Words left unsaid

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Ich bin der größte Idiot auf diesem Planeten. Warum hab ich das alles gesagt? Ich hätte einfach den Mund halten oder mir mit meiner Antwort Zeit lassen sollen um mir über alles erst mal Gedanken zu machen. Aber nein, ich musste diesen Dreck von mir geben. Es dauerte nicht lange, bis die Nachricht von meinem Herzen an meinem Kopf ankam und diesem gewaltig seine Meinung sagte. Aber kein Wunder. Es hat schon alles so bescheuert begonnen.

„Tae, kannst du mir einen Knutschfleck am Hals machen?"
„Wuuss?" fragte er entsetzt mit vollem Mund.
Er hatte seit langem mal wieder bei mir übernachtet und wir haben die halbe Nacht durch geredet. Ich hatte so das Gefühl dass ich mentale Unterstützung für den heutigen Tag brauche und tatsächlich war ich da bei Tae richtig. Eventuell habe ich durch ihn auch ein paar Tränen verdrückt, da er mir so einiges wieder klar gemacht hat. Ich hoffe, das wird mir bei meinem Treffen mit Jimin nachher helfen.
„Nur einen kleinen Knutschfleck... ungefähr hier" sagte ich und zeigte auf die Stelle neben meinem Adamsapfel.
„Warum sollte ich das tun?"
„Weil du mich lieb hast?"
Er schaute mich so an als hätte ich soeben behauptet der Sohn von Obama zu sein.
„Okay. Vielleicht will ich auch dass es so aussieht als wäre ich noch glücklich mit Seojoon zusammen."
Gestern hab ich Tae aufgeklärt, was mit Seojoon passiert ist. Es war besser es ihm zu sagen, als noch weiterhin etwas vorzuspielen. Er hätte es irgendwann sowieso gemerkt.
„Warum willst du das Jimin vormachen? Willst du ihn eifersüchtig machen?"
„Nein. Ich will nur dass es sieht, dass ich nicht so einfach zu haben bin. Wenn er durch einen Knutschfleck daran erinnert wird, dass ich einen Freund habe, wird er sich vielleicht zurück halten."
„Mit was zurückhalten?"
„Ich weiß ja nicht... vielleicht will er ja wieder mit mir zusammen kommen. Und ich bin mir nicht sicher ob ich, wenn er mich eventuell küssen würde, ob ich dann... naja ob ich ihn dann davon abhalten würde."
„Das hört sich nicht wirklich logisch an Kookie. Wenn du ihn nicht selbst davon abhalten kannst, dann solltest du es vielleicht gar nicht erst mit anderen Methoden probieren?"
„Hyung" jammerte ich „so ein Knutschfleck würde mir einfach Sicherheit geben."
„Ok komm her."
Überrascht sah ich ihn an, kam ihm aber doch näher und streckte ihm dann meinen Hals zu. Er beugte sich zu mir und lies sich Zeit, mir näher zu kommen. Eine seltsame Stimmung machte sich zwischen uns breit.
Er kam so nahe, dass ich seinen Atem spüren konnte, doch dann...
„Ihhh Hyung!!! Was soll das?"
Er hat mich tatsächlich einfach abgeleckt.
„Wenn du einen Knutschfleck haben willst dann frag Jimin."
„Ganz sicher nicht."
„Dann deine Mutter."
Schockiert schupste ich ihn vom Bett.

Als er dann eine Stunde später nach Hause ging, wurde mir plötzlich unwohl. Wann war nochmal das Treffen mit Jimin? Ein Blick auf meine Nachrichten beantworteten mir das.
»Wie wäre es so mit 16 Uhr? Ich könnte dich von zuhause abholen oder wir treffen uns irgendwo.«
Natürlich wollte ich nicht dass er mich abholte. Und deshalb schrieb ich ihm zurück, dass wir uns da treffen, wo alles endete.
Es gab keinen besseren Ort für das was kommen wird. Das erste Mal dass wir dort waren, schien die Sonne noch warm auf unsere Körper, doch das letzte Mal war es so  wie es heute sein wird. Kalt.
Dieses Mal war ich allerdings besser auf die Kälte vorbereitet als das letzte Mal, als ich halb erfroren nach Hause kam. Ich hatte mir zwei Pullover über mein T-Shirt gezogen und meine wärmste Winterjacke angezogen, so dass ich mich schier nicht mehr bewegen konnte. Aber dass muss ich ja auch nicht. Das wichtigste heute sind meine Ohren.

Ich hatte mir geschworen nie wieder an diesen Ort zu kommen. Doch jetzt da ich wieder da war, spürte ich dass noch etwas fehlte um mit diesem Ort endgültig abzuschließen.
Ein Ende.
Und genau das werde ich hoffentlich jetzt bekommen. Meine Füße wurden, genauso wie mein Kopf, schwerer, als ich die letzten Treppen hochstieg. Vor der Tür blieb ich stehen. War Jimin schon da? Oder konnte ich noch umkehren und nach Hause laufen um mich unter meinem Bett zu verstecken? Das würde ich gerade nämlich wirklich gerne tun, denn ich habe Angst vor dem was mich jetzt gleich erwartet. Ich habe Angst davor, dass mich dieses Gespräch wieder all die schlimmen Dinge fühlen und denken lässt, die mir die letzten Monate zur Hölle gemacht haben. Ich habe Angst davor zurück in die Vergangenheit katapultiert zu werden, in der ich keine Hoffnung mehr hatte. Ich habe Angst vor der Wahrheit.
Plötzlich fühle ich mich auch nicht mehr so bereit wie heute morgen als Tae noch da war.
Ich atmete einmal, zweimal, dreimal tief durch und fasste dann die kalte Türklinke.
Es erschütterte mich eine Leere, als ich Jimin ein paar Meter entfernt von mir stehen sah. Er schaute mich direkt an und rührte sich keinen Zentimeter. War er schon eingefroren?
Der kühle Wind sprach mir ins Gesicht, dass es kein angenehmes Gespräch werden würde.
Doch dann traf mich ein kleiner Funke direkt an der Brust, der mir für einen kurzen Moment Wärme schenkte. Jimin lächelte.
„Guten Tag. Danke dass du dir die Zeit genommen hast" sagte er so als würde er mich jetzt für eine Umfrage für irgendeine Studie befragen.
Ich nickte nur und trat aus der Tür. Dabei fiel mir ein Stapel Decken auf, der neben der Wand lag.
„Die habe ich mitgebracht. Ich will nicht dass du erfrierst."
Sofort eilte er zu ihnen und breitete eine aus, die er mir zusteckte. Ich blieb allerdings stehen. Als er merkte, dass ich ihm nicht Entgegenkommen wollte, legte er sie auf den Boden und verteilte die anderen Decken ringsherum. Dann nahm er Platz und deutete an, dass ich zu ihm kommen sollte. Zögernd lief ich zu ihm. Es war komisch ihm plötzlich wieder so nah zu sein. Doch es war tatsächlich etwas wärmer, also versuchte ich nur den Nutzen dahinter zu sehen und nichts weitere was mit Gefühlen zu tun hat.
„Willst du vielleicht einen warmen Tee? Ich habe welchen gemacht. Deinen Lieblingstee" sagte er und streckte mir eine Thermoskanne entgegen. Ich beäugte ihn. Was soll das alles?
„Jimin ich bin nicht gekommen um zu kuscheln und Tee zu trinken."
Ihm entglitt sein Gesicht.
„Oh. Verstehe" gab er von sich und lies den Kopf leicht fallen. Er wollte diesem Gespräch genauso wie ich entkommen, doch jetzt gab es kein zurück mehr.
„Okay, also wo fang ich an?"
„Am besten am Anfang oder?" fragte ich nach und hörte mich dabei etwas fies an. Er hat es zwar verdient so behandelt zu werden, aber eigentlich ist das doch so gar nicht meine Art. Ihm fällt es doch auch schwer... zumindest meinte das Tae.
„Ja gut. Am Anfang ist klar" sprach er und schaute mich auf einmal nicht mehr an. Er überlegte und ich konnte sehen wir er nach den richtigen Worten suchte.
„Tut mir leid. Ich hab mir eigentlich schon Gedanken gemacht wie ich es dir sage, aber irgendwie ist gerade alles weg."
Er wirkte so verzweifelt.
„Ich habe Angst etwas falsches zu sagen und dass du dann wieder abhaust und ich meine Chance verspielt habe."
Jimins Körper war total verkrampft. Das zeigte mir auch seine Stirn die in tiefen Falten lag. Aus Reflex fasste ich an seinen Arm und drückte einmal kurz zu.
„Ich bleibe solange hier, bis du fertig mit erzählen bist."
Mit glasigen Augen schaute er mich an und er war mir eindeutig zu nahe. Doch diese Nähe ging von mir aus. Ich hatte mich zu ihm gebeugt, nicht er. Als ich dass realisierte, rückte ich langsam etwas zurück und lies seinem Arm wieder los.
„Wir können ja zusammen alles klären. Ich kann ja fragen und du antworten wenn es okay ist?"
Jimin leckte sich über die Lippen und nickte. Die Sorgenfalte auf seiner Stirn verschwand, doch den Abdruck den sie erzeugt hatte blieb.
„Okay... also wir wollten am Anfang beginnen.  Für mich ist der Anfang da wo du so komisch zu mir warst im Schwimmbad. Da war doch etwas mit deinem Vater. Hattet ihr euch gestritten?"
„Mhh ja. Etwas."
„Jimin was ist passiert?"
„Okay. Also es war so. An dem gleichen Tag kam mein Vater morgens zu mir und hat auf einmal begonnen mich auszufragen. Es ging anfangs erst ums Schwimmen und ums Schwimmbad, doch dann fragte er nach dem Jungen der mich öfters zum Schwimmen begleitete und mit dem ich sonst so viel unternahm. Ich denke ihm war noch nicht klar, dass es der gleiche Junge war wie den den er mal im Supermarkt getroffen hatte. Ich habe es ihm dann gesagt und bin bei der gleichen Lüge geblieben, die ich ihm schon das erste mal erzählt habe. Dass du nur ein Bekannter bist, der mich immer mal wieder nervt, doch irgendwie wusste er dass ich Lüge. Er fragte warum ich trotzdem so viel mit dir mache und warum ich dich sogar von deiner Schule abhole. Ich weis wirklich nicht woher er davon weis. Vielleicht hat er mir hinterher spioniert oder einer seiner komischen Freunde haben mich gesehen und es ihm erzählt. Auf jeden Fall fragte er dann ob ich ein Homo bin und du mein Betthäschen. Er hörte nicht mehr auf damit und es brachte nichts das zu verneinen, bis ich ihn dann angeschrien habe, dass ich nicht schwul bin. Nachdem er mir dann eine geklatscht hatte, bin ich abgehauen. Ich war den halben Tag hier auf dem Dach und die andere Hälfte trainierte ich. Ich habe irgendwie vergessen dass du kommen würdest und hatte Sorge, dass mein Vater wieder davon erfährt. Deswegen habe ich dich so dumm behandelt. Und dafür wollte ich mich bei dir entschuldigen. Naja ich werde mich heute noch oft bei dir entschuldigen."
„Oh okay. Ähm warum hast du mich eigentlich immer mitgenommen zum Schwimmen, wenn du weist dass dein Vater da öfters ist?"
„Weil Er mir normalerweise immer sagt wenn er kommt. Er arbeitet ja nebenher auch und deshalb kann ich mich eigentlich darauf verlassen, dass er nicht einfach so auftaucht. Aber an diesem Tag habe ich nicht mehr mit ihm gesprochen und wusste deshalb nicht, dass er kommen würde."
„Und du wolltest mir trotzdem noch Nachhilfe geben, nach all dem was passiert ist?"
„Ja klar. Ich darf dich zwar eigentlich nicht mehr sehen, aber das Risiko würde ich für dich eingehen."
„Du darfst mich nicht sehen? Hat das dein Vater gesagt."
Er nickte.
„Aber du kannst wirklich trotzdem kommen, wenn du Hilfe brauchst."
„Danke, aber ich schwimme nicht mehr. Ich habe die Sportart gewechselt und mache jetzt Leichtathletik mit Tae."
„Oh wow. Man kann einfach wechseln?" fragte Jimin etwas enttäuscht.
„Eigentlich nicht, aber ich habe behauptet, dass ich plötzlich eine Chlor Allergie bekommen habe und dann durfte ich."
„Hast du wegen mir aufgehört?"
Ich nickte leicht.
„Oh okay. 'tschuldigung dass du wegen mir so ein Aufwand hattest."
Ich winkte ihm ab.
Es trat eine seltsame Stille ein, bis Jimin dann plötzlich einfiel, dass das nicht alles war, was er mir zu berichten hatte.
„Ja ähm also dann weiter ja?"
Ich nickte nur und wurde etwas rot, da mir bewusst war, was das nächste Thema war.
„Also dann zu dieser Nacht, in der ich einfach verschwunden bin. Es hat so begonnen, dass ich meiner Mutter sagte bei meinem Vater zu schlafen und meinem Vater erzählte ich dass ich bei ihr schlafe. Normalerweise reden die beiden nicht miteinander und deshalb bin ich davon ausgegangen die ganze Nacht bei dir verbringen zu können, wenn du das auch so wolltest. Doch irgendetwas hat mein Vater wieder stutzig gemacht und er hat spätabends meine Mutter angerufen und wollte mich sprechen. Da war ich aber schon bei dir. Er hat mich mehrmals angerufen, mir geschrieben und mich gesucht, aber ich hatte mein Handy auf leise gemacht, als wir zwei... Ähm als ich die schönsten Stunden meines Lebens hatte."
Mein Herz klopfte wie wild und mein Gesicht brannte. So beschreibt er mein erstes Mal.
Etwas durcheinander versuchte ich mich wieder auf das wichtige zu konzentrieren.
„Okay, also was ist dann passiert als ich eingeschlafen bin?"
