„Wenn das so ist", sagte er und wandte kurz den Blick ab, um etwas aus dem Regal hinter dem Schreibtisch hervorzukramen.
Über allen Gegenständen im Zimmer lag eine feine Staubschicht, dabei hatte sie ihn noch nie außerhalb dieses Raumes gesehen.
"Verstehe. Oder nein, sagen wir es so, ich verstehe das Große und Ganze, aber nicht den Zusammenhang. Weshalb kommst du deswegen zu mir?"
Er drehte ihr das Gesicht zu und es fühlte sich an, als könnten seine Augen tiefer sehen als nur ihr Äußeres, tiefer in sie hinein. So als spähte er in Abgründe, die sogar sie selbst mied.
Sie hatte sich noch immer nicht daran gewöhnt, dass ein Mensch Katzenaugen haben konnte. "Ich habe noch nie einen Mord beschrieben", murmelte sie und sah zur Seite. "Und jetzt hast du Angst davor, etwas Falsches zu tun. Das Risiko musst du in Kauf nehmen, es besteht immer, wenn man etwas Neues ausprobiert."
Die krallenbesetzte Hand begann, verstaubte Hefter auf den Regalbrettern zu ordnen. Die feinen Staubkörnchen, die dabei aufwirbelten, kitzelten in der Nase.
"Es ist nicht nur das." Sie überlegte kurz, ehe sie auf dem Hocker Platz nahm, weil er sie nicht dazu aufgefordert hatte.
Ihr Nachthemd fiel die Stuhlbeine hinab und ließ ihre Haut fahl und blass erscheinen.
„Es fühlt sich eher so an, als würde ich dadurch einen Teil meiner Unschuld verlieren. Den entscheidenen Schritt in Richtung Abhang machen oder einfach...vom Weg abkommen. Ich weiß nicht genau, was es ist, aber irgendetwas hindert mich daran, anzufangen." Sie schwieg und fragte sich, ob sie zu viel gesagt hatte. Sie wusste nicht, wie sie präziser hätte beschreiben sollen, wie es in ihr aussah.
"Alle Autoren sind Mörder", sagte er, ein dicht beschriebenes Blatt Pergament in der Hand. "Wenn nicht wegen der Toten in ihren Geschichten, dann wegen all der zerstörten Leben, für die sie verantwortlich sind. Es ist ein grausiges Handwerk, für das wir uns da entschieden haben, Kind. Wir halten dem Leser die eigenen Träume hin, nur, um das Buch enden zu lassen und es zuzuschlagen, sobald er sich in ihnen verloren hat. Denk nicht zu viel darüber nach. Glaub mir, es ist nicht das erste Mal, dass deine Worte jemanden töten. "Das hier fühlt sich anders an", erwiderte sie.
"Natürlich tut es das." Er wandte sich wieder ihr zu, die schlitzartigen Pupillen huschten durch ihr Gesicht. Es prickelte auf ihrer Haut, wo sein Blick sie streifte.
"Diesmal tust du es mit einer bestimmten Absicht vor Augen. Du willst es, du bist dir dessen bewusst, was du tust. Vielleicht genießt du es. Es ist auch immer deine eigene Absicht, die der Mörder verfolgt."
"Es gibt keinen Mörder." Sie fuhr mit dem Finger an der Maserung der Schreibtischoberfläche entlang.
"Sie beide sind Opfer. Und am Ende zerbrechen sie beide, und außer mir ist niemand da, der hinsieht."
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Splitterwelten
Poesia....... Meine Welt in Scherben. Meine Worte gespiegelt. Meine Gedanken zerschnitten. Meine Tinte ist rot. Das hier sind Wortfetzen, mitten aus der Luft gerissen Gedankengänge, die mich überholt haben Kurzgeschichten, die irgendwo anfangen und ni...