selbstmord

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XXIX

P.o.V. Mik

Zitternd drückte ich die letzte Tablette aus der Verpackung und spülte sie alle mit etwas Alkohol runter. Tränen liefen über meine Wangen, die ich sofort wegwischte. Trotzdem sah ich immer noch komplett scheiße aus und fühlte mich auch genauso.
Diese Gefühle verfolgten mich schon seit einer Ewigkeit. Klar, mal war es besser, mal schlechter, aber da sind sie schon seit bestimmt sieben, acht Jahren.
Das sind keine Depressionen, wirklich nicht. Ich mein, hier London bin ich auch nicht zu einer blöden Therapeutin gegangen und mir ging es die erste Zeit wirklich ganz gut. Naja, die ersten paar Wochen. Danach ging es ziemlich schnell bergab, obwohl nichts passiert war. Tagsüber war ich glücklich, wirklich, und dann kamen die ersten Nächte ohne Kostas, der mich tröstend in den Arm nahm. Die Selbstzweifel sind wieder da, Panikattacken, Verlustängste, dieses Gefühl von Hilflosigkeit, das irgendwann nicht mal Kostas mir noch nehmen konnte. Es soll doch einfach nur aufhören. Sicher ist das nicht der beste Weg, aber was soll ich sonst machen? So bin ich es für immer los. Endlich.
Unsicher wischte ich mir abermals die Tränen weg und sperrte die Tür auf, um ins Wohnzimmer zu gehen. Sanft umarmte ich Kostas, der noch immer über seine Arbeit gebeugt war. Früher hatte er mich beneidet, dass ich so konsequent mit meiner Arbeit war und musste mich oftmals abhalten, damit ich nicht zu viel arbeite. Heute war ich es, der ihn beneidet. Ich saß oft Stunden am Schreibtisch, um zu arbeiten und tat doch nichts, außer über mein Leben nachzudenken, während er so viel schaffte.
"Mik, solltest du kuscheln wollen, ich hab im Moment nicht wirklich Zeit dazu. Erst in einer Stunden oder so, okay?" meinte er nur, ohne von seinem Tablet auf zuschauen. Sofort schüttelte ich den Kopf und löste mich wieder von ihm. Ich hatte zwar auch nicht den Mut vom Hochhaus zu springen, aber vor allem hatte ich diesen Weg gewählt, weil ich die letzten Minuten bei meinem Kostas sein wollte. Meinem Babyboii.
"Können wir nicht die nächste halbe Stunde kuscheln? Bitte." flüsterte ich und leise seufzte Kostas, während er sich umdrehte und mich kurz musterte, sodass er natürlich meine verheulten Augen entdeckte.
"Ich brauch einfach nur eine halbe Stunde deine Nähe. Also ich will gar nicht darüber reden. Kannst du mich nur einfach im Arm halten und nie wieder los lassen?" flehte ich leise und noch bevor ich zu Ende gesprochen hatte, war Kostas aufgestanden und keine Minute später fand ich mich in seinen Armen auf der Couch wieder und lächelte schwach, als er mir einen Kuss auf die Stirn drückte.
"Du kannst trotzdem immer mit mir reden, ja? Ich bin immer für dich da und werd dich immer lieben." flüsterte er, weshalb ich nickte und mich näher an ihn kuschelte. Ich hörte sein Herz schlagen. Er hatte mir schon so oft versprochen, dass es nur für mich schlägt. Er hatte mir jedes mal sanft einen Kuss auf die Stirn gegeben, mich näher an sich gedrückt und mir ins Ohr geflüstert, wie sehr er mich liebt und, dass sein Herz nur für mich schlägt. Leise schluchzte ich. Kostas ist so perfekt. Er ist immer für mich da, er ist nett zu allen Leuten, er hilft jedem dem er kann. Er ist einfach perfekt. Und dann ist er mit sowas wie mir zusammen. Ich bekomm es nicht hin Leuten zu vertrauen, verstelle mich in der Öffentlichkeit und will mich umbringen, aber hab nicht mal den Mut von einem Hochhaus zu springen.
"Hey, Mik. Nicht weinen. Alles ist gut. Egal, was es ist, wir schaffen das" flüsterte er, weshalb ich den Kopf schüttelte und leise schluchzte.
"Nichts ist gut." murmelte ich. "Aber.. ist egal.. Ich will nicht reden. Lass uns bitte einfach kuscheln, ja?"
Sofort nickte Kostas und strich mir sanft immer wieder über den Rücken. Lange Zeit kuschelten wir einfach, während ich spürte, wie die Müdigkeit einsetzte und ich in Kostas Armen lächelnd einschlief. Endlich. Frei. Für immer.

Langsam öffnete ich die Augen. Zumindest versuchte ich es, denn das Licht hier war eindeutig viel zu hell, um irgendwas zu erkennen. Mein Kopf schmerzte höllisch und leise stöhnte ich, als mich plötzlich jemand umarmte. Ein Schluchzen war zu hören. Ich kannte die Stimme, sehr gut sogar, aber trotzdem konnte ich sie im Moment nicht zu ordnen. Dafür war es hier viel zu hell und zu laut. Ich hatte das ganze überlebt, so viel war sicher, denn sonst war das was nach dem Tod kommt, ziemlich beschissen.
"Du bist wach! Endlich. Ich hatte solche Angst um dich." flüsterte die Stimme und wieder erklang ein Schluchzen. Ein regelmäßiges Piepen begleitet das Geräusch, beides zusammen einfach nur nervig.
Wieder versuchte ich die Augen zu öffnen, was mir diesmal auch gelang. Ich erblickte braune Haare, die ich im Gegensatz zu der Stimme einer Person zu ordnen konnte.
"Kostas.."
Ein schwaches Flüstern, mehr brachte ich im Moment nicht zustande, aber es reichte völlig aus. Kostas hob sofort den Kopf von meiner Brust, um sich vorzubeugen und mich zu küssen. Es war kein besonders langer Kuss oder mit vielen Gefühlen. Mehr ein... Geschenk. Ich weis auch nicht, aber es fühlte sich genau so an.
"Wie war's so auf der anderen Seite?" flüsterte er, weshalb ich ihn verwirrt ansah, "Dein Herz hat aufgehört zu schlagen. Für fast eine halbe Minute."
Schwer schluckte ich. Ich war tot. So richtig. Das war zwar eigentlich genau das was ich wollte, aber.. trotzdem war ich froh jetzt hier zu liegen und meinen Babyboii bei mir zu haben.
"Hast du mich ins Krankenhaus gebracht?"
Schwach nickte Kostas und zog sich die Schuhe aus, um zu mir ins Bett zu krabbeln. Er legte seinen Kopf auf meine Brust und sofort legte ich sanft beide Arme um ihn, während mich Schuldgefühle plagten. Ich will gar nicht wissen, wie schlecht es ihm gehen würde, hätte mein Körper anders reagiert und ich wäre wirklich.. wirklich gestorben.
"Dein ganzer Körper hat gezittert und du hast dich mehrere Male übergeben. Dann hab ich den Notarzt gerufen. Die haben dich reanimiert und dir den Magen ausgepumpt. Und dich an diesen ganzen Kabel angeschlossen."
Kurz musterte ich die Computer zu meiner rechten und die Infusion in meiner Hand.
Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Ohne Kostas wäre ich wahrscheinlich entweder an den Tabletten gestorben oder an meiner eigenen Kotze erstickt.
"Danke. Ich.. bin irgendwie froh doch noch bei dir sein zu können." flüsterte ich. Die Kopfschmerzen hatten mittlerweile zwar etwas abgenommen, aber das Piepen war immer noch da. Und es nervt. Alles was lauter als ein flüstern war, nervte und machte meine Kopfschmerzen sicher nicht besser.
"Warum.. Warum hast du das dann überhaupt getan? Ich hab deinen Brief die letzten Tage bestimmt an die hundert mal gelesen, aber.. warum? Ich versteh wie du dich gefühlt hast, nur.. wir hätten doch alles zusammen geschafft. Wir werden das alles zusammen schaffen. Versprochen." flüsterte Kostas.
"Ich weiß es auch nicht. Es sollte einfach alles aufhören. Ich mach es nie wieder."
Sofort lächelte Kostas, weshalb sich auch auf meinen Lippen ein Lächeln bildete. Mein kleiner Engel. Wie konnte ich ihn nur verlassen wollen?
"Versprochen?"
"Ganz ganz fest versprochen."
Sanft drückte ich ihm einen Kuss auf die Stirn und kuschelte mich näher an ihn, als plötzlich die Tür aufging und ein Arzt rein kam.
"Herr Roeder, Sie sind wach.", meinte er überrascht, lächelte aber sofort. "Wie schön. Wir müssten dann nur ein paar Untersuchungen machen und dann habt ihr erstmal eure Ruhe."
Lächelnd nickte ich und löste mich von Kostas, damit er aufstehen konnte und lies die ganzen Untersuchungen über mich ergehen. Jede Menge Tests wurden gemacht, ich bekam eine Infusion gegen die Kopfschmerzen und wir unterhielten uns kurz über eine Therapie, ehe ich endlich wieder mit Kostas kuscheln konnte.
"Ich liebe dich, Engel." flüsterte ich und strich ihm sanft durch die Haare.
"Ich dich auch. Und ich bin froh dich noch bei mir zu haben."^^

Jia, ich lebe noch xD

Und ja, ich weis. Selbstmord durch Tabletten läuft nicht unbedingt so ab. Also das man halt nicht gleich einpennt, aber ich fand das schöner zum beschrieben

1274 Wörter//2.April 2018

Kostory Oneshot BuchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt