Kapitel 6

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Aufmunternd und freundlich lächelnd hielt Hermine Granger dem blonden Erzeuger ihres Sohnes ein Glas Rotwein entgegen. Draco, der zermartert auf dem alten Sofa saß, sah zu der jungen Frau auf.
„Etwas stärkeres hab ich leider nicht da.", meinte sie entschuldigend. „Aber vielleicht hilft's trotzdem."

Draco nahm ihr das elegant geschwungene Weinglas ab, worauf Hermine herzlich strahlte.
Merlin verdammt. Diese Frau war so gütig, liebevoll und rein, dass er es kaum ertrug. Und er hatte dieses liebevolle Wesen beschmutzt, sie im Alter von 19 Jahren geschwängert und ihr damit ihr Leben noch mehr erschwert, als es sowieso schon war. Er war ein Bastard, ja das war er. Sie war 22, sie sollte auf furchtbare Partys gehen und sich trotzdem köstlich amüsieren. Sie sollte die Schrecken des Krieges vergessen können, indem sie ihr Leben einfach nur in vollen Zügen genoss. Sie sollte in einer großen luxuriösen Wohnung in Mitten von London leben und nicht stattdessen in einer herunter gekommenen kleinen Baracke, weil ihr Freund erfahren hatte, dass Draco Malfoy der Erzeuger von Scorpius Granger war und sie daraufhin aus der gemeinsamen Wohnung geschmissen hatte. Als schlauste Hexe des Jahrhunderts sollte sie eigentlich die Karriereleiter steil nach oben klettern und nicht nur einen Halbtagsjob nachgehen, dessen Verdienst ihr kaum das eigene Leben ermöglichte.  

Klar hätte sich Granger gegen das Baby entscheiden können, aber Draco wusste auch so, ohne es von ihr gehört zu haben, dass das nie eine Option für sie gewesen wäre. Und er musste zugeben, er war froh darum, dass sie sich so entschieden hatte. Auch wenn er den kleinen Kerl erst seit gestern kannte, kam der Blonde nicht umhin festzustellen, dass er ihn wirklich gern hatte, seine kleine Kopie. Es war ein unbeschreibliches Gefühl zu wissen, dass er an der Entstehung dieses kleinen Menschen beteiligt gewesen war. Wahrscheinlich das Beste was er je zustande gebracht hatte.

„Ich beherrsche zwar keine Legilimentik, aber ich kann mir auch so vorstellen, was du gerade denkst. Lass es einfach Draco. . grüble nicht über Vergangenes, okay?.. Außerdem lief es doch ziemlich gut, oder nicht?"
„Findest du?"
„Ja das finde ich."

Sie hatten zuerst gemeinsam zu Abend gegessen, beinahe wie eine richtige Bilderbuchfamilie, wobei Draco anschließend das Gefühl gehabt hatte, irgendwann aus allen Nähten zu platzen, da er die selbstgemachte Pizza bis auf den letzten Krümel aufgegessen hatte.
Es war sogar so weit gekommen, dass Draco seinen obersten Hosenknopf hatte öffnen müssen, worüber Hermine nur herzlich lachen konnte.

Sie nahm das Ganze als überaus großes Kompliment, da Draco nie jemand war, vor allem im Vergleich zu Ron, der übermäßig viel aß. Er war höchstens eine Naschkatze, was sie tatsächlich, als sie in ihrem letzten Schuljahr davon erfahren hatte, zuerst nicht hatte glauben können. Doch er hatte sie eines Besseren belehrt. Oft hatten sie Stunden in einem Bett im Raum der Wünsche verbracht und sich nach dem Sex den süßen Köstlichkeiten der Hogwartsküche gewidmet.

Nachdem Hermine den Abwasch mit Magie erledigt hatte, hatten sie ruhig und behutsam versucht, Scorpius die Neuigkeiten über seinen leiblichen Vater beizubringen. Die junge Hexe hatte so sanft und kindgerecht wie möglich die Situation erklärt. In Draco's Kopf kreisten immer noch die Sätze, die Granger mit ihrem Sohn gesprochen hatte, während er selbst nur stumm und äußerst nervös daneben gesessen hatte.
„Weißt du noch Liebling, als du mich gefragt hast, ob du auch einen Daddy hast? Und dass die anderen Kinder im Hort alle schon einen hätten?"
„Ich hab dir doch erklärt, dass dein Daddy weit weg ist und ich ihm noch gar nicht von dir erzählen konnte? Weißt du das noch mein Schatz?"

Der Blonde konnte sich an jedes Detail im blassen Gesicht seines Sohnes erinnern, an sein vorsichtiges Kopfnicken, sein Stirnrunzeln und an seine zögerlichen Fragen, nachdem Granger versucht hatte, ihrem Sohn zu vermitteln, dass Draco sein Daddy sei.
„Wohnst du jetzt dann bei Mummy und mir?", hatte Scorpius hoffnungsvoll die Frage an den großen Malfoy gerichtet. Dem Blonden schnürte es immer noch gedanklich die Atemluft ab, wenn er an diese Frage und die dazugehörige Antwort dachte, die er seinem Erben bedauerlicherweise hatte geben müssen.
„Nein Scorpius. Das geht leider nicht."

„Warum? Daddys wohnen aber bei Mummys.", hatte er mit enttäuschten Augen gemurmelt.
„Ja.. da hast du recht. Meistens wohnen die Daddys bei den Mummys. Aber ich kann nicht bei euch wohnen Scorp. Ich bin verheiratet. Ich habe eine Frau."
„Aber Mummy...", hatte er weinerlich geflüstert, aber den Satz nicht vollendet. Es war unschwer zu erkennen, dass er sich schwer tat, das Ganze zu begreifen, warum Draco nicht bei ihnen blieb, wenn er doch sein Daddy war.

„Hast du uns dann nicht lieb?", hatte er dann stattdessen gefragt und den jungen Vater mit einem hoffnungsvollen und gleichzeitig auch verzweifelten Blick angesehen, der Draco das Herz noch schwerer werden ließ.
„Natürlich hab ich dich lieb Scorpius.", hatte Draco sanft gesprochen, währenddessen er vor seinem Sohn in die Hocke gegangen war, damit er mit ihm auf Augenhöhe war.
„Und Mummy?"

„Ich hab euch beide lieb, Scorp. Und ich werde euch immer besuchen und immer für dich und auch für deine Mummy da sein, verstehst du das? Ich geh nicht mehr weg. Ich bin für euch da. Auch wenn ich nicht hier bei euch wohne, Kumpel. Wir werden uns regelmäßig sehen. In Ordnung?"
Der kleine Junge nickte zögerlich, worauf Draco seine Arme ausbreitete.
„Komm.."

Scorpius ließ sich nicht lange bitten, sondern warf sich beinahe in die Umarmung seines Vaters und krallte sich an dessen Oberteil fest. Der blonde Malfoy-Erbe umarmte sein kleines Ebenbild fest, während er ihn liebevoll auf den ebenfalls blonden Haarschopf küsste.
„Ich hab dich lieb Scorp. Hörst du?", flüsterte er leise und der kleine Spross nickte erneut eifrig.
Hermine hatte sich zurückgehalten und die beiden Männer mit Faszination beobachtet. Ein Außenstehender würde nie auf den Gedanken kommen, dass Malfoy seinen Sohn erst seit etwas über 24 Stunden kannte. Aber wer konnte es ihm verdenken? Sie selbst hatte Scorpius auch vom ersten Augenblick an geliebt, ab dem Moment an, als er seinen ersten Schrei ausgestoßen hatte und auch zuvor schon, als sie bemerkt hatte, dass sie ihn unter ihrem Herzen trug.

Zudem war der junge Blonde so ein liebevoller und zauberhafter kleiner Kerl, dass man ihn einfach gern haben musste. Der Einzige, der offenbar immer eine Ausnahme gebildet hatte, war wohl nur Ronald Weasley und wenn sie nun daran zurück dachte, konnte sie sich selbst nicht verstehen, wie sie diese Beziehung so lange hatte aufrecht halten können. Es hätte ihr viel früher klar werden müssen, dass ein Mann, der sie zwar liebte, ihren Sohn jedoch nur notgedrungen akzeptierte, nie der Richtige für sie war.

Nachdem die zwei Erwachsenen behutsam versucht hatten, ihrem gemeinsamen Sohn die Wahrheit über seinen Vater zu erklären, wodurch der Junge weder verstört, noch groß irritiert war, sondern einen äußerst glücklichen Eindruck gemacht hatte, war es langsam Schlafenszeit für Scor geworden. Der kleine Knirps hatte natürlich darauf bestanden, dass Draco ihm wie versprochen eine Geschichte vorlas, dem der Ältere tatsächlich nur zu gerne nachgekommen war.

Hermine hatte sich nur sehr schwerlich vom Kinderzimmertürrahmen lösen können, an dem sie schweigend gelehnt und Draco's Stimme gelauscht hatte. Er und sein Sohn hatten eng nebeneinander gekuschelt in Scorpius kleinem Bett gelegen und mit dem gleichen neugierigen Gesichtsausdruck in das Märchenbuch geblickt, während der ältere Blonde mit leiser Stimme die Geschichte von Schneewittchen und den 7 Zwergen vorgelesen hatte. Ein Anblick, den die braunhaarige Hexe wohl nie wieder würde vergessen können.

Sie hatte es aber dennoch irgendwann erfolgreich geschafft, die zwei Jungs allein zu lassen, weshalb sie sich ans Aufräumen der Wohnung gemacht hatte. Als sie wenig später vorsorglich mit zwei Gläsern Rotwein wieder im Wohnzimmer erschienen war, hatte Draco den kleinen Mann bereits zum Einschlafen gebracht und der blonde Zauberer saß nun zerwühlt und überfordert mit seinen ganzen Gefühlen auf ihrer alten Couch.

„Bist du sicher, dass er das verkraftet? Ihn nicht verstört?", fragte Draco nach kurzer Stille und nachdem er an seinem Weinglas genippt hatte.
„Ja Draco. Mach dir keine Sorgen. Er ist noch so klein, für ihn bist du nun einfach sein Daddy und das wars. Wäre er älter würden wahrscheinlich viel mehr Fragen auf uns zu kommen. Aber dafür ist er im Moment einfach noch zu klein. Ich bin mir sicher, dass ihm alles bewusst ist, was wir ihm erklärt haben und er es auch verstanden hat. Sollte das aber dennoch nicht der Fall sein und ich mich irren, dann wird er dich aber trotzdem als Daddy in der nächsten Zeit akzeptieren, vorausgesetzt du hast regelmäßig Kontakt mit ihm. Wenn er älter ist, wird er sich wahrscheinlich von alleine gar nicht mehr erinnern können, dass du die ersten Jahre seines Lebens nicht da warst."

„Meinst du?", fragte Malfoy leise.
„Ja. Oder kannst du dich an die Zeit erinnern, als du 2 warst?", lächelte Hermine behutsam.
„Guter Einwand.", murmelte der Blonde und trank erneut von seinem Glas, ehe er sich etwas lockerer zurück lehnte und weit in die Sofakissen sinken ließ. Hermine neben ihm tat es dem jungen Mann gleich.
„Morgen also..", merkte Malfoy plötzlich gedankenverloren an.
„Ja morgen.", entkam es Hermine, während sie ihr Weinglas in den Händen drehte. Ihre Beine hatte sie mittlerweile auf das Sofa gezogen.

„Willst du dich im St. Mungo treffen? Oder soll ich euch abholen?"
„Ich denke, es ist vorerst das Beste wir treffen uns in der Klinik. Vielleicht gleich auf der Kinderambulanz. Wir sollten vorerst nicht zu viel Aufmerksamkeit auf uns ziehen.. und entschuldige, wenn ich das sage, aber du und Scorpius nebeneinander, das.. das müsste doch eigentlich auch ein Blinder erkennen."
Draco entkam ein Lachen.

„Ja.. seltsam, dass das deinen zwei Hohlbirnen nie aufgefallen ist.", stichelte er böswillig.
„Bitte. Hör auf sie zu beleidigen.", bat Hermine ruhig, wodurch Malfoy einlenkte und das Thema wechselte.
„Okay.. dann treffen wir uns in der Ambulanz. Um 11 Uhr hast du gesagt?"
„Ja.... .. ich.. „, fing sie an, sprach aber nicht weiter.
„Was?", fragte Malfoy besorgt und setzte sich wieder aufrechter hin.
„Ich hoffe nur so sehr, dass du ein passender Spender bist. Ich weiß nicht.. ich weiß nicht, was ich tun soll.. ich.. wenn..", sie brach zittrig ab.
„Es wird alles gut, Granger. Ich bin sicher."
„Bist du das?"
Draco's ertappter Gesichtsausdruck sprach Bände.
„Ich hoffe nur so sehr.."
„Ich auch Granger. Ich auch."


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