|∆|Kapitel 44|∆|

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Der Weg zur Turnhalle fiel mir schwer, den obwohl ich ja im Prinzip gewonnen hatte, wurden mir gerade die Nachwirkungen klar.

Heute Abend würde ich sterben. Mir würde alles weh tun und ich wurde mich kaum noch bewegen können.

Es ist schon einmal vorgekommen, dass sich jemand Sorgen um mich gemacht hatte.

Sarah, eine alte Freundin hatte ihren Eltern von dem komischen Verhalten meines Vaters erzählt und diese konnten dann die Dinge nicht so belassen, wie sie waren, sondern sind zu meinem Vater gegangen und haben mit ihm gesprochen.
Augenblicklich wurde mir jeglicher Kontakt mit meiner einzigste Freundin, meinem Ankerpunkt verboten und ich war noch alleiner als zuvor.

Ich hatte sie danach auch nie wieder gesehen. Weder in der Schule noch sonst irgendwo, denn nein Vater hatte ihren Eltern einen großen Haufen an Geld gegeben und sie haben für immer die Stadt verlassen und somit auch mich in dem Elend zurück gelassen.

Man konnte ja alle Dinge und Tatsachen auf andere schieben, da dies die einfachste und schnellste Variable ist mit Dingen zurecht zu kommen, doch glücklich machte es einen im Endeffekt auch nicht.

Die Gedankenwelten, in denen ich mich tagtäglich verlor waren nicht mehr gesund und machten meine allgemeine Stimmungslage nur depressiver.
Auch strahlte ich negative Energie aus, die weder mir noch meinem Umfeld besonders weiterhalfen geschweige denn gut taten.

In der Sportumkleide angekommen zog ich meine Alltagskleidung aus, bzw. wechselte ich mein kurzes T-Shirt durch ein langärmliches Schlabberoberteil aus und zog meine Sportschuhe an. Die Hose war sowieso für Sport bedacht und so betrat ich die Halle.

Die Leute sahen mich vielsagend an, als ob sie wüssten, warum ich zu spät wäre, doch wissen tuen sie es ja hoffentlich eh nicht.

Die schlechtgelaunte Sportlehrerin Frau Grau kam auf ihren kurzen Beinen angelaufen und baute sich vor mir auf.

Das die Frau mich nicht mochte half mir gerade auch nicht weiter und verschlimmerte die jetzt kommende Ansprache wahrscheinlich nur noch.
"Miss Anderson, eine Frechheit von Ihnen so spät zu kommen, was fällt Ihnen nur ein!", wurde ich direkt angemeckert.

"Es tut mir aufrichtig Leid, ich war bei einem Gespräch beim Direktor", sagte ich gespielt entschuldigend und als ob es mir tatsächlich Leid tuen würde, was es aber auf jeden Fall nicht tat.

Ich hasste die Frau und sie war auch kein besonderer Fan von mir. Doch auch dies war mir schon von anderen Lehrern bekannt, die ich in meiner Lebzeit hatte.

"Also Miss Anderson. Wie Sie sehen machen wir heute Hochsprung. Lassen Sie es sich doch bitte von einem Ihrer Mitschüler erklären."

Die Frau tat gerade so, als ob wir das ganze noch nie gemacht hätten, obwohl es letztes Jahr schon im Lehrplan stand.
Trotz meinem Hass auf diese Frau lief ich zu den aufgebauten Stationen und stellte mich hinter einem blonden Mädchen auf.

Da wir mit den Jungs zusammen Sport hatten, warum auch immer. Schaute ich gerade Cameron bei seinem Sprung zu und schaute mir seine Technik ab.
Sieben Schritte Laufen und beim Absprung drehen. Den Arsch hoch drücken und so weit es ging ins Hohlkreuz gehen, damit man die Stange nicht berührt.

Das Mädchen vor mir wollte gerade loslaufen, als die Sportlehrerin in ihre silberne Trillerpfeife blies. "Da wir jetzt die ganze erste Stunde geübt hatten werden wir jetzt mit den Noten anfangen. Stellt euch bitte in Alphabetischer Reihenfolge auf. Jungs und Mädchen gemischt."