„Ich habe auf mein Handy geschaut und all die wütenden Nachrichten gesehen. Ich habe ihm dann geantwortet, dass ich bei Mom bin, aber er wusste ja bereit dass ich genau das nicht war. Dann wollte er dass ich ihm meinen Standort sendete und dann bin ich abgehauen. Sonst wäre er wirklich gekommen und hätte mir und dir das Leben zur Hölle gemacht. Die Nachricht habe ich dir geschrieben, weil ich wirklich davon ausging, am morgen wieder da zu sein. Ich dachte ich muss ihn nur beruhigen und kann dann wieder zu dir fahren, aber dann ist etwas anders passiert. Als ich bei meiner Mutter ankam, war mein Vater auch da. Er stand am Auto und wartete auf mich. Ich bin einfach an ihm vorbei gelaufen und wollte zu meiner Mutter. Sie half mir immer wenn ich Auseinandersetzungen mit meinem Vater hatte. Und dann begann mal wieder ein Kreuzverhör, obwohl mein Vater schon sicher war, dass ich bei dir gewesen bin. Dann ging alles ganz schnell. Er nahm mir mein Handy weg und hat mich zum Auto gezogen. Erst als ich dann drei Stunden später in einem Flieger saß, merkte ich, dass ich nicht mehr pünktlich zu dir zurück kommen werde. Ich habe meine Vater angebettelt mir mein Handy wieder zu geben, aber das half natürlich nichts. Er meinte ich muss von all dem hier Abstand gewinnen und mich nur auf mein Training konzentrieren. Ja und genau das habe ich dann getan."
„Wie du... hast einfach so auf ihn gehört? Er ist so ein Arsch zu dir und du folgst ihm auch noch?"
„Ja. Er ist immerhin mein Vater. Er hat sich zwar scheiße verhalten, aber ich denke er will trotzdem nur das beste für mich."
Ich lachte kurz auf.
„Ich glaub das nicht. Wie kannst du sowas denken? Er hat dich entführt und dir den Kontakt zur Außenwelt verboten. Wie soll das das beste für dich sein?"
„Du hast ja recht,aber was hätte ich denn machen sollen? Einfach so ohne etwas abhauen und nach Korea zurückschwimmen?"
„Du hättest ja wenigstens irgendwie anrufen können..."
„Das wollte ich.Wirklich! Aber ich wusste deine Handynummer nicht auswendig und mein Vater hatte ja mein Handy. Ich habe sogar die Nummer deiner Schule herausgefunden. Hast du irgendetwas von seltsamen Anrufen mitbekommen?"
„Nein, was für Anrufe?"
„Ich habe ein paar mal dort angerufen, doch die wollten mich nicht mit dir reden lassen und als ich dann versucht habe mich als einen Verwandten auszugeben hat mich diese Sekretärin wiedererkannt. Ich habe sogar versucht dich von der Schule abzumelden, damit du vielleicht merkst, dass ich da meine Finger im Spiel habe."
„Woher sollte ich wissen, dass du das warst?"
„Keine Ahnung. Ich war einfach verzweifelt und hab nicht zu Ende gedacht."
„Okaaay" gab ich von mir und legte dabei die Stirn in Falten. Er war also verzweifelt. So kam er mir allerdings gar nicht vor als er mit mir an diesem einem Tag telefoniert hat.
„Glaubst du mir nicht? Du kannst doch beim Sekretariat nachfragen."
„Das ist es nicht. Ich frage mich nur, weshalb du dich dann so benommen hast als wir geskypt haben. Du sahst eher so gar nicht verzweifelt aus."
„Dafür gibt es mehrere Gründe" lies er sich mit dieser Antwort Zeit.
„Also... du musst wissen das die Zeit davor und auch danach echt heftig für mich waren" sprach er bedenklich und hörte sich für mich dabei so an als würde er nach einem Ausweg suchen... oder eher einer Ausrede.
„Ich will jetzt die Schuld nicht von mir weisen, aber das was du da gehört hast kam eigentlich nicht von mir."
„Ach ja?" fragte ich entsetzt „es hat sich aber nach deiner Stimme angehört und ich habe dein Gesicht gesehen. Erinnerst du dich? Du hast mir das ins Gesicht gesagt."
Ich könnte es nicht fassen, was er hier sagte und richtete mich immer mehr auf.
„Beruhigt dich, beruhig dich... So hab ich das doch gar nicht gemeint. Ich hab mich doof ausgedrückt. Es tut mir leid" hörte ich Jimin panisch reden „ bitte gehe nicht. Ich... ich will es dir doch richtig erklären.Es tut mir leid".
Jimins Augen wurden so groß, dass ich mich für einen Moment in ihnen verlor. Ich wurde automatisch ruhiger und realisierte erst gar nicht, das Jimin wohl immer noch eine gewisse Wirkung auf mich hatte, die mir irgendwie gut tat... in der Vergangenheit. Erstaunt von meiner eigenen Reaktion blickte ich in die Ferne.
„Okay. Red weiter" befahl ich ihm unfreundlich, vorallem um mir selbst wieder bewusst zu machen, wie er mich die letzten Monate behandelt hatte.
„Mein Vater. Er hat mir immer wieder gesagt, dass du nicht gut für mich bist. Er hat mir Gründe genannt, die so absurd sind, dass ich sie eine Zeit lang sogar geglaubt habe. Im Nachhinein würde ich sagen es war wie eine Gehirnwäsche. Und dann kam das Telefonat, die Nachrichten und all das was dich so verletzt hat."
„Du hast dich aber so angehört als wärst du selbst der Meinung, das zwischen uns wäre nur ein Witz gewesen."
„Bitte versteh mich nicht falsch, aber in diesem Moment habe ich tatsächlich so gedacht. Die Anwesenheit meines Vaters hat das noch intensiviert. Ich war überzeugt, dass ich nie wieder Gefühle für dich haben sollte. Es war wirklich extrem. Aber irgendwann bin ich aufgewacht."
„Was meinst du damit?"
„Auf meinem Weg zum Schwimmtraining habe ich zwei kleine Jungs spielen gesehen. Sie waren so niedlich zueinander, dass es mich irgendwie an uns erinnert hat. Und da ist mir aufgefallen wie sehr ich dich eigentlich vermisste."
„Okay, das ist ja schön für dich. Aber ich glaube einfach immer noch nicht, dass du das nur gesagt hast, weil dein Vater es dir so vorgelabert hat. Warum solltest du denn plötzlich nicht mehr denken können und all unsere Erinnerungen so einfach ignorieren?"
„Weist du Kooki... Jungkook" verbesserte er sich schnell selbst „ er ist halt mein Vater und mein Vorbild. Ich kann seine Meinung nicht so einfach ignorieren."
„Und warum nicht? Merkst du denn nicht, dass er dich nicht gut behandelt? Er akzeptiert seinen eigenen Sohn nicht, weil er mit einem Jungen zusammen ist. WAR! Zusammen war."
„Das stimmt doch nicht. Er behandelt mich immer gut und will nur das Beste für mich. Und das ist seiner Meinung eben nicht mit einem Jungen zusammen zu sein."
Diese Antwort lies mich einen Moment erstarren. Ist er tatsächlich dieser Meinung?
„Mein Vater ist nicht so übel wie du denkst."
„Oh ja, er ist sogar noch übler."
„Sag das nicht. Er ist immerhin mein Vater."
„Dein Vater, der dich entführt, dich isoliert, dich zu Dingen zwing die du nicht willst und der dich den ganzen Dreck noch glauben lässt. Ernsthaft Jimin das kann nicht dein Ernst sein."
Nachdenklich senkte er seinen Blick. Er schwieg eine Weile.
„Ja. Das ist die Wahrheit hinter meinem Verhalten. Ich wollte dich niemals im Stich lassen und so sehr verletzten, aber es ist passiert. Ich würde es ja rückgängig machen, aber das geht leider nicht. Du musst mir nicht sofort verzeihen, aber trotzdem hoffe ich du wirst es in Erwägung ziehen."
„Bevor das kommt hab ich aber noch ne Frage" sprudelte es aus mir heraus.
„Wer ist das Mädchen mit dem du dich getroffen hast? Ist sie deine echte Freundin oder nur um deinen Vater zu befriedigen?"
Jimin gluckste etwas.
„Eigentlich ist sie nur eine Bekannte von mir, aber ich bin tatsächlich mal mit ihr Hand in Hand gelaufen, um meinen Vater etwas zu beruhigen. Du hast mich also durchschaut. Ich habe sicherlich nichts mehr als freundschaftliche Gefühle für sie. Zufrieden?"
„Fast. Warum bist du jetzt eigentlich wieder da? Ist das für deinen Vater nicht viel zu riskant?"
„Nein. Das heißt ja" haperte er „ meine Mutter lebt und arbeitet ja noch hier und sie hat sich irgendwie durchsetzen können, dass ich zurück zu ihr konnte. Mein Vater wollte mit mir nämlich eigentlich wieder nach Busan ziehen."
„So ist das" sagte ich und schweifte in Gedanken ab.
„Und? Bist du froh wieder da zu sein?"
„Ähm ja, denke schon. Obwohl ich nicht so glücklich war wie ich auf dich gestoßen bin. Ich hab mir das irgendwie anders vorgestellt."
„Wie hast du dir es denn vorgestellt?"
„Ich weis nicht, aber ich dachte irgendwie, dass du mir sofort wieder eine Chance gibst nachdem ich dir alles erklärt habe, aber nicht dass du schon wieder ein... einen Neuen hast."
