KAPITEL 23

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E L I Z A B E T H

Meine Augen brannten als ich sie aufschlug und ich hätte mich am liebsten noch einmal umgedreht, um weiterzuschlafen.

Die Sonne schien durch das Fenster, blendete mich heute ausnahmsweise einmal nicht im Gesicht. Das Kribbeln in meinem Bauch war seit gestern Abend nicht verschwunden, mein Körper fühlte sich an, als würde er gleich in Flammen aufgehen. Ich spürte noch immer seinen Kuss auf meinen Lippen, und fuhr mir verträumt darüber.

Es war der letzte Kuss für eine längere Zeit gewesen.

Und genau als mir diese Tatsache in den Sinn kam, verschwanden das Kribbeln und das Feuergefühl; wurden durch eine kalte Leere ersetzt. Eine Leere, die drohte mich zu verschlucken und für immer in sich einzuschließen.

»Elizabeth, würdest du bitte endlich aufstehen? Wir müssen zur Zeremonie und kommen sonst zu spät. Wir müssen später noch zu deiner Wohnung fahren, und das Gröbste schon einmal mitnehmen«, rief meine Mutter als sie an meinem Zimmer vorbeieilte und ein paar Sachen, unter anderem einen Fotoapparat einpackte.

Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen und hoffte darauf, dass der Kloß in meinem Hals so bald wie möglich verschwinden würde.

Die Wohnung war ein weiterer Punkt, weshalb es in meinem Körper, Nähe des Herzens, einen kleinen dennoch heftigen Stich gab; es hingen so viele Erinnerungen in diesen Räumen.

Socke bellte kurz, ehe er auf mein Bett hüpfte und mich mit seinem Federgewicht belastete. Ich streichelte ihm niedergeschlagen über das Fell und begann ihn, hinter seinen Ohren, zu kraulen. Die treuen, großen Hundeaugen sahen mich an, als könnten sie einen Blick in mein Inneres werfen.

Als ich über Luke nachdachte, wurde mir klar, dass er rein gar nichts hatte.

Keinen Abschluss.

Keine Freunde.

Kein Dach über dem Kopf.

Keine Familie.

Niemanden.

Ein äußerst schlechtes Gewissen fing an mich zu plagen, vielleicht hätte ich es verhindern können, aber ich hatte es nicht getan; mal wieder in meiner Aufgabe versagt. Er wird wiederkommen, es ist nur zu deiner eigenen Sicherheit, beruhigte mich meine innere Stimme und ich schluckte kräftig, damit der eklige Geschmack in meinem Mund verschwand.

»Lizzie, steh bitte auf«, bat mich meine Mutter ein zweites Mal, sie hatte keine Ahnung welche Gefühle in mir vorgingen, sonst hätte sie mich komplett anders behandelt.

Keiner in meinem Freundeskreis wusste darüber Bescheid, was mit Luke war, ich war die einzige.

»Ich komme schon«, grummelte ich und stemmte mich aus dem Bett, mein Hund sprang auf den Parkettboden und tapste davon.

Sobald ich auf beiden Beinen stand, überlegte ich, ob ich mich krank stellen sollte. Wenn es etwas gab, auf das ich weniger Lust, als mit irgendwelchen Leuten zu sprechen, hatte, handelte es sich um die Abschlussfeier. Es sollte eigentlich ein freudiger Anlass sein, aber ich sah keinen Grund, um mich zu freuen und glücklich zu sein.

Vollkommen ungewiss darüber, wie es Luke ging und was er gerade tat, machte ich mich auf den Weg ins Badezimmer, wo bereits mein Gewand hing. Er hatte mir nicht einmal seine neue Handynummer hinterlassen.

Nicht einmal die Tatsache darüber, dass ich meinen Abschluss möglicherweise nicht geschafft hatte, konnte mich mehr deprimieren, als diese ganze Sache mit Luke und dem Angriff vom gestrigen Tag.

Glücklicherweise hatte meine Mutter die Flecken noch nicht bemerkt, meinem Vater war ich seit er mich zum Ball gefahren hatte, sowieso nicht mehr unter die Augen getreten.

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