Frau Grau schaute mich hinterlistig an.
Ihr war klar, dass ich gerade ins kalte Wasser fiel und keine Ahnung hatte, ob ich es gleich schaffen würde. Geschweige denn, ob ich die Technik auf Anhieb schaffen würde.
Vor mir stand nur noch eine Person und das war Noah Adams.

Und wieder beobachtete ich seine Bewegungen ganz präzise und versuchte sie mir zu merken und als ich dran war schaffte ich auch tatsächlich ganz leicht die Note 5 zu erhalten. Was aber auch gar nicht so schwer war.

Die Reihen wurden durch benotet. Und es gab auch jetzt schon Leute, die mit der sechs aufgaben. Auch wenn sie sich einfach nur hätten anstrengen müssen um die Fünf zu schaffen.

Die Vier war auch leicht geschafft und auch die Drei lies sich ohne große Probleme überwältigen.
Bei der Zwei war es dann doch schwerer. Beim ersten Mal überspringen berührte mein Po die Stange ganz leicht und lies diese runterfallen, doch der zweite Versuch ließ mich das Hindernis überwinden.

Und da war er nun. Der Sprung zur eins.

Einerseits wollte ich es der Grau reinwürgen, dass ich es schaffen könnte, doch auf der anderen Seite machte es mir Angst.

Ich hatte heute schon ein paar Leute gesehen, die volle Kanne auf die Stange gefallen sind und es sind auch schon Tränen bei dem weiblichen Teil der Klasse geflossen.

Aber nun stand ich hier. Hinter Noah, der gerade anfing zu rennen und ca. 10 Zentimeter über der Stange hinwegflog.

Ein anerkennendes Raunen ging durch die Menge und ein paar verliebte Blicke fielen auf den Muskelprotz.

Und da war er nun mein Moment. Die Interesse der Schüler legte sich, da ja jetzt der Weirdo sprang und nicht mehr der begehrte Sportler.
Ein paar gelangweilte Blick trafen auf meine Gestalt, doch blendete ich diese aus.
Konzentrierte mich auf meine Atmung und meinen Körper.
Ich atmete einmal tief ein und begann dann zu rennen.
Eins. Zwei. Drei. Vier. Fünf. Die Zahl an Schritten müsste ungerade sein, doch war ich noch nicht am Ziel.
Sechs. Sieben. Und Absprung. Mein Körper drehte sich und in der Erwartung auf die weiche Matte zu fallen traf mich ein unglaublicher Schmerz knapp über meinem Hinterteil.
Ein Schmerzensstummel ertönte aus meinem Mund. Doch lies ich es nicht zu, dass es ein lauter Schrei wurde.

Die Stange fiel schepernd zu Boden und ich raplelte mich mit hochgezogenen Kopf auf und ohne mir den unglaublichen Schmerz ansehen zu lassen stellte ich mich wieder hinten an.
Keiner interessierte sich offensichtlich für meinen unschönen Aufprall und auch ich versuchte alles um dieses Ziehen auszublenden.
Doch der Druck war so groß. Meine Knie begannen zu zittern und waren kurz vorm aufgeben.

Eine Person nach der anderen versuchte es noch das Ungetüm zu überwinden, doch viele gaben auf und auch ich war nur noch ein Schatten meines Selbst.

Ich war wieder dran. hinter mir standen immer noch ein bis drei Leute, die ihr Glück versuchten.
Aber meines war schon weg. Der Drang aufzugeben war groß, da der Schmerz immernoch nicht verblasst war, sondern schlimmer zu scheinen wurde.

Doch ich stellte mich der Herausforderung. Ohne groß nachzugehen ging ich der Routine nach und gab all meine Kraft in den letzten Absprung. Doch Fehlschlag.
Die Stange traf mich ein weiteres Mal an der gleichen Stelle und mit der Selbstbeherrschung war es vorbei. Ein lauter schmerzerfüllter Schrei entwich meiner Kehle.

Aber wie zu erwarten war die Interesse an meiner Qual dem Großteil egal. Jayden warf mir einen mitleidigen Blick entgegen. Denn ich aber nicht lange aufnehmen konnte, da mich die Bitch an Lehrerin aufforderte meinen Arsch von der Matte zu bewegen, da die anderen ja auch noch springen wollten.

Also zog ich mich zurück. In einen Teil der Halle, der etwas abseits war und versuchte den Schmerz wegzuatmen...

The girl behind the maskWo Geschichten leben. Entdecke jetzt