Siebenundzwanzigste Scherbe

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Manchmal sehe ich mir einen Film im Kino an und wünsche mir plötzlich, ich wäre ganz allein.

Ich gehe gerne ins Kino, aber manchmal glaube ich, selbst der größte Kinosaal ist zu klein für meine Gedanken und macht mir das Atmen schwerer.
Vielleicht bin ich aber auch einfach kompliziert, was Filme angeht, weil ich mein Popcorn nicht leise esse und den Bodensatz mit den hinteren Zähnen zermahle und ich mich in Schauspieler und Rollen verliebe und ich manchmal ganz automatisch davon ausgehe, dass beides zusammengehört und ich von solchen Momenten Gänsehaut bekomme und die Texte mir den Atem nehme und ich mir Drehbücher und Regieanweisungen vorstelle und weil ich manchmal weinen muss und kein Taschentuch angeboten bekommen will, sondern nur in Filmen offen weinen kann und ohne die Tränen wegzuwischen.
Ein See schwappt über, die Dämme brechen.
Es fühlt sich gut an.

Jedes Mal, wenn der Vorhang fällt und die Leute aus dem Kino stürmen, fluchtartig, raus aus der Stille und mitten hinein in ihre unbedeutenden, atemlosen Leben,
und sie sich über das Popcorn und die Schauspieler und das Drehbuch unterhalten und nichts davon überhaupt bemerkt haben, zerbreche ich ein bisschen mehr.

Ein leises Knacken in der Stille, wie zersplitterter Mais.

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