13 ~ Normalität im Wahnsinn

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„Musste das sein?", fragt mich Scott seufzend, während er sich neben mich fallen lässt. Meine erste Mathestunde seit sehr langer Zeit. Ein Wunder für mich, dass der Direktor mich überhaupt so ohne weiteres aufgenommen hat. Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass er in einer Art Schockzustand war, als wir gesprochen haben.


„Ich hatte ursprünglich vor, ihn umzubringen. Also sei froh, dass ich nur so einen Kindergarten veranstalte."


Scott seufzt und fährt sich durch die dunklen, dichten Haare. Er sieht so unglaublich erschöpft aus. "Naja, wenigstens siehst du ein, dass es eine Kindergartenaktion ist", sagt er. 


"Aber es ist nichts im Vergleich dazu, was er mir angetan hat", werfe ich ein.


"Dann solltest du ihn bluten lassen. Und das nicht nur innerlich."


Mein Gesicht, dass ich bis jetzt stur zur Tafel gerichtet hatte, dreht sich dem Scotts zu. Sonst hat er doch nie so brutale Gedanken und Ideen geäußert. Was mag nur alles geschehen sein?


"Fürs Erste brauche ich einen neuen Plan", murmle ich und wende den Blick schnell wieder von ihm ab. Mir gefällt die Lieblosigkeit und Kälte darin ganz und gar nicht.


"Wo kommst du denn unter? Willst du wirklich in eurem verwahrlosten Haus leben? In deinem Zimmer, das als deine Grabstätte dient?"

Ich seufze und sehe ihm direkt in die Augen. "Nein. Ich finde schon etwas." In Gedanken gehe ich alle Orte Beacon Hills durch, an denen ich unterkommen könnte. Doch nichts wäre auf Dauer wirklich tauglich dafür.

"Du kannst bei mir unterkommen", bietet Scott an und insgeheim ist das genau das, was ich vermeiden wollte. Ich war nie nett zu Scott, habe ihn und sein Rudel stets angezweifelt, um einer Schlange zu vertrauen.

"Das könnte ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren und das weißt du", erkläre ich seufzend, sehe auf den Boden und dann wieder in seine Augen.

"Chloe, hör mir genau zu. Das war dein altes ich. Du hast dich verändert und tust nun das Richtige, wenn du nicht gerade jugendliche Vergeltung an deinem psychopathischen Ex-Freund ausübst. Ich möchte dir noch eine Chance geben. Und das wäre doch ein guter Start, findest du nicht?"

Ich hebe den Kopf und sehe Scott zweifelnd an. "Das würdest du für mich tun?"

"Natürlich würde ich das." 

In dem Moment kann ich es nicht mehr halten. Die ganze Zuneigung kenne ich nur von Jiwon und hätte sie schon gar nicht von Scott erwartet. Ich umarme ihn fest und kralle mich dabei an den Stoff seines Pullis. Und auf einmal, scheint all das, einen Lichtblick zu haben. Ich bin nicht mehr zwischen Leben und Tod, nicht mehr im Fegefeuer. Ich bin ins Leben zurückgekehrt.

The Truth 2 》Theo RaekenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt