Die Party, vor der ich mehr Angst hatte als einige Mädchen vor Spinnen, verläuft nun doch gar nicht so übel. Das erste Mal beschäftige ich mich mit Scott und seinen Freunden, mit der Chemie zwischen ihnen, dem Band, das ein jede Art von Beziehung mit den verschiedenen Individuen verbindet. Einige Bänder sind dick, andere dünn, haben verschiedene Farben, vielleicht an einigen Stellen Knoten. Vielleicht sind sie auch irgendwo bereits fast durchgeschnitten worden.
Aber nichts ist vergleichbar mit der Stärke des Bandes zwischen diesen Menschen. Sie lachen zusammen, wirken so entspannt und vertraut, ihre Augen huschen nicht nervös herum, als müssten sie irgendetwas im Blick behalten, als hätten sie Angst vor etwas, das noch kommen könnte.
Warum denn auch? Sie könnten in einer solchen Situation immer auf jeden zählen, der hier in dieser Runde sitzt. Auf jeden einzelnen. Ein so ungewöhnliches Rudel, doch ein perfektes, betrachtet man es taktisch. Jeder hat eine andere Fähigkeit, die entweder in ihrer Entwicklung, oder bereits ausgereift ist. Mehrere, ausgeprägte Stärken. Weniger Schwachpunkte.
"Woran denkst du?" Scott setzt sich zu mir. Sein Parfum ist wie immer nahezu beißend und doch irgendwie angenehm. Wir sitzen im Garten, um ein Lagerfeuer herum, ganz klassisch, auf Baumstümpfen. Scott sieht mich nicht einmal genau an. Sein Blick liegt ruhig auf den umherzüngelnden Flammen.
"An nichts", murmle ich gedankenverloren, als auch mein Blick in die Flammen fällt. "Altes Denken, eine Angewohnheit, die ich von Jiwon habe."
"Er hat dich aufgenommen, richtig?" Er runzelt die Stirn, seine dichten Augenbrauen nähern sich und verschmelzen dabei nahezu zu einer. Ich muss schmunzeln. Es sieht irgendwie knuffig aus.
"Richtig. Er hat mir strategisches Denken beigebracht."
"Wieso?" Nun wendet sich Scotts Blick mir zu.
Auch ich sehe ihn an. "Weil Wut und die Aussicht auf Rache das einzige war, was mich noch aufrecht erhalten hat."
"Wut auf mich?"
Ich fahre herum. Diese Stimme kenne ich nur zu gut. Um mich herum verstummen die Gespräche, im Augenwinkel bemerke ich physisch, wie Scott aufsteht, doch diese Wahrnehmung kommt in diesem Moment nicht wirklich in meinem Hirn an.
Theo steht vor mir, sein Blick ruht auf mir, als wäre nie etwas gewesen, als hätte er nicht diese scheußlichen Dinge getan, als wüsste er nicht, wie gern ich ihn umbringen würde.
Aber ich tue es nicht.
Deswegen schaut er so.
Er macht sich lustig über mich!
Weil er den Kampf in meinem inneren genau durchschaut hat. Auch er versteht etwas von strategischem Denken.
Langsam erhebe ich mich, die Klauen schießen mordlustig, jedoch bedrohlich langsam aus meinen Händen, als meine Augen sich zu verfärben drohen.
Nein, den Gefallen tue ich ihm nicht. Ich werde ihm nicht noch mehr das Gefühl geben, er könne meine Gefühle nur mit einem simplen Blick kontrollieren.
"Wie bist DU hier rein gekommen?!", faucht Malia, die nur von dem festen Griff von Stiles um ihren Arm davon abgehalten wird, dem Eindringling an die Kehle zu gehen.
"Ihr habt nicht abgeschlossen", gibt dieser kühl zurück. Sein Blick fällt wieder auf mich. "Ich würde gerne mit dir sprechen."
"Und wie kommst du auf die Idee, dass ich mit dir sprechen möchte?" Ich versuche, meine Stimme monoton zu halten, als würde es mir völlig egal sein, dass er gerade vor mir steht. Doch ich schaffe es nicht ganz. Scott wirft mir einen Seitenblick zu. Diesem nach zu urteilen schwingt Bedrohlichkeit in meinen Worten mit, unterdrückte Wut, rasende Wut, rasender Hass.
Doch Theo lehnt sich mit dem Oberkörper ganz gelassen vor, bis sein Gesicht nur noch Zentimeter von meinem entfernt ist. Meine Augen haben zwar noch ihre menschliche Farbe, sprühen aber nur so über vor Hass, ein Brennen macht sich in ihnen spürbar.
Ich rühre mich nicht. Sein Blick ist ruhig, entspannt und gelassen, doch es fasziniert mich, wie intensiv er trotz alledem noch ist.
Dann durchbricht er die erstickende Stille, ein Schmunzeln auf dem Gesicht.
"Weil ich noch atme."
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The Truth 2 》Theo Raeken
Fanfikce[Fortsetzung zu "The Truth"] Ihre Beine waren rot, so sehr floss das Blut. Sie sah vom Waldboden auf die dreckigen Sohlen seiner Sneaker, darunter klebte sogar ein Kaugummi. Doch in diesem Moment konnte und wollte sie nicht aufgeben. Sie kämpfte.