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Die wievielte Visite das hier gerade war, wusste ich schon gar nicht mehr, doch es war mit Sicherheit nicht die letzte. Ich lag nun schon so lange hier, ohne Aussicht auf Heilung. Immer wieder füllte sich meine Lunge. Entweder mit Wasser oder mit Schleim und jedes Mal fühlte es sich an, als würde mein Brustkorb in Flammen stehen. Das Angebot, Zoe oder Niklas zu informieren, hatte ich mehrmals abgelehnt. Zoe hatte gerade ihre Zeit als Au Pair begonnen und Niklas hatte seit Monaten endlich mal wieder Urlaub. Professor Patzelt hatte Herrn Ahlbeck beauftragt mich 'intensiv zu betreuen'. Er hatte am Tag meiner Einlieferung seinen ersten Tag hier und war den gesamten Verlauf meiner Krankheit bis jetzt dabei. Dies war jetzt das erste Mal in den sechs Wochen, dass er nicht bei der Visite dabei war, was mich irgendwie traurig machte. Ich mochte ihn. Er war sehr freundlich und versuchte immer, mir den Alltag, soweit man das eben so nennen konnte, so leicht wie möglich zu machen. Er strahlte etwas aus, was mich immer beruhigte. Wenn ich eine Panikattacke hatte und er ins Zimmer kam und Beispielsweise seine Hand auf meine Schulter legte, fiel es mir deutlich leichter, mich wieder zu beruhigen. Ich war gerade so in meinen Gedanken, als es plötzlich an der Tür klopfte.

»Guten Morgen, Dr. Sherbaz, ich wollte nochmal nach Ihnen sehen, wenn ich schon bei der Visite nicht dabei war. Ich hatte leider eine OP, die etwas länger dauerte. Wie geht es Ihnen heute?« Leicht lächelnd sah ich zur Tür, durch die Dr. Ahlbeck trat. Ich mochte es, wenn er hier war.

»Besser als gestern Abend.« Ich machte eine kurze Pause, bevor ich mich nochmals an Herrn Ahlbeck wandte: »Kann ich Sie um etwas bitten?« Unsicher sah ich aus meinem Bett nach oben. »Natürlich, was liegt Ihnen auf dem Herzen?«, »Ich weiß, das ist hier nicht üblich, aber ... na ja, wo Sie mich so intensiv betreuen müssen, könnten Sie mich vielleicht Duzen und Leyla nennen? Ich weiß, wir tun dies eigentlich nicht, aber ich würde mich irgendwie wohler fühlen.« Beschämt sah ich auf meine Hände, welche auf der Bettdecke lagen. »Natürlich, das ist doch kein Problem. Dann sag aber bitte auch Ben zu mir, sonst ist das so komisch.« Glücklich sah ich ihn nun an.

»Heute noch was vor?« Fragte er mich plötzlich frech und zog dabei eine Augenbraue nach oben. »Du hast Glück. Gerade heute habe ich keine weiteren Termine. Warum?«, begann ich darauf leicht zu grinsen. »Gut, dann bleibe ich noch etwas hier. Ich muss schließlich die mysteriöse Frau genauer kennenlernen, wenn ich sie so intensiv betreuen soll. Also Leyla Sherbaz, was sollte ich unbedingt über dich wissen?« Verwirrt sah ich Ben an. »Du kennst meine Krankenakte vermutlich besser als ich, warum fragst du?« Zögerlich, als hätte er angst einen Fehler zu machen, ließ Ben sich auf meine Bettkante nieder und sah mich unsicher an. Langsam legte ich meine Hand kurz auf sein Bein, um ihm zu zeigen, dass es für mich okay war. »Du bist so viel mehr, als diese bescheuerte Akte. Erzähl mir von dir. Von den Dingen, die dich glücklich machen. Von deinen Wünschen und Träumen.« »Ich ... ich habe in letzter Zeit eigentlich nur einen Traum«, antwortete ich leise. »Erzählst du mir davon?« Wollte Ben daraufhin wissen. Langsam und vorsichtig richtete ich mich mit den Worten »Ich würde es dir lieber zeigen«, etwas auf. Ich hatte, so rechtfertigte ich diese Entscheidung, sowieso nichts mehr zu verlieren, weshalb ich einfach all meinen Mut zusammen nahm.

Etwas zögerlich kam ich Ben näher, legte meine Hände in seinen Nacken, meine Lippen auf seine und begann ihn schließlich zaghaft zu küssen. Einmal Bens Lippen auf meinen spüren zu dürfen, das war alles, was ich wollte. Dass dieser den Kuss sofort erwiderte und augenblicklich näher zu mir rutschte, hätte ich niemals für möglich gehalten. »Da hatten wir beide wohl den gleichen Traum«, schmunzelte Ben mich an und streichelte mir mit seiner rechten Hand zart über meine Wange, ohne seinen Blick von mir zu lösen. Sogleich zog ich ihn erneut zu mir und begann ihn, diesmal weniger schüchtern und zurückhaltend als noch kurz zuvor, zu küssen. Bens Hände wanderten nun in meinen Nacken und auf meinen Rücken und strichen sanft darüber. Auch ich konnte meine Finger nicht mehr bei mir lassen und vergrub sie, wie selbstverständlich, in seinen Haaren. Glücklich musste ich in unseren Kuss hinein lächeln und Ben tat es mir gleich. Es tat gut, ihn so nah bei mir zu spüren und wie von Zauberhand waren all meine Sorgen für einen Moment ausgeschaltet. Verwirrt sah ich Ben hinterher, als er wieder aufstand. Mein verwirrter Gesichtsausdruck verwandelte sich in ein Lächeln, als Ben seinen Kittel über den Stuhl hing, seine Schuhe auszog und schließlich wieder auf mich und das Bett zukam. »Was? Dachtest du, ich hau einfach ab?« Begann Ben zu lachen, da er meine Verwirrtheit wohl bemerkt haben musste. »Ich dachte, du musst vielleicht zu einem Patienten und hast wichtigeres zu tun.« Beschämt sah ich, mal wieder, auf meine Hände. »Erstens, habe ich seit einer knappen halben Stunde Feierabend und zweitens gibt es nichts Wichtigeres, als bei dir zu sein.« Ben trat noch einen Schritt näher zu mir, sodass er komplett vor mir und dem Bett stand. »Darf ich?« Deutete er auf das Bett, während ich entschlossen zur Seite rutschte, um Ben platz zu machen. Keine zehn Sekunden später konnte ich schon spüren, wie sich die Decke anhob und Ben sich neben mir im Bett niederlies. Wie von selbst lag Bens Arm um meine Taille geschlungen und meine Lippen wieder auf seinen. Es dauerte nicht lange, bis unsere Küsse immer leidenschaftlicher wurden, und Ben begann mein T-Shirt hochzuschieben. »Ben, die Zimmer hier haben Fenster, so sieht uns jeder«, begann ich zwischen zwei Küssen zu lachen. Ohne lange nachzudenken stand er auf, schloss die Jalousien und legte sich sogleich über mich. »Mir fällt gerade auf, dass ich noch eine dringende Untersuchung durchführen muss«, grinste er mich frech an und sah mir dabei fordernd in die Augen. »Eine Untersuchung also? Interessant. Dann fangen sie doch mal an, Herr Doktor.« Zufrieden zog ich Ben näher zu mir und begann sofort ihn stürmisch zu küssen. Während des Kusses schoben sich Bens Hände unter meinem Shirt den Rücken hinauf und öffneten meinen BH, welchen er mir sogleich mitsamt dem T-Shirt über meinen Kopf auszog und zur Seite warf. Langsam richtete er sich ein wenig auf und glitt mit den Händen an meinen Seiten auf und ab und hauchte mir gleichzeitig nur ein »wow. Leyla, du bist so, so schön«, entgegen. Seine Worte und Berührungen lösten eine Gänsehaut auf meinem Körper aus, was Ben sichtlich Stolz machte. Ohne lange nachzudenken, machte ich mich an seinem Kasack zu schaffen, um auch Ben besser betrachten und vor allem seine Haut auf meiner spüren zu können. Nachdem ich das Stück Stoff auf den Boden befördert hatte, begann ich sanft über seinen Oberkörper zu streichen. »Und du erst«, war alles, was ich herausbrachte, wofür ich ein glückliches Grinsen geschenkt bekam. Entschlossen zog ich Ben wieder zu mir herunter, um ihn erneut zu küssen. Der Moment, als sich unsere Haut berührte, löste ein wahnsinniges Glücksgefühl in mir aus.

Es war lange her, dass ich mich mit einem Mann so wohlfühlte, wie mit Ben. Vor allem beim Sex. Ben war so zärtlich und liebevoll, wie ich es noch nie zuvor erlebt hatte. Glücklich drehte ich mich auf die Seite und hoffte darauf, dass Ben nicht plötzlich verschwand, sondern bei mir blieb. Er musste meine Unsicherheit bemerkt haben, denn er legte nicht nur einen Arm um mich, sondern gab mir gleichzeitig auch einen Kuss auf die Stirn und flüsterte mir anschließend ein »Denkst du wirklich, ich verlasse eine Frau wie dich? Keine Sorge süße, ich bleibe bei dir«, ins Ohr, was mich zum Lächeln brachte. »Ich liebe dein lächeln.« Grinste Ben mich an. »Und ich liebe dich«, war alles, was ich darauf antwortete. Normalerweise sagte ich diese Worte nie nach so kurzer Zeit, doch es stimmte. Ich liebe Ben. Zufrieden zog Ben mich eng an sich, sodass ich mich in seinen Arm kuscheln konnte, und murmelte ein »Ich liebe dich auch Leyla Sherbaz«, bevor er mir einen kurzen Kuss gab. Überglücklich lag ich nun in Bens Armen und genoss einfach seine Nähe und seine Wärme, während ich ihm immer wieder vereinzelt Küsse auf den Brustkorb gab.

Don't make me leaveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt