Es war nicht einfach den Schatten der Bäume zu folgen. Der Sumpf war so düster, dass Serenity nur mal mehr mal weniger dunkles Grau erkannte, deshalb preschte sie einfach in eine Richtung weiter, von der sie hoffte, es sei die richtige.
Sie hatte es nicht gemerkt, aber die Nacht war schon lange hereingebrochen.
Sie wusste nicht, was dieser Geistschlucker sein sollte, geschweige denn, wie sie ihn bekämpfen konnte, aber ihr würde schon was einfallen, wenn es bedeutete Sunray zu finden.
„Der Gesitschlucker hat ihn sich geschnappt", hallten die Worte in ihr wider. „Wenn du dich nicht beeilst, wird bald nicht mehr viel von deinem Freund übrig sein."
Diese Worte beflügelten ihre Schritte.
„Warte Sunray", dachte sie. „Gleich bin ich bei dir!"
Ein gemeines, zischendes Kichern ließ sie anhalten. Nichts und Leere tauchten mit einem Mal vor und hinter ihr auf. Ihre Augen glühten und ihre Lächeln waren schadenfroh.
„Kleines Mädchen ist ganz allein", kicherte Leere.
„Und es wird auch niemand kommen", sagte Nichts. „Dein Pegasus wird dir nicht helfen können, das haben wir gesehen."
Die beiden Dämonischen Ponys waren zwar von ihren Herren verstoßen worden, aber sie dachten, wenn sie diesmal Erfolg haben würden, würde der Graue Hengst sie sicherlich zurücknehmen. Das war ihre Chance.
„Ihr wisst wo Sunray ist?", fragte Serenity ruhig.
Die beiden dämonischen Ponys kicherten. „Oh ja, den haben wir gesehen."
„Sah wirklich schlimm aus."
Serenity ließ geräuschvoll ihren Nacken knacken. „Dann lasst uns endlich anfangen."
Serenity feuerte einen Lichtstrahl auf Leere, während sie Nichts einen Huftritt ins Gesicht verpasste. Aber was sie auch tat, die beiden Dämonischen Ponys schien das nicht zu beeindrucken. Sie standen einfach immer wieder auf. Und Serenity spürte, wie sie selbst immer schwächer wurde. Sie hatte schon den ganzen Tag lang Hunger, außerdem hatte schon die Auseinandersetzung mit der Schlingerle eine Menge Kraft gekostet. Sie wich vor den beiden zurück, um Atem zu schöpfen, doch schon rannten sie auf sie zu. Als Knäuel rutschten sie zu dritt aus und polterten einen Abhang hinunter. Platschend landeten sie in einem niedrigen Wasserbecken.
Serenity zauberte, trat und biss wie sie nur konnte, doch den beiden Dämonischen Ponys war sie einfach unterlegen.
„Jetzt haben wir dich, Prinzessin", zischte eines von ihnen. Welches konnte sie nicht sagen.
Ihre Gedanken wirbeltn wild durcheinander. Der Sterndiamant, das Sternkönigreich, Sunray.
Was konnte sie jetzt noch tun?
Wieder warfen sich die beiden Dämonischen Ponys auf sie und stießen sie zu Boden. Dabei wurde der Sterndiamant aus Serenitys Tasche geschleudert. Unversehrt landete er auf trockenem Boden, wo er wie ein Auge die drei kämpfenden Ponys anblickte.
Dann kam Nebel auf.
Unerwartet schoben sich dicke Wolken zwischen die drei.
Serenity befreite sich aus dem Griff, mit dem Leere sie gefangen hielt und tauchte im Nebel unter.
„Hey, wo ist sie?", fragte Nichts.
„Da, ich hab sie!", rief Leere.
„Nein, das bin ich", knurrte Nichts und klatschte Leere eine. Dann fingen sie wieder an zu streiten und prügelten sich.
Serenity hob den Sterndiamanten mit ihrer Einhornmagie auf. Durch den Nebel gedämpft wie mit Watte konnte sie die beiden Dämonischen Ponys streiten hören und so sehr in ihre Keilerei vertieft, schienen sie sich immer weiter von ihr zu entfernen.
Ein Glück, dass dieser Nebel aufgekommen war.
Oder war es mehr als nur Glück gewesen?
Sie steckte den Sterndiamanten ein.
Jetzt musste sie Sunray finden.
Sie ließ ihr Horn leuchten und trabte durch den Nebel.
Schon bald hatte sich der Nebel um Serenity gelegt, so als wolle er sie frei lassen, aber die Dämonischen Ponys gefangen halten. Aber wie Serenity feststellen musste, machte das fast keinen Unterschied; Je tiefer sie kam, desto dunkler wurde es. Sie war in einem Teil des Sumpfes gelangt, der schon fast vergessen schien und den schon seid langer Zeit kein Sonnenstrahl mehr berührt hatte.
Aber Serenity hatte keine Zeit darüber nachzudenken. Ihre Sorge galt Sunray. Leere und Nichts hatten etwas angedeutet, dass ihr Angst machte. Sie hatten Sunray gesehen und wie es schien, war ihm etwas furchtbares zugestoßen.
Hoffentlich war das nur eine gemeine Lüge gewesen.
Verzweifelt rief sie Sunray's Namen. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals.
Sie kämpfte sich durch eine Wand aus wild wucherndem Gestrüpp, da sah sie ihn! Da ging er! Das war er!
Das war keine Flamme aus Sumpfgas, keine Einbildung, keine Illusion. Das war Sunray.
Und er kam auf sie zu!
„Sunray!"
Diese dämlichen Dämonischen Ponys. Sunray ging es gut und auch dieser Geistschlucker schien nicht in der Nähe zu sein.
Aber schon, als sie die ersten Schritte auf ihn zumachte, merkte Serenity, dass etwas nicht stimmte. Sunray er... Er beachtete sie gar nicht. Mit stumpfen Augen blickte er vor sich hin, ging er auf sie zu – und dann einfach an ihr vorbei, ohne sie auch nur anzusehen. Ganz leise konnte sie ihn murmeln hören.
„Was ist los mit dir?" Ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauchen. Sunray wandte den Kopf in eine andere Richtung und schritt weiter.
„Warte!" Serenity hielt ihn fest, bevor er weitergehen konnte, nahm sein Gesicht zwischen beide Hufe, ganz vorsichtig, als könne es wie eine Seifenblase zerplatzen und zwang Sunray ihr in die Augen zu schauen.
„Bitte Sunray, sag doch irgendwas. Sprich mit mir."
Gemurmel.
„Um ihn musst du dir keine Sorgen mehr machen", sagte eine Stimme.
Serenity blickte sich um. Sie waren umringt von einem Kranz aus Nebelschwaden.
„Du musst dir überhaupt keine Sorgen machen, um gar nichts mehr", sagte die Stimme weiter und ein ganz schwummeriges Gefühl machte sich in ihrem Kopf breit.
Sie sah, wie sich aus dem Nebel eine Gestalt erhob. Doch die Erscheinung schien keinen festen Körper zu haben, sie leuchtete und flackerte nur geisterhaft.
Seine Gestalt war von gespenstisch grünem Leuchten. Der Kopf war verborgen unter einer tiefen Kapuze, schmale Ansätze von Schultern waren alles, was dem Wesen so etwas wie Form gaben. Der Rest des Körpers,wenn er überhaupt einen hatte, wurden von einem Fetzenumhang verdeckt.
Der Geistschlucker schwebte auf die eine dann auf die andere Seite. Geduldig. Abwartend. Er hatte Zeit. Keiner konnte lange seinem Zauber widerstehen. Das Licht, welches das Einhorn warf würde ihn nicht mehr lange aufhalten. In ihrem Kopf war die Saat schon gepflanzt. Und auch der Geist des Pegasus war schon so gut wie verloren. Nur noch gemurmelte Worte banden ihn an diese Welt.
Der Geistschlucker streckte eine Hand nach ihm aus, aber das Mädchen gab sich stur. Mit ihrem Licht trieb sie den Geistschlucker zischend zurück, während der Pegasus teilnahmslos vor sich hin starrte.
„Warum wehrst du dich so?", lullte der Geistschlucker. „Gib doch einfach auf. Es ist in Ordnung aufzugeben. Niemand macht dir einen Vorwurf. Innerlich hast du doch schon längst aufgegeben. Deine Suche, das Sternkönigreich."
Serenity's Kopf wurde schwer. Sie taumelte und stupste gegen Sunray.
„Und ihr beide", sagte der Geistschlucker. „Ihr habt euch schon längst aufgegeben."
Das ist nicht wahr, dachte Serenity.
„Ich hab's vergessen", hörte sie Sunray murmeln. „Wie ging es noch mal weiter? Und Hilfe wird kommen von den Strahlen der Sonne...Wie ging's weiter? Hab's vergessen."
Serenity sah auf. Redete er etwa von der Prophezeiung?
„Sunray", sagte sie.
„Nein es war nicht Sunray", murmelte er. „Es ging anders weiter. Aber wie? Und Hilfe wird kommen von den Strahlen der Sonne."
Wenn Sunray das noch wusste, dann musste in ihm noch etwas von seinem alten Selbst übrig sein. Sie nahm seinen Kopf in die Hufe und sprach so deutlich, wie sie es in ihrem vernebelten Zustand vermochte: „Durch Streit getrennt und auf die Prob' gestellt / Freundschaft ist was Herzen bindet..."
Doch der Geistschlucker wollte sie nicht zu Wort kommen lassen. Er spürte, dass das kraftvolle Worte waren. Er erschien neben Sunray und legte ihm einen Arm um die Schultern. „Mein lieber Junge", sagte er. „Lass dir nichts vormachen. Ihr habt euch gestritten und wenn man zerstritten ist, geht man am besten getrennte Wege."
„Streit", murmelte Sunray.
„Sunray", sagte Serenity, deren Augen langsam dunkel wurden. „Es tut mir leid, was ich gesagt habe." Dann ließ sie den Kopf hängen.
So ist's gut, dachte sich der Geistschlucker. Ein Pegasus und ein Einhorn. Er würde eines nach dem anderen genüsslich auffressen.
Aber etwas in Sunray's Inneren regte sich. Langsam erinnerte er sich. Der Nebel in seinem Kopf legte sich. Das Pony das da neben ihm lag.
„Serenity", sagte er langsam.
Der Geistschlucker spürte, wie die Seele des Pegasus zu ihm zurückkehrte. Er musste etwas unternehmen. Noch nie hatte es jemand geschafft, sich seiner Stimme zu entziehen.
„Du bist ganz allein", flüsterte er eindringlich auf Sunray ein. „Sie mag dich nicht. Ihr hattet Streit!"
„Streit", wiederholte Sunray. Dann schloss er die Augen und der Geistschlucker war schon erleichtert, denn für einen Moment war er ganz unsicher gewesen, doch da hörte er Sunray sprechen, hell und klar:
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Sunray - Das Geheimnis der Sternstadt (My Little Pony Fanfiction)
PertualanganNicht genug, dass Sunray als Pegasus viel zu kurze Flügel hat, nein, er gehört auch noch zu der Sorte Pony, die das Unglück scheinbar magisch anziehen. Aber das hätte er sich niemals träumen lassen: Ein katastrophaler Museumsbesuch, dunkle Mächte, g...