S H A D E D

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28. April 2014

L U K E

Der Regen tröpfelte auf die Kapuze meiner Jacke, während ich an der Hauswand lehnte und auf das Geschäft gegenüber starrte. Dort herrschte, zumindest für einen Tättowierladen, heiteres Treiben. Leute gingen ein und aus, andere sahen sich nur das Schaufenster an, in dem mehrere Tattoos aufgezeigt wurden. Die Straße wurde von einem matten Laternenlicht beleuchtet, ansonsten war es dunkel. Über den Boden kroch der Nebel, um diese Uhrzeit waren fast keine Autos mehr unterwegs.

Lange dachte ich gründlich nach, ehe ich einen Entschluss fasste und meinen Platz veließ. Mein Weg führte mich geradewegs auf die Eingangstür des Ladens zu, ich drückte diese auf und trat über die Schwelle.

Aus irgendeinem Grund fühlten sich die Lider meiner Augen auf einmal so schwer an; vielleicht lag es an dem grellen Licht. »Kann ich ihnen helfen?«, fragte eine etwas jüngere Frau an mich gewandt. Zwischen meinen Lippen bildete sich ein kleiner Spalt, ich atmete tief ein.

»Ich hätte gerne ein Tattoo.«

Die Worte waren ausgesprochen und keinen Moment später verteilte sich die Aufregung in meinem Körper.

»Dürfte ich dann vielleicht kurz ihren Ausweis sehen?«, kam es erneut von ihr, mit einem finsteren Blick auf den Zügen kramte ich die Karte aus meinem Geldbeutel, nur um sie danach direkt weiterzugeben. Nach einem schnellen Nicken bekam ich meinen Personalausweis zurück und sie bat mich, ihr in einen anderen Raum zu folgen.

In der Mitte war eine Liege aufgestellt, die gleichzeitig wohl auch als Stuhl fungierte. Ich sollte mich hinsetzen und mir das gewünschte Motiv überlegen, während sie den Tätowierer holte. Dem Anschein nach war die Kleine wirklich nur eine alberne, nervige Assistentin.

Ich überlegte mir noch einmal ganz genau, ob ich die ganze Sache wirklich durchziehen wollte, als der großwüchsige Typ den Raum betrat und mir einen abschätzigen Blick schenkte, war ich mir mehr als sicher. »Was darf es sein, Bürschchen?«

Den Spott in seiner Stimme würde nicht einmal ein Tauber überhören können, genervt atmete ich aus.

»Ein Schriftzug wäre ganz nett«, antwortete ich höflich und versuchte meine Gereiztheit zu überdecken.

»An was genau hättest du gedacht?«

Neugierig schauten mich seine blauen Augen an, die Brauen in die Höhe gereckt. An seinen Armen tummelten sich ziemlich viele Tattoos, ich fragte mich ob sie wohl alle einen Grund zu ihrer Existenz hatten oder irgendeine besondere Bedeutung. Da er immer noch auf meine Reaktion wartete, streifte ich mir erst meine Lederjacke vom Leib, dann das weiße T-Shirt. Ich zeigte auf die Stelle über meinem Brustkorb.

»Dorthin soll es. Und gedacht hätte ich an den Schriftzug Revenge is easy, but not sweet

Sichtlich sprachlos, nickte er und holte die Nadeln die er dafür benötigte. Währenddessen besichtigte ich jedes kleinste Detail dieses Zimmers; an den Wänden hangen jede Menge Bilder von Heavy Metal Bands, deren Namen ich noch nie in meinem Leben gehört hatte. Das Licht in der Deckenlampe flackerte in kurzen Abständen, um genau zu sein war es nervtötend. Der Kerl kam wieder zu mir, alles was er brauchte beisammen. Er desinfizierte die Haut, welche gleich mit Tinte bezeichnet werden sollte.

»Wie kommst du auf ausgerechnet diesen Spruch?«, hakte er nach, eigentlich hatte ich keine Lust ihm zu antworten, weil er vorhin so abwertend reagiert hatte, trotzdem tat ich es.

»Es gab einmal eine, mir sehr nahestehende, Person, zu der dieser Spruch meiner Meinung gut gepasst hätte. Er war bei Streit immer für die einfachere Variante des Redens gewesen, hat mir diesen Spruch eingebläut und trotzdem würde ich mir nur zu gerne für ihn rächen. Rächen an der Person, die sein viel zu kurzes Leben beendet hat.«

In den Augen des Tätowierers spiegelte sich Verwirrung wieder, aber das war mir vollkommen egal.

Mehr hatte ich zu diesem Thema nicht mehr zu sagen.

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