Kapitel 8

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Kaffeeduft lockte mich von meiner nächtlichen Lagerstatt. Als ich die Tür öffnete, stolperte ich beinahe über einen Klamottenstapel, der mich über die nächsten Tage bringen würde. Soso, Nael hatte wohl heimlich den Replikator angeworfen. Aber das war erstmal Nebensache. Vor dem Zubettgehen hatte ich mir nämlich seinen superflauschigen, duftenden Bademantel geklaut. In der offenen Küche erwarteten mich ein großer Milchkaffee, ein Croissant und ein zeitungslesender Nael in Jogginghose und Muscleshirt. Auch dieser Gammel-Look stand ihm. Wäre ich ein Kerl, wünschte ich mir genau solche Oberarme. Er blickte auf: „Guten Morgen. Ich hab da mal was vorbereitet." Er deutete auf den Kaffee.

„Das ist sehr lieb von dir. Kriege ich das immer so?" säuselte ich.

„Es wäre mir eine Ehre." Er sprang auf und schob mir den Stuhl unter den Hintern.

„Mein Bademantel steht dir gut."

„War das einzige, was ich gestern Abend gefunden habe."

„Was macht der Finger?"

Die Zeit verlangsamte sich. Da war ja was. Eine ziemlich blutige Angelegenheit am gestrigen Abend. Erstaunlicherweise merkte ich rein gar nichts von der für einen Finger gigantischen Fleischwunde.

„Öhm, nichts, wie es scheint."

Er lächelte verschmitzt, setzte sich und griff sich die Zeitung erneut.

„Geheim-Salbe."

Nach unserem kleinen Frühstück und dem üblichen Morgengedöns machten wir uns auf den Weg zur Museumsinsel. Dank Naels Connections bekamen wir eine private Führung hinter den Kulissen. Unschlagbar gut! Seine Finger hatte er wohl auch überall drin. Zum Mittagessen genehmigten wir uns unterwegs bei Curry36 eine Currywurst. Nachdem ich Nael ein Stück aus seiner Schale stibitzt hatte, wurde es ziemlich albern. Wir kicherten wie Schulkinder. Jeder Passant starrte uns an. Was war daran verkehrt Spaß zu haben? Bedurfte es dafür einer Altersbeschränkung? Spaß nur bis 16 Jahren?

Wieder in Naels Bude wurde ich genötigt einen Nachmittagsschlaf zu halten. Nael befahl mir den Wecker auf 18.00 Uhr zu stellen. Er hatte Barb her beordert, die mir dann mit meinem Partyoutfit helfen sollte.

Brrrring! Mein Handy weckte mich Punkt 18.00 Uhr. Erstaunlich, dass ich überhaupt eingeschlafen war. Es klopfte leise an der Tür.

„Ribanna?" Es war Barbs Stimme.

„An Bord."

Während ich mich in eine sitzende Position im Bett schwang, trat Barb ein.

„Hi." Barb setzte sich zu mir aufs Bett. „Weißt du schon, was dir heute blüht?"

„Öhm, nö. Nur, dass die Nacht lang werden soll und ich auf Zeitreise gehe."

„Also. Ich darf dir nicht zu viel verraten. Einiges wirst du vielleicht anhand der Klamottenwahl auch selbst herausbekommen, aber um 21.00 Uhr müssen wir fertig sein. Da wirst du abgeholt."

Ich sah sie fragend an. „Für was brauchen wir denn drei Stunden? Und wo ist Nael?"

„Nael organisiert etwas. Du wirst ihn erst später sehen. Ist auch besser so. Er wäre nur im Weg." Sie zwinkerte mir zu und nahm mich an der Hand. „Komm. Drei Stunden sind echt knapp kalkuliert. Was der sich immer so denkt..." Sie nahm mich mit in den Wohnbereich. Dort hatte sie eine Frisör-/Make-up-Ecke eingerichtet. Ich nahm dort Platz „Vor dem Hübsch machen kommt das Saubermachen." Sie wusch mir die Haare und reinigte meine Gesichtshaut, die es „nötig" hatte. Dann durfte ich meine Straßenklamotten gegen den Bademantel tauschen und wieder Platz nehmen. Barb lockte, toupierte und steckte eine ganze Stunde lang an meinen Haaren herum. Einen Spiegel hatte ich leider nicht in der Nähe. Sodann widmete sie sich der zwischenzeitlich eingecremten Gesichtshaut und benutzte dabei reichlich weißen Puder. Die nächste halbe Stunde war weg. Dann durfte ich nach einem Toilettengang alles, aber auch wirklich alles ablegen. Barb verband mir nun auch noch die Augen und bekleidete mich von Grund auf.

Twelve MoonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt