Kapitel 1

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Taehyung

Taehyung hörte den Störenfried, bevor er ihn sah. Sein Blick schoss in die Richtung der Gestalt, seine Hand mit der Waffe folgte keine Millisekunde später.

Vor ihm stand ein Junge - er schien nicht älter zu sein als er selbst. Die schwarzen Haare hingen ihm verschwitzt in die Stirn und er hielt sich seinen rechten Arm, durch die weiße Jacke sickerte langsam Blut. Taehyung konnte sehen, dass er zitterte, kein Wunder bei diesen Temperaturen, wenn er so spärlich angezogen war.

Taehyung stellte sich langsam auf seine Füße, scannte unauffällig die nähere Umgebung nach weiteren Personen, aber er war wohl allein. Er hielt die Waffe noch immer punktgenau auf den Jungen, dessen Augen ihn stumm anzuflehen schienen.

"Wer bist du?"

Seine Stimme klang harsch und trocken, wohl eine der Nebenwirkungen, wenn man so lange keinen Ton von sich gegeben hatte.

Der Junge antwortete nicht, Taehyung wurde ungeduldig. Er machte einen Schritt auf den Fremden zu, drohte mit seiner Pistole und funkelte sein Gegenüber bedrohlich an.

"Ich hab dir eine Frage gestellt.", erklärte Taehyung herrisch.

Aber wieder kam keine Antwort.

Und Taehyung erkannte, das der Junge dazu offenbar keine Kraft zu haben schien, denn im nächsten Moment kippte dessen schlaffer Körper nach vorn und er viel auf den kalten Waldboden, genau auf die Pilze, die Taehyung eben noch hatte sammeln wollen.

Nur ein einziges Wort verließ die Lippen des Schwarzhaarigen, bevor er die Augen schloss und sich nicht mehr regte.

"Bitte..."

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Das war die schlechteste und dümmste Entscheidung, die Taehyung jemals getroffen hatte.

Der Fremde lag auf seinem Bett, in seinen Klamotten, sein Arm versorgt mit seinem Verbandszeug, Gott wusste, wie schwer das Zeug zu beschaffen war. Taehyung fluchte.

Was hatte er sich dabei gedacht?

Er war nicht unvorsichtig - niemals. Sonst hätte er die letzten Jahre in dieser Hölle nicht überlebt. Er wusste, was man zu tun hatte, wenn man leben und nicht einem der Untoten oder anderen Überlebenden zum Opfer fallen wollte, man blieb einfach brav für sich und setzte auf das Verstecken, anstatt in die Offensive zu gehen oder sich sonst in irgendeiner Form zu zeigen. Er wollte auch keine Ausnahmen machen, auch nicht für einen Verletzten.

Aber jetzt war dieser Junge nun einmal hier und seltsamerweise war es sogar ein gutes Gefühl, einmal einem anderen Menschen zu begegnen, anstatt immer nur in die Gesichter der Untoten sehen zu müssen, die einem das Gehirn rauslöffeln wollten.

Taehyung ließ sich erschöpft in den Campingstuhl vor dem Bett fallen und beobachtete den Fremden beim Schlafen, dessen feine Gesichtszüge unter dem Schmerz etwas angespannt waren.

Er hätte ihn eigentlich auch im Wald versorgen können, fiel ihm ein. Dann hätte er ihn nicht den ganzen Weg zu seinem Bunker schleppen müssen.

Aber gleichzeitig hätte ihm dann sein schlechtes Gewissen schlaflose Nächte bereitet, wenn er den fiebernden Junge da einfach liegen gelassen hätte...

Mist.

Als der Fremde sich rührte, fuhr Taehyung vor Schreck beinahe aus seiner Haut, seine Hand griff sofort nach dem Baseballschläger, denn er mit Nägeln präpariert hatte. Er stand ruckartig auf und hielt den Schläger im Anschlag, bereit, bei der kleinsten falschen Bewegung zuzuschlagen.

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