten, in dieser Zeit kann ich einiges im Haus arbeiten."

Da ich wusste, worauf das hinauslaufen würde, machte ich gar nicht erst den Versuch sie zu überreden, uns zu begleiten. Blake hatte es sich in den Kopf gesetzt, morgen mit der Renovierung des Schlafzimmers zu beginnen und das würde sie unter allen Umständen durchziehen.

„Na gut, Theo und ich gehen also reiten. Aber ich schaue nur zu, okay?", versuchte ich meinem Neffen zu verklickern.

„Wenn du ganz viele Fotos von mir machst, geht das klar", meinte er grinsend. Sein Wortschatz hatte sich wirklich stark vergrößert, das stellte ich gerade fest.

„Ja, mache ich, von dir und deinem Pony."

Es erübrigte sich zu erwähnen, dass Blake es kaum erwarten konnte, bis ich am nächsten Tag aus dem Haus ging. „Lass dir ruhig Zeit", verabschiedete sich mich an der Tür.

„Das klingt, als ob du mich loswerden willst", raunte ich ihr ins Ohr. „Aber keine Sorge, ich komme wieder."

Ihr Augenaufschlag konkurrierte mühelos mit dem von Greta Gabor, der Hollywood Legende, die zu den größten weiblichen Leinwanddarstellern aller Zeiten gehörte. „Das will ich dir auch geraten haben. Ach, und bevor du wiederkommst, könntest du etwas zu Essen einkaufen."

„Geht klar." Ich hörte mich schon an wie Theo.

Zu zweit machten wir uns auf den Weg in die Reitschule, wo Theo begeistert seinen Helm und Stiefel anzog. Er konnte es kaum erwarten, auf das Pony zu steigen. Seine Mutter war seit jeher eine begeisterte Reiterin und hatte ihre Leidenschaft wohl an ihn vererbt.

Genüsslich schaute ich zu, wie die Reitlehrerin das Pony an der langen Leine im Kreis führte, während mein Neffe stolz wie Oskar im Sattel saß. Ich hatte Spaß daran, ihn zu beobachten, freute mich darüber, wie seine blauen Augen leuchteten und ertappte mich plötzlich bei dem Gedanken daran, wie es sich wohl anfühlen würde, sein eigenes Kind bei solch einer Tätigkeit zu beobachten.

SOULWo Geschichten leben. Entdecke jetzt