Kapitel 3

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Am nächsten Morgen erwachte ich sehr früh mit miesen Kopfschmerzen. Bevor ich die Augen öffnete, versuchte ich mir einzureden, dass alles nur ein Traum war und Träume waren Schäume.

Doch war es nicht. Ich lag im Bett im Barbier-Zelt. Der Schnitt war da und hatte wieder etwas geblutet. In der Nähe stand die kleine Schale, in der er die komischen Kräuter verbrannt hatte, und müffelte vor sich hin. Er lag neben mir auf dem Boden und schlief.

Mein Erwachen blieb nicht lange unbemerkt. Ich hatte das Gefühl, dass er sich erst mal sammeln und beruhigen musste, bevor er mit mir sprach um dann zu sagen: „Guten Morgen. Wie geht es dir heute?"

„Moment." Kunstpause „Ich habe eine schmerzende Schnittwunde. Ich habe das dringende Bedürfnis mich zu waschen und dieses ekelige Korsett auszuziehen. Ich habe Kopfschmerzen und ich bin verwirrt, was diese Nacht betrifft. Also summa summarum: nicht gerade gut."

Er nahm das nickend zur Kenntnis, sprang auf und zog mich ins Medi-Zelt. Dort ließ er mich auf der Liege Platz nehmen. Er beäugte meine Wunde aus der Ferne und begann zu sprechen: „Der Plan sieht wie folgt aus: Ich werden deine Wunde versorgen, dann werden wir etwas essen", nestelte er an meinem Verband herum.„Danach gehen wir zu meiner Mutter für neue Kleidung. Und wenn das erledigt ist, wirst du dich etwas ausruhen."

„Falsch. Nach dem Punkt mit der Kleidung wirst du mir erklären, was das heute Nacht war." Sein Fahrplan war ja prinzipiell nicht schlecht, doch fehlte mir schlicht dieser Punkt in seiner Aufzählung.

Er sah mich eindringlich an: „Ich werde es dir erklären, aber es ist noch zu früh. Ich bin mir sicher, dass du mein Moon bist, aber ich muss erst mit meiner Mutter darüber reden. Wir reden heute Abend nach dem Turnier, wenn wieder etwas Ruhe eingekehrt ist. Einverstanden?" Er blickte schon fast verzweifelt drein.

(Nael) Ich konnte noch nicht mit ihr darüber reden, brauchte erst Zeit um meine Gedanken zu sortieren. Und das würde schwer genug werden bei all der Arbeit rund um den Markt und das Turnier. Irgendwo würde ich mir eine Weile für mich abzwacken müssen. Am besten vor dem Turnier.

„Einverstanden. Aber meine Geduld ist begrenzt. Solltest du dein Wort nicht halten, bin ich verschwunden." Innerlich seufzte ich auf. Warum nur? Warum? Warum mussten wichtige Dinge immer aufgeschoben werden, anstatt sie gleich zu klären.

Gesagt, getan. Er verarztete meine Wunde, die nicht wirklich gut aussah, und verwendete diesmal „Geheimsalbe". Ha! Als ob Wunden jemals gut aussehen würden. Als ich den Gedanken äußerte, er möge mir mal helfen das Korsett auszuziehen, damit ich es gegen BH und T-Shirt tauschen könne, lehnte er ab. Er hätte ärztliche Bedenken den BH-Träger über die Wunde laufen zu lassen. Ohne war wiederum mir ein Graus. Also blieb es vorerst bei dem mit Blutflecken übersäten Korsett. Wir aßen oder besser kauten ein wenig auf einem Stück Fladenbrot herum, da keiner so richtig Appetit hatte. Er wirkte wie eine Atombombe kurz vor der Explosion und hatte Mühe sich zusammenzureißen. Warum auch immer. Dann endlich ging es zu Mami. Ich war schon sehr gespannt darauf, was für eine Frau mich da erwartete.

Eine grauhaarige, sehr schlanke und sehr schöne Frau mit edlen Gesichtszügen trat uns aus dem Zelt entgegen. Am meisten beneidete ich sie um ihren langen, dicken, geflochtenen Zopf in dem sich die eine oder andere weiße Strähne im Grau zeigte. Freudestrahlend empfing sie ihren Sohn.

„Ist es wahr, was mein Herz mir sagt?" Sie küsste ihn und schenkte mir ein freundliches, herzliches Lächeln.

„Ja, Mutter. Es ist wahr." Ihm stiegen schon wieder Tränen in die Augen. So eine Heulsuse. „Wir können bald nach Hause."

Ich verstand nur Bahnhof: Nach tausenden von Jahren, Moon, wir können bald nach Hause. Diese ominöse Traumgeschichte. Waren das alles Geisteskranke oder Aliens?

Twelve MoonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt