4 ~ Rettung

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Meine Faust schlägt gegen die Wand, ein angenehmer Schmerz fährt durch meine Knochen, durch meine gesamte Hand. Vor mir steht ein nagelneuer Laptop, Apple. Jiwon hat ihn mir zum Abschied mitgegeben.

"Er hilft dir nicht bei der Suche nach deiner Mutter, aber er wird deinen Durst stillen", hatte er gesagt. Kaum war ich im Hotel, hatte ich meinen Koffer auf das große Bett geworfen und ihn aufgeklappt. Man sah eine Karte, in grün und schwarz, ein blinkender, roter Punkt war darauf verzeichnet. Über dem Punkt stand ganz klein "Theo".

Hier ist er also. Auf dem Parkplatz von einem Drive-in? Nachts um halb drei? In meinem Kopf schwirren tausende von Gedanken herum, Erinnerungen. Sein Lachen, die Küsse und die ganzen Worte. Gute Worte, schlechte Worte. War das alles gefälscht?

Ich schreie einmal laut, um den ganzen Frust heraus zu lassen, die ganze Wut in die Nacht hinauszuschreien. Er ist mir zum Greifen nahe.

Ich könnte hinfahren. Nur, um ihn zu sehen. Es heißt ja nicht, dass ich ihn gleich umbringen muss. Das ist dann Selbstbeherrschungstraining. Darauf hat Jiwon doch immer so viel Wert gelegt.

Was rede ich da? Ich versuche doch nur, mir einen plausiblen Grund zusammen zu spinnen, damit ich hinfahren kann.

Aber weißt du was, Hirn? Drauf geschissen!

Entschlossen schnappe ich mir meine Autoschlüssel und verlasse mein Hotelzimmer, poltere die Treppen herunter und steige in meinen Wagen.

Die Welt scheint sich zu verlangsamen, als ich mich dem leuchtenden Schild des Fast Food Restaurants nähere. Meine Hände werden eiskalt und klammern sich stärker an das Lenkrad. Ich sehe seinen Wagen. Schwarz, mit Anhänger. Wie oft haben wir darin gesessen, gegessen, gelacht, uns geküsst? Nachdem Jiwon mich geholt hat, blieb mir immer nur die Wut, die Rachsucht, nie Kummer. Ich habe das Gefühl, die ganze Trauer tritt nun ein, macht mich im Wichtigsten Moment schwächer.

Ich halte gegenüber von seinem Wagen, damit er mich nicht sieht. Ich will rausstürmen. Doch dann sehe ich Blaulicht und ein Streifenwagen kommt mir zuvor. Er hält neben Theos Wagen. Ein Polizist steigt mit einer Taschenlampe in der Hand aus und klopft im hinteren Bereich des Wagens an die Scheibe. Der Wagen ruckelt und der Polizist geht zur Scheibe beim Fahrersitz. Das Fenster wird heruntergelassen und der Polizist beginnt, zu Reden. Ich lasse das Fenster ebenfalls herunter, um mitzuhören.

"Das ist das dritte Mal, man. Sie müssen damit aufhören. Oder sich an den Wald stellen."

"Ich habe doch keine andere Wahl." Seine Stimme jagt eine Gänsehaut über meinen Rücken. Sie klingt noch immer so engelsgleich. Wovon reden die beiden? Das dritte Mal?

"Sie können sich nicht einfach auf öffentlichen Parkplätzen hinstellen, um zu Schlafen."

Was..? Er schläft in seinem Auto? Was ist passiert?

Meine ganze Wut verfliegt für einen Moment und auf mein Gesicht tritt Besorgnis, wie ich durch einen Blick in den Rückspiegel feststelle.

Auf einmal fährt Theos Wagen vom Parkplatz, der Polizist schüttelt mit dem Kopf und steigt selbst wieder in seinen Wagen. Ich kann nicht verhindern, dass ich den Schlüssel im Zündschloss drehe, den Fuß aufs Gaspedal lege und ihm nachfahre. Vermutlich... Will ich ihn gleich umbringen.

The Truth 2 》Theo RaekenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt