„Miss Granger? Mr. Malfoy?"
Hermine, die neben dem blonden Adelssohn auf den harten Krankenhauswartezimmerstühlen saß, sah ängstlich auf. Draco mit Scorpius auf dem Schoß, der gemeinsam mit dem kleinen Mann ein Kinderbuch durchgeblättert hatte, blickte ebenfalls den jungen Heiler an, der gerade den Warteraum betreten und nach ihnen gerufen hatte.
Die junge Hexe war in Windeseile auf ihren Beinen, Malfoy tat es ihr nach. Er schloss das Kinderbuch, legte es zur Seite und erhob sich von seinem Platz, Scorpius auf dem Arm, der sich an seinen Vater liebevoll festklammerte.
Die beiden besorgten Eltern folgten dem Heiler ein paar Türen weiter in einen Besprechungsraum, wo er ihnen einen Platz nebeneinander anbot, während er gegenüber Platz nahm und Scorpius Grangers Akte aufschlug.
Hermine saß wie auf glühenden Kohlen, jetzt würden sie endlich das Ergebnis erfahren, ob Draco als geeigneter Knochenmarkspender in Frage kommen würde und somit das Leben ihres Sohnes retten konnte.
Bei Scorpius leiblichen Vater wurde bereits am Vormittags eine ausgiebige Untersuchung durchgeführt und eine große Menge Blut abgezapft. Dank Magie war das Verfahren der Blutuntersuchung und die Auswertung der Ergebnisse bedeutend schneller als die der Muggel.
Hermine und Draco konnten bereits jetzt, am Nachmittag, mit einem Endbefund rechnen.
Die vereinzelten verwunderten Blicke, die das Dreiergespann von ihren Mitmenschen in der Krankenhauskantine erhalten hatte, als Hermine mit den beiden Blonden dort zu Mittag aß, waren ihr überraschenderweise egal gewesen. Die junge Frau war einfach viel zu aufgewühlt, um nach Hause zu apparieren und dort noch selbst zu kochen. So hatten sich der Malfoy-Erbe und die ehemalige Gryffindor dazu entschieden, die Wartezeit auf die Resultate im Krankenhaus abzuwarten und dort zu Mittag zu speisen.
„Dr. Smith. Sie haben die Ergebnisse?", fragte die junge Mutter ängstlich.
„Das ist korrekt. Und ich kann Ihnen erfreulicherweise mitteilen, dass die HLA-Merkmale bei Mr. Malfoy beinahe identisch mit der von Scorpius sind. Auch die Blutgruppe, die zwar nicht unbedingt übereinstimmen muss, ist gleich.", lächelte der junge Heiler aufmunternd, was Hermine erleichtert und glücklich aufatmen ließ. Auch der blonde Adelssohn sah erleichtert aus und drückte seinen Sohn liebevoll, der nach wie vor auf seinem Schoß saß und sich aufmerksam in dem fremden Zimmer umsah.
„Wirklich?", fragte die junge Mutter mit feuchten Augen.
„Ja. Wie Sie ja noch von unserem Gespräch letzte Woche wissen Miss Granger, sollten die HLA-Gewebemerkmale zwischen Spender und Empfänger möglichst vollständig übereinstimmen, um zu einem optimalen Transplantationserfolg zu kommen. Nur unter bestimmten Umständen können in engem Rahmen auch Differenzen akzeptiert werden."
Hermine nickte zustimmend.
„Und mit beinahe identisch, meinen Sie..", fing die junge Hexe an.
„Natürlich gibt es immer ein Risiko Miss Granger, darüber haben wir uns bereits unterhalten. Die Heilungschancen liegen etwas zwischen 40 und 80 %. Es ist schwer, absolute Prozentzahlen anzugeben, da die individuellen Heilungschancen von Mensch zu Mensch und Krankengeschichte zu Krankengeschichte stark variieren können. Aber ich würde es versuchen. Mr. Malfoy und Scorpius ähneln sich nicht nur äußerlich stark, auch genetisch sind sie sich äußerst ähnlich und die wichtigen HLA-Merkmale sind fast identisch. Besser als gehofft. Wir sollten das Risiko auf jeden Fall eingehen, Miss Granger. Es sind Scorpius beste Chancen auf vollständige Heilung. Auch ein Geschwisterkind, aus deren Nabelschnurblut wir die Stammzellen entnehmen würden, würde höchstwahrscheinlich auch nur einen geringfügig besseren Spender darstellen. Hinzu käme dann noch die Wartezeit bis dahin. Wir können nicht mit Sicherheit sagen, ob wir Scorpius Gesundheitszustand so lange stabil halten können."
„Geschwisterkind?", fragte Malfoy irritiert nach, wodurch Hermine's Wangen eine verdächtige Rotfärbung annahmen.
„Nichts..", piepste sie abwinkend.
„Ich habe mit Miss Granger darüber gesprochen, sollte sich kein passender Spender finden lassen, es immer noch die Möglichkeit gäbe, über ein Geschwisterkind, also ein weiteres Baby nachzudenken. Stammzellen aus Nabelschnurblut sind einzigartig. Sie sind frei von alterungs- und umweltbedingten Beeinträchtigungen. Außerdem unbelastet, teilungsfreudig, vital und in der Regel frei von Viren und Bakterien. Natürlich müsste der Embryo mit dem In-vitro-Fertilisations-Verfahren gezeugt und nach der Präimplantationsdiagnostik ausgewählt werden, damit das Geschwisterkind den idealen Spender für Scorpius darstellen würde."
Draco sah den jungen Mann entgeistert an. Obwohl der Heiler hauptsächlich nur angeberisch mit Fachausdrücken um sich geworfen hatte, war Draco durchaus bewusst, was der Arzt Granger vorgeschlagen haben musste.
„Davon hast du mir kein Wort gesagt.", wandte er sich vorwurfsvoll an die junge Mutter.
„Ich hielt es für nicht relevant.", verteidigte sich die Braunhaarige.
„Nicht relevant??", schnappte Draco aufgebracht zurück.
„Ja.. außerdem wie hättest du dir das vorgestellt? Wir treffen uns nach 3 Jahren wieder und ich hätte mal so nebenbei sagen sollen, hey Malfoy, das ist übrigens dein Sohn, von dem du bisher nichts wusstest.. ach und so nebenbei.. ich bräuchte bitte noch ein weiteres Baby von dir.", keifte Hermine leise zurück.
Das Räuspern des Heilers führte dazu, dass die beiden Eltern ihre Aufmerksamkeit wieder dem Mediziner zuwandten.
„Entschuldigen Sie.", kam es von der jungen Hexe, der es unangenehm war, sich vor dem Heiler so gehen lassen zu haben.
„Miss Granger hat mich bereits über Ihre familiäre Lage und die nicht vorhandene Beziehung zueinander aufgeklärt, Mr. Malfoy. Sie wollte Sie und Ihre Frau nur im äußersten Notfall, sollte sich auch in der Bevölkerung kein geeigneter Spender finden lassen, mit dieser Option belasten.", fügte Dr. Smith ruhig hinzu.
„Aber um zum Thema zurück zu kommen, wenn Sie beide einverstanden sind, würden wir die Therapie für Scorpius in die Wege leiten."
„Natürlich.", antwortete Malfoy anstatt Hermine, die nur zustimmend nickte.
„In Ordnung.", lächelte der Heiler aufmunternd und warf einen gütigen Blick zu dem Kleinkind, dass sich in die Arme seines Daddy's kuschelte und mittlerweile recht müde aussah.
„Wir würden dann zeitnah mit der Chemotherapie beginnen, die Scorpius erkranktes blutbildendes System irreversibel zerstören soll. Das Ziel der Behandlung ist zum einen die vollständige Zerstörung aller kranken Zellen, und zum anderen die Unterdrückung des Abwehrsystems, um zu vermeiden, dass die übertragenden Stammzellen abgestoßen werden.
In diesem Stadium dann ist Scorpius auf Ihre Stammzellen angewiesen, Mr. Malfoy, um wieder selbst Blut produzieren zu können."
Hermine und Draco nickten stumm und bejaten somit, dass sie die Erklärung des Heilers verstanden haben.
„Aber beinhaltet eine Chemotherapie nicht furchtbare Nebenwirkungen?", fragte Draco besorgt.
„Das ist soweit korrekt, Mr. Malfoy. Doch in diesem Fall können wir uns wieder die Magie und die Zaubertränke zu Nutze machen, die die Beschwerden lindern oder sogar eindämmen können. Wir sind in der Lage die Behandlung für Scorpius einigermaßen schmerzfrei zu gestalten. Organschäden, Haarausfall, die Schädigung der Schleimhäute und Unfruchtbarkeit sollten demnach kein Problem darstellen."
„Einigermaßen schmerzfrei? Keine Probleme?", fragte der Blonde mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Nun, die Minimierungschance der Beschwerden einer chemotherapeutischen Behandlung steht bei 90 %. Natürlich gibt es immer wieder mal Ausnahmen oder Unvorhergesehenes, auf dass ich sie als Eltern einfach hinweisen muss. Solche Ausnahmen sind aber nicht die Regel. Machen Sie sich keine Sorgen. Scorpius sollte keine Schmerzen spüren. Es lässt sich aber leider nicht vermeiden, dass er sich müde, schlapp und abgekämpft fühlen wird. Da er noch so klein ist und ihm nicht recht bewusst ist, was mit ihm los ist, wird sich diese Schwäche seines Körpers wahrscheinlich auch auf seine Psyche ausweiten. Es könnte sein, dass es zu extremen Trotz- oder Weinanfällen kommt. Sie werden viel Geduld aufbringen müssen. Außerdem sollte ich Sie darauf hinweisen, dass es trotz der verabreichten Zaubertränke es dennoch unter der zytostatischen Behandlung zu etwas Übelkeit und Erbrechen kommen könnte. Aber wie bereits gesagt, es könnte, muss aber nicht. Nicht jedes Kind ist gleich."
Erneut nickten beide Elternteile.
„Ich würde vorschlagen, wir nehmen Scorpius am Montag stationär auf. Die Chemotherapie und die systematische Zerstörung von Scorpius Blutzellen kann dank Magie beschleunigt werden, wodurch sich das Ganze auf nur 2 oder 3 Tage hinziehen sollte. "
„Wie geht es weiter?", fragte Scorpius Vater interessiert.
„Kurz nach der Hochdosis-Chemotherapie werden die Leukozyten, Erythrozyten und Thrombozyten stark abfallen, ab diesem Zeitpunkt müssen wir Scorpius isolieren, um ihn vor Krankheitserregern schützen, die durch andere Menschen übertragen werden können. Demzufolge dürfen nur Heiler, die Krankenschwestern und Sie beide ihren Sohn besuchen. Auch wenn das Patientenzimmer mit dem Disinfection Insulation Zauber keimfrei gehalten wird und alle eintretenden Personen somit regelmäßig magisch desinfiziert werden, wollen wir kein Risiko eingehen. Erst wenn sich Scorpius Zustand stabilisiert, dürfen Sie auch wieder weiteren Besuch empfangen.", schloss der Heiler und machte eine kurze Pause, um den beiden Eltern Zeit zu geben, das eben Gesagte zu verarbeiten.
„Die eigentliche Transplantation ist für ihren Sohn dann unaufwändig. Das Transplantat wird direkt aus dem Beutel über einen Venenkatheter in den Blutkreislauf übertragen. Sollten wir mit der chemotherapeutischen Behandlung nicht alles vollständig zerstört haben, so wird das neue Immunsystem, das von ihnen stammt Mr. Malfoy, den verbleibenden Rest des alten Knochenmark zerstören. Nach ein paar Tagen fängt dann Scorpius Körper mit der Produktion neuer Blutzellen an."
„Wie lange dauert das alles?", fragte der Blonde weiter.
„Aufgrund der Zaubertränke und der Magie dürfte sich das ganze nicht länger als 3 oder 4 Wochen hinziehen. In der Muggelwelt dauert so eine therapeutische Maßnahme um einige Wochen länger. Nur die eigentliche Stammzellenentnahme und Übertragung sollte ohne Magie von statten gehen, da das Risiko zu groß wäre, dass die wichtigen Blutzellen durch den Eingriff mit Magie zerstört werden könnten."
„Was muss ich machen?"
„Wir würden die Knochenmarkentnahme gern zeitlich direkt vor der Übertragung an Scorpius durchführen, da uns in der magischen Welt kaum Konservierungsmittel zur Verfügung stehen, wie die Muggel sie haben. Es besteht einfach zu wenig Interesse, in diesem Gebiet weiter zu forschen. Wir würden Sie unter Vollnarkose legen, Mr. Malfoy und..."
„Halt.. was? Vollnarkose?"
„Ja um Ihnen den Eingriff zu erleichtern. Die Punktion des hinteren Beckenkamm ist etwas sehr aufwendiges und schmerzhaftes."
„Aber dann kann ich nicht dabei sein, wenn Scorpius die Stammzellen erhält?"
„In der Tat."
„Nein. Das ist keine Option."
„Draco..", wandte Hermine sanft ein.
„Nein."
„Mr. Malfoy wir haben keine Konservierungsmittel, die die Übertragung hinauszögern könnte."
„Dann machen wir es halt ohne Vollnarkose. Geben sie mir eine örtliche Betäubung und das wars. Dann kann ich bei der Übertragung dabei sein."
„Mr. Malfoy, Ihnen wird ca. ein Liter Knochenmark-Blut-Gemisch entnommen. In der Regel verbleiben Spender noch zwei bis drei Tage im Krankenhaus."
„Bin ich doch auch. Nur eben im Patientenzimmer von meinem Sohn. Oder denken Sie etwa ich leg mich gemütlich in mein Zimmer einige Stockwerke tiefer und trinke entspannt Kamillentee, während Scorpius um sein Leben kämpft?", brauste der junge Vater auf.
„Gut. Ich kann Sie verstehen Mr. Malfoy.", lenkte der Heiler betroffen ein.
„Dann werde ich Ihren Eingriff in lokaler Betäubung planen. Aber Ihnen ist bewusst, dass der Eingriff schmerzhaft ist und eine örtliche Betäubung kaum ausreichend ist?"
Draco nickte. „Ja."
„Bist du dir sicher Draco? Willst du das wirklich so machen?", flüsterte Hermine besorgt.
„Ja bin ich.", erklärte er ruhig. „Ich möchte auf jeden Fall dabei sein, wenn Scor die Stammzellen erhält. Das ist doch für dich in Ordnung? Oder?", fragte er besorgt.
„Natürlich.", lächelte sie liebevoll und dankend zurück, ehe sie seine Hand ergriff und fest in ihrer drückte. Scorpius, der sich immer noch sitzend auf dem Schoß seines Vaters befand, gähnte müde, worauf Draco ihm einen liebevollen Kuss auf seinen hellblonden Schopf schenkte.
Hermine war froh, Draco Malfoy als Unterstützung für das Kommende zu haben. Es war mehr, als sie je erwartet hätte.
„Gut. Dann muss ich Sie noch über die weiteren Risiken aufklären, die durch Ihren Eingriff auftreten können, ehe Sie mir Ihre schriftliche Einwilligung für den Eingriff geben.", meinte der Heiler freundlich lächelnd, während er einige Unterlagen aus Scorpius Krankenakte hervor zog, die er dem hochgewachsenen Malfoy-Erben reichte.
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Sur votre main - pour la vie
FanfictionHermine Granger bittet ihren ehemaligen Schulkameraden Draco Malfoy um ein Gespräch, was den blonden Zauberer gehörig aus der Bahn werfen wird. Und nicht nur ihn..