Kapitel 11

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„Dein alter Freund scheint versagt zu haben", sagte Lady Mysteria kühl.
„Ich gebe zu, ich habe seine Fähigkeiten überschätzt", entgegnete der Graue Hengst.
„Oder die der kleinen Diebin unterschätzt."
Der Graue Hengst mahlte mit den Zähnen.
„Das wird doch nicht noch ein weiteres Mal passieren, nicht wahr?"
„Meine Herrin", antwortete der Graue Hengst mir einer Verbeugung. „Dieses Mal werde ich mich persönlich um sie kümmern."
Damit verschwand er in der Dunkelheit.

Ein Sonnenstrahl weckte Serenity auf.
Nachdem endlich der Tag gekommen, die Dunkelheit vorüber und der Geistschlucker besiegt worden war, hatte der Sumpf gar nicht mehr so bedrohlich gewirkt. Sie hatten zunehmend festen Boden unter den Hufen gefunden, die Bäume standen weniger dicht beieinander und es war lichter geworden.
Nachdem sie also eine recht turbulente Nacht durchgemacht hatten, waren Sunray und Serenity so müde gewesen, dass sie sich einfach auf den Boden gelegt hatten und nebeneinander eingeschlafen waren. Sie war so müde gewesen, dass ihr gar nicht aufgefallen war, wie nah sie und Sunray beieinander gelegen hatten und sie mit einem Ohr auf einem seiner kleinen Flügel lag.
Als sie von ihm wegrutschte, wachte Sunray auf und gähnte.
„Morgen", sagte er und streckte den Flügel den Serenity als Kissen benutzt hatte. „Mann, mein Flügel fühlt sich so komisch an."
„Wirklich?"
„Ja."
„Vielleicht hast du einfach nur falsch gelegen."
„Nee, das fühlt sich eher so an, als hätte etwas drauf gelegen", antwortete Sunray nachdenklich und schlug ein paar mal damit. „Mann."
„Ist doch halb so schlimm. Ich meine, du kannst sie ja sowieso nicht benutzen", rutschte es Serenity heraus. Sie hätte sich sofort Ohrfeigen können. „Oh, tut mir leid. Ich wollte nicht..."
„Schon gut. Du hast ja recht." Sunray lächelte, aber den Schmerz konnte er nicht verbergen.

Während sie weitergingen entging es Sunray nicht, dass Serenity's Blick immer wieder auf seine Schwingen fiel.
Fragend sah er sie an. „Was ist denn?"
„Also wegen deinem Flügel", sagte Serenity, verstummte aber dann schnell wieder.
„Ja?", sagte Sunray langsam.
„Also, vielleicht gibt es eine Möglichkeit, dass du fliegen kannst", brachte sie heraus.
Überrascht blieb Sunray stehen. „Wie meinst du das?"
„Ich habe nachgedacht. Vor allem anderen war das Sternkönigreich bekannt für seine außergewöhnlichen Zauber. Viele der heutigen Zauber beziehen sich auf die Grundlagen aus der Sternenstadt. Selbst Starswirl der Bärtige hat sie studiert. Aber das ist nicht verwunderlich."
„Wieso?"
„Ich weiß es nicht bestimmt, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass Starswirl ein Nachkomme aus dem Sternkönigreich war."
„Meinst du echt?"
„Wie gesagt: ich weiß es nicht bestimmt."
„Und du glaubst, es gibt einen Zauber, der mich fliegen lassen kann?"
„Oder der deine Flügel wachsen lässt. Das ist Magie aus alten Zeiten. Sie ist mächtig und anders als heutige Zauberkraft."
„Wieso das?"
„Weil durch den Lauf der Zeit Magie immer mehr zu einer Wissenschaft wurde. Sie wurde berechenbar gemacht und mit Logik erklärt. Mit Zahlen, Tabellen und Gleichungen. Dadurch hat sie viel von ihrer Ursprünglichkeit verloren."
„Ich glaube ich verstehe nicht ganz."
Serenity seufzte. „Früher war die Magie frei und wild. Sie wurde eingesetzt durch Willen und Vorstellungskraft. Es wurde nach Gefühl gezaubert. Das ist zum Teil heute noch so. Wenn Einhörner eine Tür aufmachen oder etwas hochheben ist das eine ganz natürliche Reaktion, wenn sie ihre Magie benutzen. Wenn es aber komplizierter wird z.B. wenn sie ein Feuerwerk abbrennen sollen denken sie erst darüber nach, ob sie überhaupt einen passenden Zauberspruch kennen der es ihnen erlaubt das zu tun. Wenn sie ihn nicht kennen, weil sie es nicht in irgendeinem Buch gelesen oder von jemandem gelernt haben kommen sie zu dem Schluss, dass sie kein Feuerwerk abbrennen können. Früher hat man einfach seinen Willen und Vorstellungskraft eingesetzt um es zu tun."
„Klingt, als wäre die heutige Magie schwächer als früher."
„Ist sie auch, in gewisser Hinsicht. Aber sie ist auch sicherer. Wie gesagt: die Magie war damals frei und wild. Dadurch aber auch ungezähmt und ungestüm. Sie konnte einen plötzlich überwältigen und eine Katastrophe auslösen, wenn man nicht sehr vorsichtig war. Das lässt sich vergleichen mit einem Fluss, der früher mit vielen Armen durch das Land zog und immer wieder über die Ufer trat und Überschwemmungen verursachte, doch dann in ein einzelnes Bett kanalisiert wurde. Ob das besser ist oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden."
„Das heißt, wenn wir in die Sternstadt kommen und du so einen Zauber einsetzt", murmelte Sunray nachdenklich. „dann könnte es sein, dass ich am Ende Flügel habe so groß wie Scheunentore?"
„Nur wenn etwas schiefgeht und das wird es nicht."
„Falls du es noch nicht bemerkt hast, es gehen viele Dinge schief, wenn ich dabei bin."
„Du musst ja nicht zaubern, sondern ich."
„Aber es könnte schiefgehen."
„Sunray, so viele Dinge sind schiefgegangen und sind trotzdem gut geendet, oder?"
„Ja, aber..."
„Und jetzt frag ich dich mal was: Willst du fliegen oder nicht?"
„Ich würde wirklich gerne fliegen", gestand Sunray.
„Gut, dann vertrau mir einfach, okay?", sagte Serenity und ging weiter.
Sunray lief ihr hinterher. „Aber meinst du echt, dass es so einen Zauber gibt?"
„Wenn es überhaupt einen gibt, dann in der Sternstadt."

Sunray - Das Geheimnis der Sternstadt (My Little Pony Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt