"Peter.", flüstere ich und zwinge meine schmerzenden Glieder aufzustehen. Doch schon nach wenigen Metern breche ich wieder am Boden zusammen. Mit zusammengebissenen Zähnen reiße ich ein Stück meiner Jacke ab und drücke es begleitet von einem Schmerzensschrei auf meine offene Wunde am Arm. Es brennt und mir wird immer schwindliger vom vielen Blutverlust, doch ich krieche weiter vorwärts und komme Peter immer näher. "Peter.", wiederhole ich leise, allerdings regt er sich kein Stück.
Endlich komme ich bei ihm an. Er sieht von außen bis auf ein paar Kratzer und die Wunde am Oberschenkel eigentlich unverletzt aus, doch dann bemerke ich es.
"Nein! Peter.", meine ich verzweifelt als ich nur sehr schwachen Puls spüren kann. Schnell lege ich seine kalte Hand in meine.
"Ich hab dich schon einmal verloren und das wird ganz bestimmt nicht wieder vorkommen. Niemals.", schluchze ich und gebe ihm einen Kuss auf die Hand. Kurz verweile ich so.
Da landen einige Tropfen Blut auf seinem Arm und ich sehe zu meiner Wunde. Das abgetrennte Stück der Jacke ist blutrot gefärbt und es hört nicht auf immer weiter zu durchweichen.
"Shit.", fluche ich vor mich hin. Wenn das so weiter geht sterbe ich wegen dieser Wunde. Ich reiße ein neues Stück ab, wickle das alte ab und binde meinen Arm mit dem neuen fest ab, damit weniger Blut austreten kann. Nachdem ich fertig bin richtet sich meine gesamte Aufmerksamkeit wieder auf Peter und ich überlege fieberhaft wie ich ihm helfen kann, da ich körperlich keine schweren Verletzungen ausfindig machen kann. Langsam legt sich der Sand und die Sicht wird wieder besser. Mein Orientierungssinn kommt zurück und ich stelle fest, wir liegen direkt in der Mitte der freien Fläche. Ich bin mir sicher, dass sie Truppen aussenden werden um festzustellen das wir tot sind, also sollten wir zu aller erst von hier verschwinden. Noch ein letztes Mal richte ich meinen Blick auf Peter, der immer noch bewusstlos am Boden liegt. Er muss durchhalten. Unter Schmerzen richte ich mich langsam auf, ganz gegen meinen Verstand, der mir sagt ich solle bloß keine Energie verschwenden. Ich nehme Peter an den Armen, und ziehe ihn so vorsichtig ich kann über den rauen Boden. Meine Arme streiken, wollen das ich ihn loslasse aber das tue ich nicht. Mein Wille wenigstens ihn zu retten ist stärker und so schleife ich seinen Körper weiter, immer näher zum Ausgang des Parks und schließlich in die Stadt hinein. Als ich mich kurz umsehe bildet sich ein Kloß in meinem Hals. Dampf steigt auf, die Häuser sind verlassen, zerstört oder durch Brände schwer beschädigt, kein einziger Mensch läuft hier mehr über die aufgerissenen und mit Müll übersäten Straßen. New York sieht aus wie eine Geisterstadt. Als wäre hier schon ewig niemand mehr gewesen. Ich entdecke eine schmale Seitenstraße und entschließe dort zu bleiben. Mit letzter Kraft hebe ich Peter an die Wand eines Hauses, damit er aufrecht sitzt und lasse ihn dann los. Erschöpft lasse ich mich auf den Boden fallen und versuche meine Atmung zu regulieren. Doch soweit kommt es nicht. Bei einem leisen Geräusch horche ich auf. Mich erschleicht das Gefühl beobachtet zu werden und ich blicke mich schnell um, während ich vorsichtshalber meine Kapuze wieder aufziehe. "Hallo?", frage ich leise und warte gespannt auf eine Antwort.
"Ist da jemand?", spreche ich etwas lauter und da kommt plötzlich eine alte Frau in zerrissenen dreckigen Kleidern aus einem verlassenen Haus getapst. Sie ist bis auf die Knochen abgemagert und wirkt unsicher.
"Ich will dir nichts tun. Ich brauche deine Hilfe. Bitte.", flehe ich sie an und zeige verzweifelt auf Peter. Sie nickt leicht und läuft immer noch vorsichtig zu uns. "Ich danke dir.", lächle ich sie leicht an und als sie zurück lächelt zeigt sie ihre wenigen verbliebenen Zähne in ihrem Mund. Ich beschließe, sie zu mögen und ihr zu vertrauen und setzte sie auf die Liste der Leute, die das alles hier ganz besonders nicht verdient haben. Wert weiß, wenn es Firekill nicht gebe würde sie vielleicht Zuhause sitzen und auf ihre Familie warten, die zu Besuch kommt. Ein kleiner Laut kommt von ihr, als sie sich Peter ansieht und mich somit wieder in die Realität zurückzieht. In die graue hoffnungslose Realität. Sie zeigt mir unruhig eine Stelle an Peters Rücken, aus der ein Knochen heraussticht. Dann plötzlich steht sie auf, läuft schnell zu dem verlassenen Haus aus dem sie kam und winkt mich zu sich.
"Ich kann ihn nicht alleine lassen.", flüstere ich und sie nickt verständnisvoll. Sie kommt zurück, greift Peter an einem Bein und zusammen schleppen wir ihn in das Gebäude. Jetzt von innen erkennt man das ehemalige Krankenhaus, das offensichtlich ziemlich unter dem Feuer gelitten hat, deutlich und die alte Frau hat eine genaue Vorstellung wohin sie möchte. Zielstrebig läuft sie durch Gänge, in denen ich mich schon längst verirrt hätte und kommt schließlich vor einer Tür zum stehen. Ich drücke sie mit meiner Schulter auf und wir legen Peter in dem Raum am Boden ab, dann sehe ich mich um. Aus allen Ecken richten sich die blicke der Männer, Frauen und Kinder, die hier Zuflucht gefunden haben auf uns und instinktiv ziehe ich mir meine Kapuze tiefer ins Gesicht. Da kommt eine junge Frau zu uns gelaufen und wendet sich an mich. "Hallo. Mein Name ist Caitlin. Ich bin Ärztin, vielleicht kann ich deinem Freund ja helfen.", sagt sie freundlich und ich bin überrascht, das sie in so einer Situation trotzdem noch an das Wohl anderer denkt und ihnen helfen möchte. Als Antwort nicke ich stumm und lehne mich an die nächste Wand, damit ich sie bei ihrer Arbeit nicht störe. Eine ganze Weile sitze ich schweigend da, sehe der Ärztin zu und richte meinen Blick auf jeden einzelnen der Menschen im Raum, bis plötzlich ein kleines blondes Mädchen zu mir gelaufen kommt und sich im Schneidersitz vor mich setzt. "Wie heißt du?", fragt sie und ihre Stimme klingt sanft und ihre blauen Augen funkeln mich neugierig an. Ich lächle sofort bei ihrem Anblick.
"Grace. Und du?", frage ich ebenfalls und sie antwortet mir schnell.
"Ich bin Melanie. Aber nenn mich Mel. Und meine Grandma hast du auch schon kennengelernt. Weißt du sie kann uns zwar hören, sagt aber fast nie etwas.", meint sie und zeigt kurz auf die alte Frau die uns hier her gefühlt hat. Ich nicke schnell.
"Wo ist der Rest deiner Familie Mel?", frage ich beunruhigt und ihr Lächeln zerfällt.
"Weißt du meine Momi und mein großer Bruder haben es nicht geschafft. Wir haben sie schon am zweiten Tag verloren. Jetzt sind es nur noch Grandma und ich.", redet sie tapfer weiter, auch wenn sich Tränen in ihren Augen bilden. Erneut staune ich. Wie kann ein Mädchen, das ich auf höchstens neun Jahre schätze so gut mit dem Verlust geliebter Menschen umgehen? So etwas sollte sie in ihrem Alter doch noch nicht einmal kennen.
"D...das tut mir wirklich leid für dich.", meine ich mit einem unfassbar schlechten Gewissen in der Magengrube. Ich hätte den Tod Ihrer Familie verhindern können, und den vieler anderer. Wäre ich nur früher aufgewacht.
"Es muss dir nicht leid tun. Es ist ja nicht deine Schuld.", lächelt sie mich tapfer an und vorsichtig nimmt sie meine Hand. Als sie mich berührt, da fühle ich ihre Trauer und ihren Schmerz. Ihre Angst aber auch ihre Erleichterung über das Überleben in dem Feuer. Ich kann förmlich die Hitze spüren und die Schreie in meinem Kopf hören. "Und wie heißt er?", holt sie mich zurück in die Gegenwart, zieht ihre Hand zurück und zeig vorsichtig mit ihrem Finger auf den immer noch bewusstlosen Peter, über dem Caitlin immer noch angestrengt mit verschiedenen Salben rumhantiert. "A...also weißt du, sein Name ist Peter und es ist ihm zu verdanken, dass ich überhaupt hier bin.", antworte ich ihr und sofort grinst sie mich wieder an. "Seit ihr beiden ein Paar?", fragt sie mich wissbegierig und ich nicke. Ein leichtes Lächeln bildet sich auf meinem Gesicht und ich sehe Peter verträumt an. "Ich wusste es. Ich sehe wie du dir Sorgen um ihn machst.", bestätigte mir und lächelt mich an. "Mel weißt du wie tapfer du eigentlich bist? Nicht viele Kinder sind so wie du.", sage ich ihr schließlich die Wahrheit und sie nickt. "Meine Momi hätte es so gewollt. Und mein Bruder auch. Ich tue es für sie. Und für Grandma.", klärt sie mich auf. Ich kann nicht verbergen wie tief beeindruckt ich von ihr bin. Da plötzlich ertönt ein Husten am anderen Ende des Raumes und Mel springt auf. Mit einem besorgten Blick läuft sie zu der alten Frau und drückt sich fest an sie. Mein Blick gleitet noch einmal durch den ganzen Raum, die ganzen leidenden Menschen, bis er wieder auf Peter hängen bleibt. Sein Gesichtsausdruck hat etwas friedliches an sich und er scheint keine Schmerzen mehr zu haben. Wie auf ein Stichwort dreht Caitlin sich zu mir um und winkt mich zu sich. Ohne zu zögern stehe ich auf und bin mit wenigen Schritten bei ihr.
"Hilf mir ihn aufzusetzen.", fordert sie und mit einem Ruck ziehen wir Peter an der nächsten Wand nach oben. Doch dabei bleibe ich mit meinem Arm irgendwo hängen und das mittlerweile wieder blutrote Stück der Jacke reißt auseinander. Dicke rote Tropfen landen auf dem Boden und Caitlin fährt hoch. "Du bist ja auch verletzt. Komm her.", ruft sie und zieht mich an meinem Arm zu ihr. "Nein es geht schon. Es ist alles okay.", versuche ich sie zu beruhigen, doch sie schüttelt nur den Kopf. "Der Schnitt ist nur wenige Millimeter von deiner Pulsader entfernt. Ein wenig weiter rechts und du wärst tot.", erklärt sie mir und ich schlucke schwer. Ich dachte eigentlich, dass es nicht schlimm wäre aber jetzt. Ich bekomme kein Wort mehr heraus.
"Na los. Ich helfe dir.", sagt sie und streckt sich, um ihren Verbandskasten herbei zu ziehen. Und während sie so meine Wunde reinigt und neu verbindet erzählt sie mir von der Lage hier. Ihre Vorräte gehen zu neige, Aria, Mel's Großmutter weigert sich schon seit Tagen etwas zu essen, damit mehr für die anderen bleibt. Immer wieder kommen Trupps mit mehreren Soldaten hier entlang gelaufen und in diesem Teil der Stadt gibt es bis auf die Menschen in diesem Raum keine Überlebenden mehr. Sie hören täglich die vielen Schüsse, die bei den Opferungen fallen und beten für jeden Überlebenden. "Wo finden diese Opferungen statt?", muss ich schließlich einfach fragen und sie sieht mich verwirrt an, antwortet mir aber trotzdem.
"Firekill hat einen großen Platz gewählt. Seine Geiseln und Gefangenen werden jeden Tag dort hin geführt, dann wird entweder wild in die Menge geschossen, oder per Zufall ausgewählt, wer heute sterben muss.", meint sie und eine Träne findet ihren Weg über Caitlins Wange, schnell wischt sie sie weg.
"Du hast dort jemanden verloren stimmt's?", harke ich nach und stumm nickt sie. Was haben wir all diesen Menschen nur angetan. In meinem Kopf erscheinen Bilder. Tote Menschen liegen am Boden, es wird wahllos in die Menge geschossen, Blut fließt, die Schreie und das weinen, und dann erscheint Firekill. Er steht auf einer Art Podest, lacht und schießt ebenfalls.
"Er war mein Ehemann. Wir standen zusammen in der Menge. Als die Schüsse losgingen beugte er sich schützend über mich. Ich hielt mir die Ohren zu, da ich die Schreie der Menschen nicht ertragen konnte und ich fühle mich sicher bei ihm. Doch als ich schon Hoffnung hatte, wir würden es überleben, sackte sein Körper über mir zusammen und ich spürte wie sein Blut auf mein Gesicht tropfte. Ich werde den Ausdruck in seinen leeren töten Augen niemals vergessen.", erzählt sie mir ihre Geschichte und auch mir schießen die Tränen in die Augen. Was hätte ich getan, wenn Peter und ich in dieser Situation gesteckt hätten? Mir fällt keine Antwort auf die Frage ein, also vergesse ich sie schnell wieder, dennoch blicke ich Peter an. Ihm soll es nicht so ergehen. Und dafür werde ich sorgen.
"Caitlin ich weiß es ist nicht leicht, aber du musst mir sagen, wo dieser Platz ist. Bitte."
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Live with Superheroes (Avengers/Spiderman ff) •Abgeschlossen•
FanfictionHey Leute hier mal was für die, die genau so große Marvel Fans wie ich sind. Die Geschichte spielt im MCU und hat nicht viel mit den Filmen zu tun. Es geht um die 16 jährige Grace Stark Tochter von Tony Stark und bald ein Mitglied der Avengers. Alle...