„Ja das hast du wohl falsch eingeschätzt" winkte ich ab.
Wir schwiegen eine Weile.
„Ich glaube das war alles oder? Hast du noch eine Frage?"
Ich überlegte kurz und mir fiel noch sofort etwas ein. Die wohl wichtigste Frage die ich die ganze Zeit hatte, doch ich konnte das irgendwie nicht fragen. Es würde sich komisch anfühlen. Der Moment wäre nicht der Richtige jetzt zu fragen warum er mir nie gesagt hat dass er mich liebte. Nachher bring ich ihn auf eine falsche Idee oder er würde denken ich habe noch immer das Bedürfnis diese Worte von ihm zu hören.
„Nein. Kann ich dann jetzt gehen?"
„Warte mal. Kannst du mir nicht noch sagen, wo wir zwei jetzt stehen? Wie denkst du jetzt über mich?"
„Ich denke... ich muss mir nochmal Gedanken darüber machen, aber ich brauche Zeit dafür."
„Oh okay" flüsterte er bedrückt.
„Ich kann dich zwar jetzt besser verstehen, aber ich muss mir überlegen ob das reicht um mit dir befreundet zu sein."
„Nur Befreundet?" fragte er nach.
„Ja nur befreundet" zickte ich etwas „hast du jetzt echt gedacht nachdem du mir hier alles erklärt hast, lass ich meinen Freund sitzen und wir kommen wieder zusammen? Das wird niemals passieren, okay? Niemals!"
Er antwortete nur mit einem traurigen Gesicht , dass mir selbst weh tat anzusehen. Doch ich blieb auf meiner Schiene.
„Glaubst du wirklich ich würde alles vergessen können und ohne Angst leben, dass du schon wieder verschwindest?"
„Nein nein." unterbrach er mich, bevor ich noch wütender wurde.
„Ich will nur das alles wieder gut ist. Ich will mit dir einfach wieder normal reden können ohne dieses peinliche Gefühl dabei zu haben. Willst du das denn nicht auch?"
Ich atmete einmal tief durch um mir klar zu werden, was ich denn eigentlich wollte.
„Ja ich denke das wär gut fürs erste."
„Okay" sagte er und lächelte etwas.
Ich nickte, richtete mich auf und stand letztendlich gleichzeitig mit Jimin auf.
Ich nahm eine Decke um sie zu falten, doch er hielt mich davon ab.
„Lass nur, ich mach das schon."
Ich zuckte mit den Schultern und lies die Decke fallen. Einen Moment schaute ich auf den Horizont, den man aufgrund der Dunkelheit fast nicht mehr erkennen konnte.
„Uhh hab ich ein Hunger jetzt. Willst du auch noch was essen? Ich lad dich ein."
„Ich denke nicht dass das eine gute Idee ist. Ich will nach Hause" sagte ich ehrlich und schaute ihn dabei direkt an. Irgendwie fühlt es sich gut an gemein zu ihm zu sein und irgendwie auch nicht. Meine eigenen Worte machten mich nachdenklich.
„Okay. Kein Problem" sprach er freundlich und ich fühlte mich sofort schlecht. Sollte ich weiterhin so fies zu ihm sein?
„Also ich denke ich werde dann mal..." sagte ich und deutete an zu gehen.
Plötzlich packte er mich allerdings und eine Sekunde später lag ich in seinen Armen. Ich lies die Arme hängen und dachte nicht mal daran seine Umarmung zu erwidern.
„Jungkook. Bitte. Nehm dir alle Zeit der Welt um dir über alles klar zu werden. Erinnere dich an unsere gemeinsame Zeit. Ich hoffe wirklich du kannst mir eines Tages verzeihen. Ich will nur dass du weist, dass ich dich soo vermisst habe und ich keine Sekunde aufgehört habe an dich zu denken. Jede Nacht habe ich an dich gedacht ob ich wollte oder nicht und es ist immer noch so. Du bedeutest mir immer noch viel."
Seine Worte die er mir an den Nacken hauchte, lösten aus dass meine Augen etwas feucht wurden. Seine Worte trafen mich zutiefst und lösten ein großes Kribbeln aus, von dem ich nicht sagen konnte ob ich es mochte oder hasste. Als er langsam seine Arme löste, biss ich mir auf die Zähne um mir nichts anmerken zu lassen.
„Tschüss Jimin" sagte ich nur und lief Richtung Tür. Er blieb stehen und schaute mir nach. Bevor ich verschwand drehte ich mich noch einmal um.
„Wenn ich dir so viel bedeutet habe, warum hast du mir nie gesagt, dass du mich liebst?"
Damit lies ich ihn stehen und war entschlossen nie wieder umzukehren. Doch mit jeder Treppenstufe mit der ich mich von Jimin entfernte machte sich ein anderes Gefühl bei mir bemerkbar. Doch ich konnte nicht zurück. Meine Füße trugen mich bis nach Hause in mein Zimmer.

In den nächsten Stunden und damit meine ich die komplette Nacht, machte ich mir Gedanken über alles und kam zu dem Entschluss das ich total einen an der Klatsche habe. Das was mir Jimin erzählt hat, macht schon begrenzt Sinn, auch wenn ich nicht verstehen kann wieso er so eine verzerrte Wahrnehmung von seinem Vater hat. Wie kann er seinen Vater überhaupt noch verteidigen in so einem Moment? Wie soll ich denn mit jemanden befreundet sein, der es akzeptiert von seinem Vater extrem bevormundet zu werden und damit auch noch klar zu kommen? Jeder Gedanken an Jimins Vater lässt mein Blut schneller durch meine Venen pumpen. Ich verspüre pure Wut...gegen Jimins Vater, gegen Jimin und gegen mich selbst. Jimin hat den Willen seines Vaters klar über mich und mein Wohl gestellt.
Natürlich hat mich alles verletzt und ich hasse ihn und vor allem sein Vater dafür dass er mir das angetan hat.
Doch eins wurde mir wieder bewusst: Es war kein Witz. Nicht aus meiner Sicht und sicherlich auch nicht seitens Jimin. Es war echt gewesen. Wir waren zusammen gewesen und ich habe jeden Tag mit ihm geliebt. Er war das beste was mir hätte passieren können, zumindest bis zu dem Tag an dem er verschwunden ist.
Und das ist schon der Punkt. Obwohl er mich verletzt hat, fühle ich mich noch zu ihm hingezogen. Dieser Idiot hat es einfach geschafft mich in seinen Bann zu ziehen, obwohl ich es nichtmal will.

Ich machte mir auch Gedanken wie es wohl Jimin so die ganze Zeit über ging. Er hatte schließlich keine Freunde in Japan mit den er hätte reden können, die ihn hätten aufmuntern können. Ich fühlte mich schlecht. Vor allem als mir bewusst wurde, das ich unser Gespräch gerne anders beendet hätte. Natürlich habe ich Gefühle für Jimin. Wie diese genau aussehen weis ich nicht, aber er ist mir nicht egal. Doch genau so habe ich mich ihm gegenüber leider gezeigt. Ihm gesagt dass wir nie wieder zusammen kommen werden. Sein Blick auf diese Aussage werde ich wohl nie wieder vergessen können. Wie wird das jetzt weiter gehen?

Ich bin der größte Idiot auf diesem Planeten. Warum hab ich das alles gesagt? Ich hätte einfach den Mund halten oder mir mit meiner Antwort Zeit lassen sollen um mir über alles erst mal Gedanken zu machen. Aber nein, ich musste diesen Dreck von mir geben.

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It's been 84 years...

Ähh wie fang ich das an?
Ich war... beschäftigt (@ ̄ρ ̄@)

Wahrscheinlich habe ich jetzt den Großteil meiner alten Leser verloren :/
Aber ich habe auch gesehen, dass sich ganz viele neue Leute entschieden haben in die Story mal reinzuschauen.

Ich muss mich tierisch bei euch bedanken, dass ihr mich weiterhin soo unterstützt habt und ihr zum größten Teil Verständnis gezeigt habt.

In nächster Zeit kann ich sicherlich wieder mehr schreiben :D
Hoffe ihr nehmt mir hier nichts übel.

Wenn Ihr Lust habt könnt ihr mir auch eure Meinung über das Kapitel da lassen. Ehrlich gesagt bin ich total raus aus der Story und weis deshalb nicht ob ich alles so richtig eingebracht habe. Wenn euch was ganz wichtiges auffällt, sagt mir bitte Bescheid.

Viele Grüße und bis zu den nächsten Kapiteln... die werden lustiger und denke mal interessant für manche ( ͡° ͜ʖ ͡°)

Maybe more than friends| Jikook Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt