Ihre rote Locke auf meiner Haut sieht aus, als würde ein zahmes Feuer in meiner Handfläche brennen.
Ihr Kopf wiegt schwer in meinem Schoß, ist voller unausgesprochener, ahnungsloser Gedanken.„Was siehst du, wenn du die Augen zumachst?"
Ich flüstere die Frage, weil der Flüsterton die Stimme ist, in der man ein Abenteuer verkündet.Der Vorhang fällt vor ihren Kinderaugen. Ohne das strahlende Grün wirkt ihr Gesicht wie eine leere Leinwand, voller offen stehender Möglichkeiten, unangetastet.
„Ich sehe gar nichts", sagt sie.
Der leichte Trotz in ihrer Stimme zupft an der Glätte des Augenblicks herum,
so als würde sie Falten in ein sonst makelloses Tischtuch schieben.
Nur der Regen hat noch schmalere Hände.„Natürlich siehst du etwas", sage ich und streiche ihr die Haare aus der Stirn, stecke sie sanft mit den Fingerspitzen fest.
„Alle kleinen Mädchen sehen etwas."Diese aufrichtige Konzentration in diesem stillen Gesicht hat etwas Wunderschönes.
Erwachsene sehen nur hin, es sind Kinder, die sich auf die Zehenspitzen stellen, um hinter die Fassade zu blicken.„Ich sehe Dunkelheit", sagt sie langsam.
„Aber sie ist nicht böse oder unheimlich.
Ich glaube, sie hat mir gerade zugelächelt."
Mit geschlossenen Augen tastet sie sich durch jede neue Erkenntnis,
befühlt sie, prüft, ob sie sich vor spitzen Ecken oder Kanten fürchten muss.
„Sie hat große, weiße Zähne. Wie ein Krokodil", flüstert sie.
Sie kann das Abenteuer sogar mit geschlossenen Augen sehen, und sie erwidert schüchtern das Lächeln der Dunkelheit.
„Da ist ein Meer, das am Himmel fließt und zu meinen Füßen", fährt sie fort.
„Und da, wo es über meinem Kopf ist, schwimmen leuchtende Seerosen auf dem Wasser. Sind das Sterne?"„ Wenn du möchtest, dass es Sterne sind", erwidere ich.
Das Mädchen lächelt noch immer, und ich stelle mir vor, wie sie durch ein Meer aus Sternen und Dunkelheit taucht. Sie entdeckt etwas völlig Neues, sie verliert sich darin.
Selbst mit geschlossenen Augen ist sie mutiger, als ich es je sein werde.,,Es ist eine Lagune", flüstert sie heiser.
,,Und ich glaube, das Wasser brennt."Die Flammen in ihrem Innern werfen flackernde Schatten auf ihr Gesicht.
,,Da ist der Tod in einem schwarzen Frack, und ein Junge auf einem Felsen, der Vogelaugen hat und ein flatterndes Herz."
,,Was tut dieser Junge?"
Ihr Atem streicht warm über meine Haut, schnell und lebendig.
,,Er ertrinkt in den Flammen", sagt sie.
"Und er lacht dem Tod direkt ins Gesicht."
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Splitterwelten
Thơ ca....... Meine Welt in Scherben. Meine Worte gespiegelt. Meine Gedanken zerschnitten. Meine Tinte ist rot. Das hier sind Wortfetzen, mitten aus der Luft gerissen Gedankengänge, die mich überholt haben Kurzgeschichten, die irgendwo anfangen und ni...