"Das haben wir nicht erwartet", murmelt Jiwon, während er nervös durch sein Büro tigert und eine seiner schwarzen Haarsträhnen zwischen den Fingern dreht.
"Ich hätte niemals erwartet, dass man mich vermissen würde...", sage ich und knete die Finger im Schoß. "Ich dachte, mein Tod wäre für alle eine Erleichterung gewesen."
"Chloe, darüber haben wir oft genug gesprochen." Jiwon schnaubt leise. "Du sollst dich selbst nicht immer so herunterhandeln."
Ich stehe auf und stelle mich zu ihm ans Fenster. Wir blicken auf den Wald vor uns, der so dicht ist, die Bäume so hoch, dass man nicht mal die Lichter der Stadt in der Ferne erkennen kann. Beacon Hills ist gut dreißig Meilen von hier entfernt.
"Ist ja jetzt auch egal. Mich kümmert es mehr, wo meine Mutter ist. Könnt ihr es irgendwie herausfinden?" Ich sehe meinen Retter flehend an. Nachdem Jake mich fast getötet hat, hat er mich aufgenommen, gesund gepflegt, bis ich wieder laufen konnte, meine Beine waren schließlich so gut wie zerfetzt. Dank seiner Hilfe habe ich das Erlebnis ganz gut weggesteckt, abgesehen von der Rachsucht gegenüber Theo.
"Du weißt, dass ich mich nicht darum kümmern kann, meine Kleine. Ich beherberge hier über 30 von Fällen wie deinem. Würde ich meine Zeit nun überwiegend darin investieren, mit dir deine Mutter zu Suchen, würden alle denken, dass ich dich bevorzuge."
Er geht zu der braunen Kommode neben seinem Schreibtisch und holt ein Glas aus einer der Schubladen. "Du auch?" Fragend hält er das Glas hoch, doch ich lehne mit einer Kopfbewegung ab. Er schenkt sich ein wenig von dem Scotch ein, der auf der Kommode steht und gesellt sich dann wieder zu mir.
"Am Besten wäre es, wenn du zu Scott gehst. Sicherlich hat er die Antworten auf alle deiner Fragen. Ich kann dir hier nicht mehr weiterhelfen. Ich habe dich wieder aufgebaut, bei mir aufgenommen und auch mental gestärkt, du bist nun vermutlich das stärkste Mädchen, das ich kenne. Und jetzt musst du dein Leben wieder selbst in die Hand nehmen, hier ist für mich Endstation." Jiwon lächelt fast etwas schmerzlich.
Ich wusste, dass dieser Moment irgendwann kommen musste, aber ich war nicht darauf eingestellt, dass dieser Tag schon heute ist. Nun gehe ich selbst zu der Kommode, nehme mir ein Glas und fülle es mit ein wenig Ouzo.
"Ich werde dich und die anderen vermissen, denke ich." Ich lächle und nehme einen Schluck. Normalerweise bin ich kein großer Fan von Alkohol, doch in diesem Moment tut mir das Brennen in der Kehle gut.
Jiwon stellt sein Glas ab, ich tue es ihm gleich. Er schließt mich fest in seine Arme und drückt mich an sich, als könnte ich jeden Moment verschwinden.
"Meine beste Schülerin."
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The Truth 2 》Theo Raeken
Fanfic[Fortsetzung zu "The Truth"] Ihre Beine waren rot, so sehr floss das Blut. Sie sah vom Waldboden auf die dreckigen Sohlen seiner Sneaker, darunter klebte sogar ein Kaugummi. Doch in diesem Moment konnte und wollte sie nicht aufgeben. Sie kämpfte.