KAPITEL 01

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L U K E

»Scheiße!«, fluchte ich laut als ich die Post durchstöberte, und mein Blick auf die ganzen unbezahlten Rechnungen fiel. Benny saß wie so oft auch, mit einem kalkweißen Gesicht neben mir und blickte nur stumm auf den Boden.

Dieser Stapel Rechnungen war nicht der erste, den wir nicht hatten bezahlen können.

Das verlorene Spiel war gerade einmal um die zwei Monate her, die Nerven in unserer Familie lagen sowieso schon blank.

Benny und ich mussten neben der Schule jobben gehen und gleichzeitig auch noch Jimmy bei Laune halten, damit er unserer Familie nichts antat. Wir, besser gesagt Benny, schuldeten ihm eine Menge Geld, fast unsere komplette Existenz stand auf dem Spiel. Unsere Eltern waren dabei sich jeden Tag zu streiten, die ganze Familie drohte komplett zu zerbrechen. Und das alles nur wegen eines einfachen Pokerspieles.

Irgendwie ging gerade alles den Bach hinunter.

»Wie sollen wir das nur jemals abbezahlen? Das ist unmöglich, Benny!«, rief ich aufgebracht und lief im Zimmer wie ein Tiger auf und ab.

»Pscht, nicht dass uns Mum und Dad noch hören«, ermahnte er mich.

Auf der Stelle zügelte ich meine entstandene Wut. Mein Blick haftete erneut auf meinem kleinen Bruder, der sich ratlos im Zimmer umblickte. Er vermied den Augenkontakt mit mir; schaffte es aus irgendeinem Grund nicht, in meine Augen zu sehen.

»Es gäbe eine Möglichkeit. Ich könnte wieder anfangen zu spielen«, schlug er kleinlaut vor und fuhr sich anschließend durch die Haare.

»Das ist zu riskant. Wir können es nicht aufs Spiel setzen noch mehr zu verlieren, als wir es eh schon haben. Uns muss etwas anderes einfallen, und das so schnell wie möglich«, winkte ich ab, verschränkte danach die Arme vor der Brust.

Das Geld fehlte hinten und vorne.

»Oder wir fragen einfach Dad. Luke, wir sollten es ihnen erzählen. Lange dauert es nicht mehr, bis Jimmy komplett seinen Verstand verliert «, redete er auf mich ein.

»Das können wir nicht tun erinnerst du dich nicht mehr, was er uns angedroht hat, wenn wir jemandem davon erzählen? Ich gehe joggen, muss einen klaren Kopf bekommen. Danach können wir noch einmal überlegen, ob uns nicht irgendetwas Besseres einfällt«, bestimmte ich.

Mit meinen schwarzen Vans in der Hand bewegte ich mich in Richtung Tür. Mein kleiner Bruder blieb alleine am Tisch zurück, er raufte sich durch die Haare.

Wie hatten wir nur damals in diesen ganzen Mist hineinrutschen können?

Es war so leichtsinnig gewesen. Sauer zog ich mir meine Beanie tiefer in die Stirn, ich hatte keine Lust blöde Blicke von anderen Passanten zu ernten.

Ohne wirklich zu wissen wohin ich joggen sollte, ging ich los.

Die grünen Blätter und die strahlende Sonne am Himmel hoben meine Laune zumindest ein bisschen an.

Was sollten wir nur tun? Die ganze Lage erschien Hoffnungslos. Der Verdienst vom Jobben reichte für Jimmy gerade dafür aus, um uns noch eine weitere Woche Zeit zu gewähren. Seufzend bog ich in eine etwas belebtere Straße ein. Irgendeine Musik dröhnte aus meinen Kopfhörern, um genau zu sein achtete ich gar nicht so richtig auf diese. Viel wichtiger war der Mann an der Ecke, der jede meiner Bewegungen beobachtete.

Schon bald konnte ich diesen als Jimmy identifizieren; er winkte mich zu sich, in meinem Bauch breitete sich ein mulmiges Gefühl aus.

»So sieht man sich also wieder, Luke. Wie geht es deinem Bruder? Was macht mein Geld? Ich werde langsam ungeduldig«, kam er gleich zur Sache und musterte mich mit kalter Miene.

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